Hard News
wüsste sie, dass das von ihr erwartet wurde, da er vermutlich eine ganze Weile dazu gebraucht hatte, sich den Scherz auszudenken. Was auch stimmte.
»Raten Sie mal, was passiert ist«, forderte sie ihn auf.
»Weiß nicht.«
»Ich hab einen Zeugen gefunden.«
»’nen neuen?«
»Aber sicher.«
»Fein, na denn, erzählen Sie’s mir.«
Sie tat es, von Anfang bis Ende, alles über Bennett Frost, und Randy Boggs äußerte die ganze Zeit über kein einziges Wort. Genau genommen nicht eine einzige Silbe oder ein Grunzen oder auch nur ein Atmen.
Als sie fertig war, folgte eine lange Pause.
»Na«, sagte sie, »Sie sagen ja gar nichts.«
»Ich grinse aber, dass kann ich Ihnen flüstern. Verdammt, ich kann’s kaum glauben. Da haben Sie was hingekriegt, Miss.«
»Als Nächstes passiert jetzt Folgendes: Ich werd versuchen, den Beitrag nächste Woche ins Programm zu kriegen. Megler hat gesagt, wenn sein Name und sein Bild in dem Bericht auftauchen, dann stellt er den Antrag auf einen neuen Prozess gratis.«
»Das hat Mr. Megler gesagt?«
»Es ist ihm auch schwer gefallen. Ich hab sehen können, wie weh es ihm getan hat, aber er hat’s gesagt. Er hat gesagt, wenn der Richter mitmacht und dem Antrag stattgibt, könnten Sie sofort rauskommen.«
»Es könnte allerdings auch sein, dass der Richter dem Antrag nicht stattgibt, nehm ich an.«
»Fred hat gesagt, dass es echt helfen würde, wenn der Bericht in Current Events läuft. Der Richter wäre dann irgendwie eher geneigt, Sie zu entlassen, besonders wenn er zur Wiederwahl steht.«
»Also, verflucht. Gottverdammich. Was soll ich denn jetzt machen?«
»Sie passen in der nächsten Woche einfach auf sich auf. Lassen Sie sich nicht mehr abstechen.«
»Nein, Ma’am … Eins noch … Was Sie da gemacht haben …?«
Schweigen.
»Ich schätze, ich versuche, danke zu sagen.«
»Schätze, das habe ich verstanden.«
Nachdem sie aufgelegt hatten, verließ Randy Boggs, noch immer mit einem Grinsen auf dem Gesicht, das Verwaltungsgebäude, um Severn Washington zu suchen und ihm die Neuigkeit zu erzählen.
Als Boggs das Gebäude verließ, folgte ihm ein anderer Häftling, ein kleiner Kolumbianer, und überholte ihn. Häftlinge wie ihn hatte man in den vierziger und fünfziger Jahren in Gefängnissen Vertrauensleute genannt, und inzwischen waren sie als Wichser oder Arschlöcher oder Abschaum bekannt. Er hatte gerade eine kurze Unterhaltung mit dem Wärter geführt, für den er arbeitete, dem Wärter, der stichprobenartig die Telefongespräche der Häftlinge überwachte. Der Häftling lächelte Boggs an, sagte » Buenos días «und ging weiter, ohne zu hören, was Boggs antwortete. Die Antwort interessierte ihn auch nicht besonders. Er hatte es eilig. Er wollte so schnell wie möglich zu Juan Ascipio kommen.
21
Rune fand, sie habe eine tolle neue Droge entdeckt, eine, die völlig legal und billig war. Man nannte sie ›Wachbleiben‹, und man musste sie nicht einmal einnehmen. Man brauchte nur dreißig Stunden am Stück nicht zu schlafen, dann kam man auf den abgefahrensten psychedelischen Trip, den man sich vorstellen konnte.
Aus dem Sony kletterten Kobolde, Drachen stürzten sich von Redhead-Scheinwerfern herab, und Trolle hatten die Brücken verlassen und tanzten Foxtrott auf der eingenebelten Tanzfläche ihres Schreibtisches. Überall schwebten verrückt geformte Amöben herum.
Es war sechs Uhr am Mittwochabend, und der Grund für die Halluzinationen – und den Schlafmangel – war eine kleine Plastikkassette, die das 1-Zoll-Video-Masterband eines Nachrichtenbeitrags enthielt, der in ein paar Stunden an diesem Abend in Current Events gesendet werden sollte. Der Titel des Beitrags lautete ›Gerechtigkeit light‹. Die Off-Kommentare waren gemischt, der Vor- und der Nachspann waren angehängt, und die ›Live-Kommentare‹ von Piper Sutton eingeschnitten.
Das Band, das genau die für den Beitrag vorgesehene Zeit dauerte, ruhte irgendwo in den Eingeweiden des Computersystems des Senders, das wie ein genialer, nimmermüder Programmdirektor funktionierte und den Beitrag um genau 20:02:36 Uhr starten würde. Das System würde dann den Bericht über Randy Boggs für die präzise Dauer von elf Minuten, vierzehn Sekunden, der Senderversion einer Viertelstunde, senden – etwas kürzer als zu Edward R. Murrows Zeiten, aber damals brachte auch nicht jede zusätzliche Werbeminute eine zusätzliche halbe Million Dollar an Einnahmen wie heutzutage.
Rune blinzelte ein paar
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