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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Polizisten das reinste Erholungsheim.
    Die Hispano-Gangs waren nach Norden abgedrängt worden, die Black Panthers waren nur noch ein Stück Nostalgie, und das Niemandsland – der Central Park – hatte sein ganz eigenes Revier, das sich um die Taschendiebe und Drogendealer kümmerte. Bei den Einsätzen im Zwanzigsten Revier handelte es sich zumeist um Ehezwist, Ladendiebstähle, gelegentlich eine Vergewaltigung. Die Häufchen Autoglas, winzigen grünblauen Eiswürfeln gleich, kennzeichneten das vielleicht häufigste Verbrechen: den Diebstahl von Blaupunkt- oder Panasonic-Autoradios aus Armaturenbrettern. Vielleicht gerieten einmal zwei Yuppies, die sich die BMW-Kühler eingedellt hatten, in eine Rauferei vor dem Zabar’s. Vielleicht beging ein Insiderzocker gelegentlich Selbstmord. Aber viel schlimmer kam es gewöhnlich nicht.
    An den Ein- und Ausgängen des aus Stein und Glas erbauten Reviergebäudes aus den sechziger Jahren ging es hoch her. Hier wurden vornehmlich die öffentlichen Beziehungen gepflegt, und durch die Türen des Zwanzigsten kamen mehr Leute, um an Sitzungen teilzunehmen oder sich einfach bei den Cops aufzuhalten, als um Raubüberfälle anzuzeigen.
    Der diensthabende Sergeant – ein massiger blonder Cop mit Schnauzer – verschwendete daher keinen zweiten Gedanken an sie, die junge Mutter im Minirock, etwa zwanzig, mit einer unglaublich niedlichen Drei- oder Vierjährigen im Schlepptau. Sie kam direkt auf ihn zu und sagte, sie wolle sich über die Qualität des Polizeischutzes in diesem Viertel beschweren.
    Das scherte den Cop natürlich nur sehr wenig. Besorgte Bürger waren ihm so lieb wie Hämorrhoiden, und die lächerlichen Straßendealer und Gammler und Säufer, die von diesen wild gewordenen, besserwisserischen, aufrechten, Steuern zahlenden Bürgern herumgeschubst wurden, taten ihm beinahe Leid – die Frauen waren die Schlimmsten. Aber auf der Polizeiakademie hatte er Public Relations studiert und nickte daher, obgleich er sich nicht dazu überwinden konnte, der kurz geratenen Frau ein freundliches Lächeln zu schenken, als interessierte ihn, was sie zu sagen hatte.
    »Ihr Jungs gebt euch nicht gerade große Mühe auf euren Streifengängen. Mein kleines Mädchen und ich waren auf der Straße und haben nur einen Spaziergang gemacht …«
    »Jawohl, Miss. Hat irgendjemand Sie belästigt?«
    Er erntete einen strafenden Blick für diese Unterbrechung.
    »Wir haben einen Spaziergang gemacht, und wissen Sie, was wir da auf der Straße gefunden haben?«
    »Nate«, sagte das kleine Mädchen.
    Der Cop hätte sich unendlich viel lieber mit dem kleinen Mädchen unterhalten. Hartnäckige, kurz geratene, besorgte Bürgerinnen mochte er hassen, aber er liebte Kinder. Er beugte sich vor und grinste wie ein Kaufhaus-Weihnachtsmann am ersten Tag im Dienst. »Ist das dein Name, meine Süße?«
    »Nate.«
    »Hm-mh, das ist aber ein schöner Name.« Ach, sie war so verflucht goldig, dass er es kaum fassen konnte. Wie sie in ihrer eigenen kleinen Kunstleder-Handtasche kramte und versuchte, erwachsen zu wirken. Der limonengrüne Minirock, den sie trug, gefiel ihm nicht, und er dachte, die Sonnenbrille um den Hals des Mädchens könne möglicherweise gesundheitsschädlich sein. Ihre Mutter hätte ihr nicht solchen Müll anziehen dürfen. Kleine Mädchen sollten das Rüschenzeug tragen, das seine Frau für ihre Nichten kaufte.
    »Zeig ihm, was wir gefunden haben, Baby«, sagte die aufrechte Mutter.
    Der Cop redete in der Singsang-Sprache, auf die, wie Erwachsene glauben, Kinder ansprechen. »Das kleine Töchterchen von meinem Bruder hat genauso eine Handtasche. Was hast du denn da drin, Schätzchen? Dein Püppchen?«
    Das nicht. Es war eine Splitterhandgranate aus den Beständen der US-Army. »Nate«, sagte das Mädchen und hielt sie mit beiden Händen hoch.
    »Heilige Muttergottes«, schnappte der Cop nach Luft.
    »Da«, sagte die Mutter. »Sehen Sie sich das an. Einfach so auf der Straße. Wir …«
    Er löste den Feueralarm aus, griff zum Telefon, rief beim Polizeipräsidium an und meldete einen Sprengkörper.
    Dann kam ihm der Gedanke, der Feueralarm sei vielleicht keine so gute Idee gewesen, da die vierzig oder fünfzig Beamten in dem Gebäude nur auf einem von drei Wegen nach draußen gelangen konnten – einem Hinterausgang, einem Seitenausgang und der Vordertür, und die meisten wählten die Vordertür, keine drei Meter entfernt von einem Kind mit einem Pfund TNT in Händen.
    Das Nächste, was geschah,

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