Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
Anzug. Seine Orden und Medaillen sicherten ihm Interesse bei Männern wie meinem ehemaligen Kurzzeit-Ehemann, die sorgfältig darauf geachtet hatten, dass es in ihrem Leben keine ehrenamtlichen Tätigkeiten gab. Besonders nicht solche, bei denen man beschossen wurde. Jetzt, wo sie zum Militärdienst zu alt waren, plagte sie eine geheime Sehnsucht nach Heldentaten.
Am Ende der Mole mussten wir erneut unsere VIP -Plaketten vorzeigen und durften dann den großen Ballsaal betreten. Der dreißig Meter hohe Raum mit der sternenbesäten Decke war schon 1916 für genau solche Feste erbaut worden. In einer der Nischen spielte eine Rumba-Band, aber die Musik war im Stimmengewirr kaum zu hören. Kellner in weißen Jacken boten kleine Häppchen an, Mitglieder der Legislative und das Gefolge des Gouverneurs standen mit Lobbyisten und Rechtsanwälten zusammen, während Fotografen ein Blitzlichtgewitter über bereitwillig grinsenden Gästen abfeuerten und an den Eingängen grimmige Polizisten auf ihren Posten standen wie Zinnsoldaten.
Gleich als wir eintraten, erhielten wir von einer hübschen Zwanzigjährigen ein Brian-Krumas-Porträt in einer rot-weiß-blauen Rosette zum Anstecken. Das Lächeln des Kandidaten strahlte uns von allen Seiten entgegen. Es war an Tische, Stühle und die Säulen der Halle geheftet. Am Ende der Halle ragte ein zwanzig Meter hohes Foto des Kandidaten mit dem Slogan KRUMAS FOR CHANGE IN ILLINOIS auf. Ebenfalls auf dem Foto waren der Präsident der Vereinigten Staaten, der Gouverneur von Illinois und der Bürgermeister von Chicago.
Wir versuchten uns gerade zum Tisch mit den Getränken vorzuarbeiten, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um und sah Arnold Coleman, meinen ehemaligen Chef im Pflichtverteidigerbüro. Er war ein politischer Speichellecker, der immer sorgfältig darauf geachtet hatte, sich mit den Staatsanwälten gutzustellen. Sein Opportunismus hatte sich ausgezahlt: Er war jetzt Richter am Appellationsgerichtshof des Staates Illinois.
»Vic, dass Sie keine Zeit hatten, mich bei meiner Kampagne für das Richteramt zu unterstützen, kann ich verstehen. Aber es ist schön, dass Sie sich für den jungen Krumas stark machen.«
»Richter Coleman! Meinen Glückwunsch zu Ihrer Ernennung!« Illinois lässt seine Richter wählen, was praktisch eine Einladung zur Korruption ist, und Arnie Coleman hatte offensichtlich genau Buch geführt, wer zu seinen Freunden gehörte. Auf dieser Liste war ich nicht zu finden.
»Die Nase immer hübsch sauber halten, Vic, nicht wahr?«, sagte der Richter leutselig.
»Ich wische sie mir jeden Tag zweimal am Jackenärmel ab, genau wie ich das im Kriminalgericht an der 26sten Straße bei Ihnen gelernt habe. Richter Coleman, das ist Mr Contreras, mein Nachbar.«
Mein ehemaliger Chef stieß ein falsches Lachen aus und wandte sich seiner eigenen Gesellschaft zu. Die ausgestreckte Hand meines Begleiters ignorierte er.
»Cookie, so redet man doch nicht mit einem Richter«, schalt Mr Contreras.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Nach allem, was ich höre, ist Justitia in Colemans Gericht nicht nur blind, sondern auch taub und lahm. Sie kann nur noch mit den Fingern fühlen, wie dick die Bündel von Geldscheinen sind, die Coleman in die Hände gedrückt werden.«
»Das ist ja ungeheuerlich, was Sie da sagen. Das kann gar nicht wahr sein. Die Leute würden das doch nicht dulden.«
Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Als ich noch Pflichtverteidigerin war, habe ich miterlebt, wie Coleman und der Staatsanwalt sich überschlagen haben, um die hiesigen Demokraten zu unterstützen. Jedem sind sie in den Arsch gekrochen. Wen wir verteidigten und wie wir das machten, war ihm völlig egal. Er interessierte sich nur für seine Karriere. Das hat damals niemanden gekümmert, und jetzt ist es genauso.«
Ich sah, dass mein Nachbar ziemlich bekümmert war, nicht nur darüber, was ich sagte, sondern auch darüber, was ich für Worte benutzte. Ich tätschelte beruhigend seinen Arm. »Lassen Sie uns nach Petra suchen. Wir müssen ihr schließlich beweisen, dass wir tatsächlich gekommen sind.«
Wir wühlten uns durch die Menge, bis wir meine Cousine neben einer der Bars fanden. Sie redete entspannt mit einer Versammlung von einem Dutzend Politikern und Lobbyisten, die alle die runden, glänzenden Gesichter von Leuten hatten, die sich schon zu lange von Steuergeldern ernähren.
Petra quiekte entzückt und umschlang Mr Contreras mit ihren Armen. »Onkel Sal,
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