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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Ausschnitt in seiner Brieftasche.
    »Wer ist ’n der Typ, Randy Boggs?«, fragte sie.
    Nestor lächelte humorlos und küsste sie auf den Mund. »Ich ruf dich an«, sagte er. Er nahm die Tasche und trat, während sein Blick auf ein winziges Chamäleon fiel, das reglos in einem schmalen Schattenstreifen auf dem abblätternden Geländer saß, in die knallig feuchte Hitze.

7
    »Wenn er nicht dieses Verbrechen begangen hat, dann hat er irgendetwas anderes getan.«
    Die Stimme des Mannes hob sich am Ende des Satzes und drohte zu kippen. Er war Ende vierzig und so dürr, dass sein abgeschabter Rindsledergürtel Falten in die Hose machte, obwohl sie eigentlich glatt war.
    »Und wenn er was anderes getan hat, dann sagen sich die Geschworenen: ›Was soll’s, dann verurteilen wir ihn halt dafür.‹«
    Rune nickte zu den lapidaren Worten.
    Randy Boggs’ Anwalt saß an seinem Schreibtisch, auf dem sich vergilbte Blätter, Gerichtsprotokolle, Aktenordner, Briefe, Fotos von Tatorten, ein leerer Joghurtbecher mit Kruste am Rand, ein Dutzend Dosen Pepsi Light, ein Schuhkarton (sie fragte sich, ob er wohl das Honorar von einem Mafiaklienten enthielt) türmten. Das Büro lag in der Nähe des Broadway auf der Maiden Lane in Lower Manhattan, wo die Straßen verkommen, düster, belebt waren. Im Innern war das Gebäude ein Geflecht aus schmutzigen grünen Fluren.
    Das Büro von Frederick T. Megler, Dr. jur., befand sich am Ende eines besonders schmutzigen und besonders grünen Flurs.
    Er richtete sich in einem alten Ledersessel auf. Sein Gesicht war grau und altersfleckig und machte gelegentlich Ausflüge in den Ausdruck überschwänglicher Gefühlsregungen (Staunen, Hass, Überraschung), um dann, begleitet von einem atemlosen nasalen Schnauben, wieder in seine Warteposition voll arglosen Unglaubens zurückzufallen.
    »Mit so etwas muss ich mich herumschlagen.« Die knochigen Finger seiner rechten Hand zeichneten einen Kreis in die Luft, während er Rune das System der Rechtspflege in New York erläuterte. »Das funktioniert so …« Er schaute Rune an und hob die Stimme, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Das System funktioniert so, dass die Geschworenen einen ausschließlich für das Verbrechen verurteilen können, dessen man angeklagt ist. Sie können einen nicht dafür verurteilen, dass man ein Arschloch ist oder wegen der drei Typen, die man letztes Jahr abgemurkst hat, oder wegen der alten Oma, der man morgen die Stütze klauen wird. Ausschließlich für das besagte Verbrechen.«
    »Kapiert«, sagte Rune.
    Meglers anderer Satz knochiger Finger kam hinzu. Sie zeigten auf Rune. »Man kriegt Sachen rein wie folgende wahre Geschichte. Mein Klient wird verhaftet, weil er irgendeinen armen Teufel umgebracht hat. Eine stellvertretende Bezirksstaatsanwältin – Gott beschütze ihre junge, unschuldige Seele – hängt ihm vier Anklagepunkte an. Heimtückischer Mord, schwerer und leichter Totschlag, fahrlässige Tötung. Die letzten drei Punkte sind das, was man minder schwere Vergehen nennt. Sie sind leichter zu beweisen. Wenn man keine Verurteilung wegen Mordes erreicht – der nur schwer zu beweisen ist –, kriegen Sie vielleicht den Totschlag durch. Wenn das nicht klappt, dann vielleicht die fahrlässige Tötung. Okay? Also. Mein Klient – der eine meilenlange Akte wegen Vergewaltigung hat – hatte was gegen das Opfer. Als die Cops ihn aufgrund eines Hinweises verhafteten, war er in einer Bar am Times Square, wo vier Zeugen schworen, er habe dort seit fünf Stunden getrunken. Das Opfer war zwei Stunden zuvor umgebracht worden. Aus kurzer Entfernung fünfmal in den Kopf geschossen. Keine Tatwaffe.«
    »Ihr Klient hatte also ein perfektes Alibi«, sagte Rune.
    »Und keine Knarre.«
    »Genau.« Die Stimme verließ ihre schrille Lage und klang ernst. »Ich nehme den Informanten vor Gericht ins Kreuzverhör, und als ich fertig bin, ist seine Story so durchlöchert wie die Stirn des Opfers, okay? Aber was passiert? Die Geschworenen verurteilen meinen Kerl. Nicht wegen Mordes, was sie hätten tun müssen, wenn sie dem Informanten geglaubt hätten, sondern wegen kriminell fahrlässiger Tötung. Was totaler Blödsinn ist. Man schießt jemandem nicht fahrlässig fünf Kugeln in den Kopf. Entweder man glaubt das Alibi nicht und verurteilt ihn wegen Mordes, oder man spricht ihn ganz frei. Diese Angsthasen von Geschworenen haben sich nicht getraut, ihn wegen Mordes dranzukriegen, aber laufen lassen konnten sie ihn auch nicht, weil es

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