Hard Man
hoffen. Er schloss die Augen. »Und was hat der gesagt?«
»Ich … Slateford, glaub ich.«
Lagerhäuser und alte Brauereien. Und, ja, Kirchen. »Okay, dann find ich dich.«
»Schnuckelchen atmet noch«, sagte May. »Was soll ich jetzt machen? Ich will ihn nicht im Auto alleinlassen.«
Mann, war das schwer. »Dann bleib drin sitzen.«
»Okay.«
»Toll. Verriegel die Türen.«
»Bleib dran. Okay.«
»Das machst du gut.«
»Flash?«
»Ja?«
»Ich hab mich nass gemacht.«
»Das macht nichts, Kleines. Ist schon in Ordnung.«
Ihre Zähne klapperten. »Flash?«
»Ja?«
»Wallace hat immer noch seine Kanone.«
Die Melodie fing an zu spielen, ‘n funkiger Drumbeat. Scheißgetrommel. Machte Pearce stinksauer. »Aufhören!«, sagte er.
Zum Scheißglück hatte wenigstens das Geschrei aufgehört. Jesus waren die Worte in den Kopf geploppt und direkt aus dem Mund gekommen, ohne irgendwelchen Sinn. Pearce konnte nichts dagegen machen. Musste daliegen und zuhören. Egal was er versuchte, der verrückte Wichser hielt einfach nicht das Maul.
»Flutschen mir in den Mund. Kommen aus meinem Kopf.« Das war die einzige zusammenhängende Antwort auf alles, was Pearce in letzter Zeit gesagt hatte.
Jesus’ Hirn war nicht bereit, mitzuspielen. Noch nicht. Vielleicht überhaupt nie mehr. Es war gegrillt.
Genug von Jesus. Pearce wusste, wenn er hierblieb, musste er sterben. Wenn er sich nicht selbst befreite, hieß das. Er war in einer total irrwitzigen Lage, an eine Bank geschnallt, mit Jesus, der über ihm an einem Kreuz hing. Pearce musste einen klaren Kopf behalten, denn da lauerte irgendwo eine Panik, die nur darauf wartete, sich einzuschleichen und das Kommando zu übernehmen. Er musste vorsichtig sein, durfte die Beherrschung nicht verlieren, durfte nicht zulassen, dass es so weit kam.
Dass das Licht an war, half ihm dabei. Im Dunkeln, wie vorhin, war es, als hätte er die Fähigkeit verloren, rational zu denken. Da gab es zu viel um ihn herum, zu viel Unheimliches, Unbekanntes. Natürlich wusste er, dass da außer ihm nur Jesus war, aber hier lag er, nicht dass er sich vor der Dunkelheit wirklich gefürchtet hätte, doch es fiel ihm zunehmend schwerer, irgendwo einen Ausweg zu sehen. Selbst wenn Wallace vorgehabt hatte, ihn laufen zu lassen, jetzt war Pearce Zeuge einer Kreuzigung. Wallace konnte ihn gar nicht laufen lassen. Die einzige Frage war, wie Wallace ihn loswerden wollte. Noch ein Kreuz, oder würde Pearce Glück haben und eine Kugel in den Schädel bekommen?
Während Jesus sich still verhielt und nur gelegentlich stöhnte, ging Pearce seine Möglichkeiten durch. Sie waren … gleich null. Es gab absolut scheißgarnichts, was er machen konnte. Nahezu jedes Szenario, das er durchspielte, war schlechterdings, fast schmerzhaft, unmöglich. Er hatte es durchdacht, egal wie lächerlich es erschien, und erkannt, dass es nicht in seiner Macht lag. Er konnte überhaupt nichts tun. Die Fesseln waren zu stark. An ihnen zu zerren führte nur dazu, dass seine Arme wehtaten und dass der Schmerz in seiner Seite aufflammte.
Er hatte sein Schicksal nicht mehr in der Hand.
Er war so gut wie tot. Er konnte sich schon tot sehen. Wenn er die Augen schloss, war er tot. Wenn er sie aufschlug, war er tot. Wenn er durch Schlitze guckte, immer noch tot.
Er musste sich daran erinnern, dass er nicht tot war. Noch nicht. Das war alles nur in seinem Kopf. Auch wenn er jetzt wusste, wie es war, tot zu sein. Und so übel war das anscheinend gar nicht. Ein gewisser Trost wenigstens, was Mum betraf. Trotzdem war es ein Zustand, den er wenn möglich lieber vermieden hätte. Die Frage war also, wie?
Na los. Er konnte sich etwas ausdenken, wie er hier rauskommen würde. Genau das musste er tun. Wallace musste etwas vergessen haben. Irgendein Schlupfloch gelassen haben. Pass auf, wenn Wallace so eine Art verrücktes Genie gewesen wäre, hätte er das Kreuz von Jesus an der Wand festgemacht, anstatt das Scheißding nur anzulehnen. War nicht sehr sicher. Das Scheißding konnte jederzeit umfallen.
Na bitte, irgendwas braute sich zusammen. Eine Lösung. Tauchte wie ein Bild vor seinem geistigen Auge auf. Oder zwei. Wallace, wie er das Kreuz an die Wand lehnte, zurücktrat, der Liebe Herr Jesus nach vorn gelehnt wie ein wütender, schmutziger Schwan, mit dem ganzen Gewicht auf der Brust. Das wäre nicht gegangen, weil er in null Komma nichts erstickt wäre. Und deshalb hatte Wallace es nicht gemacht. Er hatte ihn schräg nach hinten
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