Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
seine Persönlichkeit ausgemacht hatte. Aber brauchte er dazu das Foto? Wohl kaum. Hatte er das Bild gestohlen, weil er mich hasste? Vielleicht. Aber warum sollte mich dieser Mann hassen? Ich hatte einfach nicht genug Fakten, um eine brauchbare Geschichte daraus zu machen. Ich warf meinen Kaffeebecher in einen Abfalleimer und nahm die Hochbahn, um zurück ins Büro zu fahren.
Elton Grainger stand auf dem Gehweg und verkaufte die neue Ausgabe von Streetwise . Zuerst erkannte er mich gar nicht. Aber als ich ihm erzählte, was ich erlebt hatte, war er voll Mitgefühl.
»Und eine Nonne ist dabei umgekommen, sagen Sie? Ach, Vic, ich hab keinen Fernseher, deshalb seh ich nie Nachrichten. Aber das ist ja ganz schrecklich! Kein Wunder, dass ich Sie in letzter Zeit nicht gesehen habe. Wie geht es Ihrer netten Cousine?«
»Sie ist immer noch nett.« Ich versuchte, nicht mit den Zähnen zu knirschen. »Hat vielleicht jemand nach mir gesucht, als ich nicht da war?«
»Ich weiß nicht, ich hab nicht darauf geachtet. Aber das wird jetzt anders. Ich werde ein Gästebuch anlegen. Wenn jemand an Ihre Tür kommt, muss er sich bei mir eintragen.«
Er parodierte einen Hotelportier mit Mütze und Uniform. Ich musste lachen. Natürlich war es albern von mir, zu erwarten, dass Elton sich darum kümmerte, wer um mein Büro herumschlich. Ich gab den Code in das Zahlenschloss ein und stieß die Tür auf. Als ich ins Haus ging, hatte ich die Hand am Griff der Pistole.
Dann durchsuchte ich mein Büro vom Schreibtisch bis zu der Toilette, die ich mit meiner Nachbarin teilte. Es war niemand da. Ich beantwortete noch ein paar E-Mails, aber ich hatte nicht mehr genug Energie. Nach einer halben Stunde fuhr ich nach Hause.
Als ich dort eintraf, fand ich Petra mit den Hunden im Garten vor. Mr Contreras hatte bereits den Grill angeworfen. Petra hatte die Arme um Mitch geschlungen, der meine Ankunft nur mit einem müden Blick zur Kenntnis nahm. Aber wenigstens kam Peppy zu mir und wedelte zur Begrüßung mit dem Schwanz.
»Die arme Peewee ist fix und fertig. Sie muss zu viel arbeiten«, teilte Mr Contreras mir mit. »Es gibt Burger und Maiskolben. Wollen Sie auch welche?«
Dankbar nahm ich an und ging nach oben, um einen Salat zu machen und eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank zu holen.
Als ich wieder herunterkam, brachte ich eine Decke und ein paar Kissen mit und legte mich der Länge nach ins Gras. Petra sah nervös und bedrückt aus. Erst als sie merkte, dass ich sie beobachtete, versuchte sie ihr übliches enthusiastisches Grinsen.
»Ich bin auch ziemlich groggy«, sagte ich. »Der erste Tag im Büro nach so einer Pause ist ganz schön anstrengend. Heute Nachmittag hatte ich am Prudential Plaza zu tun und habe Les Strangwell gesehen. Das wurde allmählich auch Zeit.«
Petra schien den Atem anzuhalten. »Du hast aber nicht mit ihm geredet, oder?«, fragte sie schließlich.
»Nicht über dich. Eigentlich über gar nichts. Der Bursche hat irre Augen, findest du nicht?«
Sie fröstelte, sagte aber nichts weiter.
»Sag mal, Petra, hast du im Büro Ärger? Gibt es Probleme?«
Mr Contreras runzelte die Stirn und wollte schon einschreiten, aber als er mein leichtes Kopfschütteln sah, blieb er stumm.
»Nein«, sagte Petra. »Nein, nein. Warum sollte ich Ärger haben? Ich mache alles sofort, worum sie mich bitten. Ich bin schneller als eine Gewehrkugel.«
»Du kamst mir heute Morgen am Telefon ein bisschen nervös vor. Und heute Abend bist du auch nicht ganz so munter wie sonst immer.«
Sie spielte mit ihren Armbändern. »Es ist genau so, wie Onkel Sal gesagt hat: Ich muss zu viel arbeiten. Sie spannen mich zu sehr ein. Sogar heute Abend. Wenn ich einen von Onkel Sals leckeren Burgern gegessen hab, muss ich gleich wieder hin. Weshalb warst du denn in der Stadt? Suchst du immer noch diesen vermissten Gangster? Hast du gedacht, du findest ihn im Prudential Building?«
»Ja genau. Ich dachte, er verkauft Wertpapiere im einundfünfzigsten Stockwerk. Aber du hast recht: Morgen fahre ich noch mal zum Stateville raus. Johnny Merton, der Oberschlangenbeschwörer will mich noch mal sehen. Vielleicht bewegt ihn ja der Mord an Schwester Frances dazu, mir etwas zu erzählen.«
»Du fährst morgen zum Gefängnis raus?«, wiederholte Petra und sah mich gespannt an.
»Warum nicht?«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Nur so … Ich weiß nicht … du musst dich doch schonen. Hast du keine Schmerzen?«
»Ich bin eine erneuerbare Ressource«,
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