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Hard Man

Hard Man

Titel: Hard Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Guthrie
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angelehnt. Wallace hatte das Kreuz aus einem bestimmten Grund so aufgestellt. Um seinen Tod so lange wie möglich hinauszuziehen. Drecksau.
    Pearce bohrte die Fingernägel in seine Handflächen. Sein gebrochener kleiner Finger schwoll schmerzhaft an. Hielt sein Gehirn aber davon ab, auszuticken. Ein bisschen Schmerz diente der Klarheit. Jesus schrie wieder. Fluchte. »Halt die Fresse«, sagte Pearce.
    Jesus schlug die Augen auf und blickte auf Pearce herunter. Jesus war blass. An seinen Wangen zerrte die Todesangst, jetzt wo er wach war und den ganzen Schrecken seiner elenden Lage empfand. Er war ein total dürrer Hering. Ein gesunderer, fitterer Mensch hätte das hier womöglich überleben können, aber nachdem er Gott weiß wie lange in einem Käfig gehalten worden war, war es nicht wahrscheinlich, dass dieser Jesus das hier noch viel länger durchstehen würde. Falls nicht ein Wunder geschah. Er war vielleicht mal ein harter Bursche gewesen, aber mittlerweile war er nur noch ein Häufchen Elend. Wallace verstand sein Handwerk.
    Pearce wünschte, Wallace wäre hier. Er würde versuchen, ihn zu sich zu locken. Ihn beschimpfen oder etwas flüstern, und dann, wenn er sich über ihn beugte, ihm eins verpassen. Vielleicht mit Glück einen ordentlichen Stoß landen. Oder ihn beißen, wie in dem Film.
    Doch das würde ihm nicht helfen, zu entkommen. Er hätte die Befriedigung, noch einen Schlag gelandet oder ihm ein Stück aus dem Hals gerissen zu haben, aber eine praktikable Lösung war das nicht. Er wäre immer noch in derselben Lage wie jetzt. An so eine Scheißbank gefesselt.
    Wallace ließ das Messer fallen. Ihr Messer. Es fiel klappernd zu Boden, und er bildete mit dem Mund das Wort >Scheiße< und presste die Hand auf den Hals. Er stolperte auf May zu und zerrte mit der freien Hand den Revolver aus dem Hosenbund.
    May wusste, dass sie ihm die Waffen hätte abnehmen sollen, solange sie Gelegenheit dazu hatte. Sie hätte nicht auf Flash hören sollen, der ihr sagte, sie solle das Zeug lassen, wo es war. Sie hätte ihrem Bauchgefühl folgen sollen. Eine leise Stimme erinnerte sie daran, dass es ihr Bauchgefühl gewesen war, das sie überhaupt in diesen albtraumhaften Schlamassel gebracht hatte. Sie sagte der leisen Stimme, sie könne sie mal, wenn sie nichts Hilfreiches beizusteuern hätte. Sie hatte keine Wahl gehabt. Sie hatte ihn abstechen müssen.
    »Was soll ich jetzt machen?«, fragte sie Flash. Vielleicht würde er ihr diesmal ja einen besseren Rat geben.
    »Bleib einfach sitzen.«
    Hörte sich nicht so toll an. »Und was soll das bringen?«
    »Er kann nicht ins Auto rein.«
    Aber er konnte. Natürlich konnte er. Er blutete wie ein Schwein, doch das hinderte ihn nicht daran, mit seiner Kanone auf die Fensterscheibe zu zielen.
    Sie berichtete Flash, was gerade passierte.
    »Du musst raus aus dem Auto, May.«
    »Aber du hast gesagt, ich war hier sicher.« Sie schrie ihn an. »Du hast’s gesagt.«
    Und Schnuckelchen gab ein leises Knurren von sich, und May sagte: »Tut mir leid, Baby.« Und ins Handy: »Ich hab Angst, Flash. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
    »Du musst… Scheiße, ich weiß auch nicht… Scheiße!«
    »Flash?« Sie musste selbst entscheiden. Bleiben, wo sie war, und hoffen, dass die Kugel die Scheibe nicht zertrümmerte. Genau. Bleiben, wo sie war, und hoffen, dass Wallace nicht riskieren wollte, sie umzubringen. Genau. Nach dem, was sie ihm angetan hatte? Wallace konnte jeden Moment tot umfallen. Genau. Sie musste die Tür aufstoßen und losrennen, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. Was nicht schwer sein würde. Denn in gewisser Weise war er’s ja auch.
    »Ich renn los«, sagte sie flüsternd ins Handy.
    »Leg nicht auf«, brüllte Flash.
    Also tat sie es nicht.
    Wallace drückte ab, und überall flog Glas durch die Gegend.
     
    Wie konnten ein Typ, der an eine Bank geschnallt und von Hunger und Durst und Schlägen auf den Kopf geschwächt und vor lauter Mangel an Bewegung steif war, und ein anderer Typ, der an zwei Holzplanken genagelt war und wegen Magic Mushrooms nicht mehr alle beisammen hatte, sich aus ihren Fesseln befreien und aus einem verschlossenen Raum entkommen? ‘n hartes Stück Arbeit, was? Pearce musste sich konzentrieren.
    Wallace war weg, konnte aber jeden Moment zurückkommen. Sie mussten aus diesem Scheißloch rauskommen. Und zwar sofort. Wieder schlug Pearce der Gestank entgegen. Oder vielleicht war es gar nicht der Gestank, sondern die Erinnerung

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