Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
Castro, Salvador Dalí, Paul Newman, Ronald Reagan oder Fußballstar Pelé.
Seit ihrem Abschied vom Film hatte Gina auch wieder regelmäßig zu malen begonnen. »Schau, kennst du die?« Sienahm einen kleinen Rahmen aus dem Regal, in dessen Zentrum sich eine italienische Briefmarke mit einem winzigen Gemälde des Gesichts von Mutter Teresa befand. Ich kniff die Augen zusammen, um die Details des Bildes zu erkennen. »Die habe ich gemalt, und man hat sie tatsächlich gedruckt!« Es war verrückt, eine kleine Briefmarke ihrer Heimat schien Gina Lollobrigida stolzer zu machen als alle ihre anderen Erfolge zusammen.
PHOENIX AUS DER ASCHE
P lötzlich ging alles recht schnell. Unser Ex-Gönner zog »ganz überraschend« einige seiner Behauptungen zurück. Es wurde ein Vergleich vorgeschlagen, bei dem wir recht gut dastanden. Wir sollten nun zwar für entstandene Nebenkosten immer noch etwas zahlen, allerdings eine vergleichsweise geringe Summe, für deren Begleichen wir bis zum Ende des Jahres Zeit hatten.
Selbst das schien gerade schwierig. In unserem Ersatz-Showroom in Sindelfingen war es leider nicht so gut gelaufen. Wir hatten nur eine Mini-Kollektion voranfertigen können, weil uns einfach das Geld für die Stoffe und die Honorare der Schneiderinnen fehlte. Den Einkäufern fehlte daraufhin die Auswahl, sie bestellten nur sehr vorsichtig, und wir verkauften nicht genug. Dadurch war nicht genug Geld da, um genügend neue Entwürfe in Produktion zu geben. Wenn wir nicht im großen Stil produzierten, konnten wir es eigentlich auch gleich sein lassen. Ein Teufelskreis!
Um jetzt nicht auch noch Schulden anzuhäufen, hatten Dieter und ich so viel Geld flüssig gemacht, wie wir nur konnten, hatten Lebensversicherungen aufgelöst und jedes Sparkonto, auf dem noch irgendwo ein paar Mark vor sich hin dümpelten. Doch es nützte alles nichts: Nach einem halben Jahr war klar, dass es das einzig Vernünftige sein würde, den Mietvertrag zu kündigen.
Genauso, wie ich intuitiv weiß, wann es Zeit ist, Gas zu geben, spüre ich, wann ich einen Gang zurückschalten muss. Auf mein Gefühl kann ich mich verlassen, das hatte mir sogar schon einmal das Leben gerettet: Es war nicht lang nach der Eröffnung unseres Ladens in Stuttgart, da hatte ich im Zug von Köln nach Stuttgart gesessen und plötzlich den dringenden Impuls gehabt, meine Koffer zu nehmen und mir einen Platz einige Waggons weiter hinten zu suchen. Ich konnte das nicht erklären, es war, als würde mich etwas zwingen, das zu tun. Der Schaffner hatte mich verwundert angeschaut, aber zwanzig Minuten später war ein Lastwagen von einer Brücke auf den Zug gestürzt. Der Waggon, in dem ich zuvor gesessen hatte, war dabei zerstört worden. Es war ein schreckliches Szenario, und Einzelheiten habe ich, wie vieles in meiner Kindheit, verdrängt. Doch seitdem weiß ich mit Gewissheit, dass meine Schutzengel immer für mich da sind – und dass ich gut daran tue, auf meine innere Stimme zu hören.
Aus dem gleichen Grund versinke ich nie lang in Depressionen. Ich lebe nach dem Motto: Jetzt erst recht! Zufällig hatte ich gesehen, dass um die Ecke von unserer Wohnung in der Ludwigstraße ein Eckladen frei war. Eine winzige Bude nur, ohne jeden Schnickschnack, aber billig. Und schon hatte ich wieder eine Idee. Ich dachte: Wenn ich gerade keine Mode machen kann, dann eröffnen wir eben eine Galerie!
» Galerie Pompöös , das klingt doch auch gut«, sagte ich zu Dieter. »Und im Schaufenster können wir super die Klamotten ausstellen, die wir noch übrig haben.«
Gemälde, um die Wände des kleinen Raums voll zu bekommen, hatte ich jedenfalls zur Genüge. Das kleine Arbeitszimmer unserer Wohnung stand voll mit Dutzenden von Bildern aller möglichen Größen. Öl auf Leinwand, Acryl auf Leinwand, sogar Nagellack – was mir gerade unter die Finger gekommen war.
In der frustrierenden Zeit während des Prozesses hatte ich mit der Malerei eine Möglichkeit gefunden, den aufgestauten Frust loszuwerden. Fast immer habe ich nachts den Pinsel geschwungen, wenn ich nicht schlafen konnte. Mit knalligen Farben zu hantieren ist auf jeden Fall besser, als sich im Bett sorgenvoll hin und her zu wälzen, wie das Dieter so oft tat. Dass ich mein erstes richtiges Bild gemalt hatte, lag noch gar nicht so lange zurück, denn eigentlich hatte ich nie Maler sein wollen – bis zu der einen Nacht gut ein Jahr zuvor.
Ich wache auf, die rot leuchtende Digitalanzeige des Weckers zeigt 3 Uhr 27. Ich
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