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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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einer Leibesvisitation unterziehen zu müssen, schwer zu schaffen. Kalte Schauer liefen mir über den Rücken, und ich fing an zu zittern. Ich musste die Heizung anstellen, obwohl es ein warmer Julitag war. Erst nach einigen Minuten hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich durch das Tor fahren konnte.
    Ich zeigte dem Posten den Brief von Greg Yeoman, der mich als zusätzlichen Anwalt von Johnny Merton auswies, und den Brief des Direktors, der meinen Besuch an diesem Nachmittag bewilligt hatte. Der Wächter durchsuchte meinen Wagen, wobei er den Handtüchern auf dem Rücksitz, die wegen der Hunde dort lagen, besondere Aufmerksamkeit widmete.
    Nachdem ich den dritten Zaun mit rasiermesserscharfem Stacheldraht, die elektronische Kontrolle und die Leibesvisitation hinter mir hatte, fühlte ich mich wie betäubt und sehr klein, und als ich endlich in das Besprechungszimmer geführt wurde, konnte ich kaum noch atmen.
    Wie alles in Stateville war der Raum alt und schlecht beleuchtet. Der durchhängende Bohlentisch, an dem wir sitzen sollten, stammte wahrscheinlich noch aus dem Jahr 1925, als das Gefängnis eröffnet wurde. Stateville besteht aus einer Reihe von kreisförmigen Zellenblocks, in deren Mitte sich jeweils ein Wachraum befindet. Zumindest theoretisch können die Aufseher jede Zelle im Auge behalten, ohne dass die Gefangenen wissen, ob sie beobachtet werden.
    Heute ist die Beleuchtung in Stateville aber so schlecht, dass niemand überhaupt irgendetwas sieht. Viele Insassen verbringen ihre Tage im Dunkeln. Tauben flattern durch die Zellen und Korridore. Durch die Risse in den Mauern und zerbrochene Fensterscheiben finden sie leicht hinein, aber nur schwer wieder heraus. In dieser Beziehung geht es ihnen genauso wie den menschlichen Bewohnern von Stateville.
    Wegen des chronischen Personalmangels sitzen die Gefangenen praktisch alle in einem Hochsicherheitstrakt. Sie dürfen immer nur kurz ins Freie und müssen manchmal wochenlang warten, ehe sie Hofgang haben oder gar Sport treiben dürfen. Die ziemlich stärkehaltigen Mahlzeiten werden ihnen wortlos durch die Gitterstäbe geschoben. Ich nehme an, dass Johnny schon deshalb so bereitwillig zugesagt hatte, sich mit mir zu treffen. Selbst wenn ihn der Staat daran hinderte, eine Sporthalle oder eine Bibliothek zu besuchen, ein Gespräch mit seinem Anwalt konnte man ihm nicht verweigern.
    Ich hatte schon über eine Stunde in dem Besprechungszimmer gewartet, als sich endlich der Schlüssel im Schloss drehte und Johnny hereingeführt wurde. Er trug Handschellen und wurde von einem Aufseher begleitet, der ihm bedeutete, er solle sich an den zerschrammten Tisch setzen. Dann ließ uns der Mann für eine Minute allein und kehrte mit zwei Styroporbechern Kaffee zurück. Johnny schien wirklich Einfluss zu haben! Der Aufseher begab sich in eine Ecke, wenn auch nicht ganz außer Hörweite.
    »So, so, die kleine weiße Rechtsanwältin hat es als Pflichtverteidigerin im County Court nicht mehr ausgehalten.« Johnny grinste mich boshaft an. »Musste auf die Bullenseite des Zauns hüpfen.«
    »Ich freue mich auch, Sie wiederzusehen, Mr Merton«, sagte ich und setzte mich ihm gegenüber.
    In Wirklichkeit war sein Anblick ein Schock. Er war fast vollkommen kahl, und die letzten, kurz geschorenen Haare, die er noch hatte, waren schneeweiß. Früher war er mal schlank gewesen und leichtfüßig, so beweglich wie sein Wappentier, die Anaconda. Aber der Bewegungsmangel und das fettige Essen hatten ihn schwerfällig und unbeholfen gemacht. Nur die Wut in seinen blutunterlaufenen Augen war mir vertraut. Die Wut und die Schlangentätowierung auf seinen Armen.
    »Und was für brillante neue Erkenntnisse bringen Sie mit, mein kleines weißes Mädchen?«
    Meine Augen verengten sich. »Vor allem das beruhigende Gefühl, dass ich nie wieder einem Richter weismachen muss, dass Sie ein harmloser junger Mann sind.«
    Das ließ ihn verstummen. Ich hoffte, er erinnerte sich noch daran, was ich damals für ihn erreicht hatte. Bei unseren Besprechungen hatte er mich routinemäßig mit Beleidigungen überschüttet und über den Rassismus der Richter, der Polizei und der Wirtschaft gewettert. Irgendwie war es mir gelungen, ihn so weit zu bremsen, dass er dem Richter und dem Staatsanwalt zivilisiert gegenübertrat. Am Ende wurde die Anklage wegen schwerer Körperverletzung auf ein Urteil wegen einer Tätlichkeit reduziert.
    »Ich habe mir übers Wochenende noch mal die Akten durchgelesen. Ich nehme an, man

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