Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
voll schmutziger Wäsche standen.
»Die Leute von der Wäscherei kommen um Mitternacht«, sagte Karen.
Neben der Halle befanden sich die Umkleideräume und Duschen des Reinigungspersonals. Karen suchte den Hauptschlüssel heraus, den sie am Schlüsselbund trug, und schloss die Tür auf. Im Inneren hingen Uniformen, Schutzanzüge, Überschuhe aus Plastik und so weiter. Karen gab mir eine Mütze, Handschuhe und einen weißen Schutzanzug. »Kriechen Sie in einen der Wagen und decken Sie sich ordentlich zu«, sagte sie.
Ich nahm meine Pistole und die rot eingebundene Bibel aus dem grauen Overall und tauschte ihn gegen den weißen Schutzanzug aus. Dann streifte ich die Mütze, die Handschuhe und eine Gesichtsmaske über und wühlte mich in die schmutzige Wäsche in einem der Wagen.
Ein paar Minuten später erschien Pastorin Karen. Ich sah, dass sie inzwischen selbst einen Schutzanzug, Handschuhe und eine Maske trug. Sie zeigte mir ein rotes Plakat mit der Aufschrift: VORSICHT! HOCH INFEKTIÖS! Dann deckte sie mich mit der schmutzigen Wäsche zu und legte das Plakat obenauf. Jetzt konnten wir nur noch hoffen.
Sie schob den Wagen in den Aufzug, dann fuhren wir ein Stockwerk höher, wo sich der Zugang zur Tiefgarage befand. Die Polizei hatte dort eine Wache postiert. Schwitzend lag ich in der schmutzigen Wäsche, als der Beamte uns anhielt.
»Wer sind Sie, und was tun Sie hier?«, fragte er Karen.
»Ich bringe diese Laken von HIV -Patienten so schnell wie möglich zu unserer Wäscherei«, hörte ich.
»Ich muss alle Ausweise überprüfen«, sagte der Polizist. Eine kurze Pause, dann sagte er: »Sie sind die Pastorin? Und fahren mit schmutziger Wäsche herum? Ich glaube nicht –«
»Officer, ich muss jeden Todesfall in dieser Klinik bestätigen. Dann muss ich das Eigentum der Verstorbenen katalogisieren und eine Liste für die Angehörigen erstellen. Und wenn das Reinigungspersonal schon Feierabend hat, muss ich auch die blutigen Laken vom Bett nehmen. Wir können kein infiziertes, toxisches Material über Nacht in den Zimmern lassen. Da liegen schließlich noch andere Patienten. Ich möchte nicht, dass die Zimmernachbarin morgens aufwacht und als Erstes die scheußlichen Überreste sieht, die zurückbleiben, wenn jemand stirbt. Aber wenn Sie dieses Material wegbringen wollen, habe ich nichts dagegen. Ich wäre Ihnen sogar äußerst dankbar. Ich habe heute Morgen um sechs mit der Arbeit angefangen und bin jetzt sehr müde. Ich würde wirklich gern nach Hause fahren.«
Am liebsten hätte ich Beifall geklatscht. Karen machte das so lässig, als hätte sie schon seit Jahren Privatdetektive aus Krankenhäusern geschmuggelt. Die Mischung aus Beschwerde und Arroganz war so natürlich und überzeugend, dass der Beamte sich hastig entschuldigte und erklärte, er wolle sich keineswegs in den Transport der schmutzigen Wäsche einmischen.
Wir rumpelten durch die laut hallende Tiefgarage. Ich hörte das Zirpen, als sie das elektronische Schloss ihres Wagens aufschnappen ließ, und den dumpfen Schlag, als der Kofferraum aufklappte.
»Ich hebe jetzt die Laken hoch, damit man Sie vom Aufzug aus nicht sehen kann. Sie müssen schnell in den Kofferraum umsteigen, und ich decke sie wieder zu. Ich denke, Sie werden atmen können. Jedenfalls, bis wir hier raus sind.«
Sie führte das Kommando, und ich befolgte brav ihre Anweisungen. Der Kofferraumdeckel schlug über mir zu, dann hörte ich, wie der Wäschewagen weggerollt wurde. Kurze Zeit später glitten wir aus der Garage. Der Polizist am Aufzug hatte offenbar seinen Kollegen am Garagentor informiert, denn diesmal gab es nur einen kurzen Halt, ehe es weiterging.
Wenn ich mich zwischen einem Instrumentenkasten und einem Corolla-Kofferraum entscheiden müsste, würde ich den Corolla nehmen, vor allem deshalb, weil man die Knie aufstellen kann und weil ich die Wäsche als Polsterung hatte. Aber die Luft war in beiden Fällen sehr knapp, und ich war dankbar, als Karen mich schließlich herausließ. Wir standen in einer Seitenstraße neben dem ausgedehnten Campusgelände der Medizinischen Fakultät der Universität Illinois.
Ich kletterte heraus, befreite mich von der schmutzigen Wäsche und sammelte meine Pistole und Miss Claudias Bibel wieder ein, die mir aus der Tasche geglitten waren. Bei dem ganzen Hin und Her waren wieder sämtliche Lesezeichen herausgefallen, ein paar Seiten geknickt und sogar der Einband ein wenig beschädigt worden. Ich glättete die Seiten, so gut es ging,
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