Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
war eine Menge Geld versammelt, da hinten im Ballsaal, und jeder hoffte, er würde noch mehr davon abbekommen. Oder ein bisschen Glamour und einen Schnipsel der Macht.
So wie mein alter Chef. Ich hatte schon lange nicht mehr an Arnie Coleman gedacht, dabei war er damals der Hauptgrund gewesen, dass ich den Anwaltsberuf an den Nagel gehängt hatte. Wenn wir einen wichtigen Fall hatten, den der Staatsanwalt unbedingt durchbringen wollte, hatte Coleman immer erwartet, dass wir darauf verzichteten, die Polizei ins Kreuzverhör zu nehmen oder neue Entlastungszeugen für unsere Klienten zu suchen. Ich hatte diese Weisung ein, zwei Mal ignoriert, und prompt hatte mir Coleman damit gedroht, er würde mich bei der Anwaltskammer wegen »standeswidrigen« Verhaltens anzeigen.
Sechs Monate zuvor war mein Vater gestorben, und mein Ehemann hatte mich wegen Terry verlassen. Ich fühlte mich schutzlos und sehr allein. Wenn er mich tatsächlich anzeigte, konnte ich meine Zulassung als Anwältin verlieren, und was sollte ich dann machen? Am nächsten Morgen kündigte ich. Ich wurde freie Strafverteidigerin und übernahm Gelegenheitsaufträge von einer der großen Kanzleien. Dann führte eins zum anderen, und am Ende war ich dann Privatdetektivin.
Es wurde mir kalt in meinem schulterfreien Kleid. Als ich in den Ballsaal zurückkehrte, spielte die Band gerade einen stampfenden Militärmarsch. Der Kandidat und sein innerer Kreis waren jetzt in der Halle. Brian Krumas bahnte sich einen Weg durch die jubelnde Menge, schüttelte Hände, klopfte auf Schultern und küsste ab und zu eine Anhängerin. Dafür wählte er stets die Frauen, die etwas abseits standen und nicht den strahlenden Mittelpunkt einer Gruppe bildeten.
Er war, ganz wie Petra gesagt hatte, eine außerordentlich einnehmende Erscheinung. Man hatte sofort das Bedürfnis, ihm über die buschigen Haare zu streicheln. Und sogar aus der Entfernung schien sein Lächeln zu sagen: Du und ich, wir haben ein Rendezvous mit dem Schicksal .
Ich reckte den Hals, um zu sehen, ob man Mr Contreras erlaubt hatte, weiter an Tisch Nummer 1 sitzen zu bleiben. Ich entdeckte ihn eingeklemmt zwischen Brians Schwester oder Schwägerin und einem stämmigen jungen Mann, der sich rücksichtslos über ihn beugte, um sich mit einem anderen Mann zu unterhalten. Ich bahnte mir den Weg zu ihm, um ihn gegebenenfalls retten zu können, falls er das wünschte.
Irgendwo aus der Menge erschien Harvey Krumas, der Vater des Kandidaten, mit einer Faustvoll seiner Kumpane. Ich erkannte nur den Präsidenten des Fort Dearborn Trusts, die anderen waren mir nicht bekannt. Der stämmige Asiate war wahrscheinlich der Chef einer Firma in Singapur, an der Krumas beteiligt war.
Harvey Krumas war jetzt Ende sechzig, er hatte einen üppigen grauen Lockenkopf und ein eckiges Gesicht, in dem sich ein erster Ansatz zu Hängebacken entwickelte. Als er mich neben Mr Contreras entdeckte, beugte er sich zu seiner Frau herunter und fragte sie etwas. Dann hob er den Kopf, lächelte und winkte mich zu sich heran. Erst als ich auf der anderen Seite des Tisches war, stellte ich fest, dass auch Richter Coleman Teil seiner Gruppe war.
»Die kleine Petra hat von Ihnen erzählt – ihrer großen Cousine, der Detektivin. Sie sind die Tochter von Tony, nicht wahr?« Er wandte sich an seine Freunde: »Tony Warshawski war Polizist, einer der zuverlässigsten Männer auf unseren Straßen. Hat dafür gesorgt, dass wir auf dem rechten Weg blieben. Wahrscheinlich kennen Sie die alte Gegend am Gage Park gar nicht mehr, oder, Vic? Na ja, da ist heute auch nicht mehr viel los. Da gibt’s nicht mehr viel zu entdecken außer Verbrechen und Armut, mit der ein hübsches Mädel wie Sie nichts zu tun haben sollte.«
»Warshawski hat früher im Pflichtverteidigerbüro für mich gearbeitet«, warf Arnie Coleman plötzlich ein. »Sie hatte kein Problem damit, sich die Hände schmutzig zu machen.«
Krumas schien überrascht, dass Coleman sein gemütliches Partygeplauder plötzlich mit solchen Kommentaren vergiftete, und ich war es auch. Wer hätte gedacht, dass seine Feindseligkeit immer noch so tief saß, nach all den Jahren.
»Tja, wir haben ziemlich raue Burschen betreuen müssen, Mr Krumas«, bestätigte ich. »Menschen wie Johnny Merton, genannt The Hammer, zum Beispiel. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an ihn erinnern, aber ich glaube, er war damals, in den wilden Sechzigerjahren, ziemlich bekannt auf der South Side.«
»Johnny Merton?« Krumas
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