Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
auch erstmals die »Goldene Göre«. Das ist ein Preis, mit dem kreative und meistens privat ins Leben gerufene Projekte für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet werden – wie ein Kinder-Café oder ein Hip-Hop-Workshop. Wichtig bei der Auswahl ist, dass damit effektiv etwas gegen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung getan wird. Der erste Preis ist mit 5000 Euro dotiert, der zweite mit 3000 und so weiter. Bei der Preisverleihung hielt ich eine Rede und legte spontan aus eigener Tasche noch mal 5000 Euro obendrauf, die zwischen den Gewinnern aufgeteilt wurden.
Das entspricht einfach meiner Philosophie: Je mehr ich verdiene, desto mehr gebe ich auch ab. Wenn das jeder – entsprechend seinen Möglichkeiten – tun würde, lebten wir in einer besseren Welt, denn jeder Cent für einen guten Zweck macht einen Unterschied. Menschen, die ängstlich an ihrem Vermögen kleben, tun sich selbst keinen Gefallen. Ich glaube daran, dass man alles, was man von ganzem Herzen und freiwillig spendet, auf anderem Wege doppelt und dreifach wieder zurückbekommt. Diese Erfahrung habe nicht nur ich gemacht, es ist ein kosmisches Gesetz: Geld, das fließt, vermehrt sich. Meine Tante Katharina drückte es immer etwas bodenständiger aus: »Man muss das Geld aus dem Fenster hinauswerfen, damit es zur Tür wieder hereinkommt.«
(M)EIN HERZ FÜR KINDER
D ass nicht alle an dieses Gesetz des Geldflusses glaubten, merkte ich bei einer Charity-Veranstaltung des Kinderhilfswerks. Das Hilfswerk hatte eine Vernissage organisiert, es sollten Bilder versteigert werden, die Kinder nach einem Zoobesuch gemalt hatten. Der Erlös sollte »meinem« Zoo-Projekt für arme Familien zugute kommen. An dem Nachmittag im noblen Berliner Hotel Palace waren zwar keine großen Stars, aber doch ziemlich viel lokale Prominenz aufgelaufen. Politiker, Prinzessinnen und einige andere Leute, von denen ich zuverlässig wusste, dass sie nicht gerade in bescheidenen Verhältnissen lebten, standen in Cocktailkleid und Smoking herum und nippten an ihrem Schampus.
Die Versteigerung begann mit bescheidenen fünf Euro für ein sehr hübsches Bären-Bild eines kleinen Jungen. Doch es war wie damals in Stuttgart bei meiner Freundin Manuela: Niemand begann zu bieten. Ich hatte eigentlich vor, erst bei den höheren Geboten einzusteigen, um die Preise ein bisschen nach oben zu treiben, aber nicht einer der wohlhabenden Gäste tat einen Mucks.
Also ergriff ich doch die Initiative. »Zweihundert Euro«, rief ich. Ich hoffte, dass die anderen einen ähnlichen Plan verfolgten und erst bei den höheren Geboten mitbieten wollten. Aber ich hatte mich getäuscht. Das deprimierende Resultat meines Vorstoßes war das gleiche wie damals. Manche guckten peinlich berührt und starrten in ihr Proseccoglas, als verberge sich dort eine tiefere Wahrheit, einige der Gäste verschwanden auf die Toilette – und kamen einfach nicht wieder. Warum waren diese Leute überhaupt hergekommen?
Das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass die kleinen Künstler zum Teil anwesend waren. Wie fühlt man sich mit acht oder neun Jahren, wenn den Erwachsenen das eigene Werk nicht mal fünf Euro wert ist?
Je mehr ich mich engagierte, umso mehr stellte ich fest, dass Kinder in diesem Land keinen hohen Stellenwert haben. Nicht nur wegen solcher enttäuschenden Momente wie auf der Vernissage. Durch das Kinderhilfswerk bekam ich einen Einblick in den deprimierenden Zustand der Bundesrepublik: Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Die öffentlichen Zuwendungen werden immer mehr gekürzt, die Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind bei Weitem nicht ausreichend. Den Mangel an Zuwendung kann niemand messen. Hinzu kommt, dass viele Kinder in Deutschland tatsächlich Hunger leiden. Das Kinderhilfswerk hat festgestellt, dass mehr als ein Sechstel aller armen Kinder morgens hungrig in der Kindertagesstätte ankommt.
Ich stehe mit Lizzy, einer Mitarbeiterin des Kinderhilfswerks, in einer Leipziger Suppenküche und schmiere für die Kinder Stullen. Manche reißen mir die Käse- und Wurstbrote geradezu aus der Hand und schlingen sie gierig in wenigen Bissen herunter! Lizzy seufzt plötzlich.
»Ach, Harald, wir müssten viel mehr tun, es brennt an allen Ecken und Enden, aber wir sind zu unbekannt. Die Leute kennen Unicef, aber wir sind ein kleines Licht.«
Dazu fällt mir nur eines ein: »Dann müsst ihr einfach mehr auf euch aufmerksam machen.«
Lizzy buttert nachdenklich die nächste Schnitte und belegt
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