Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
ohne mich zum Stadion gefahren. Er, meine Mutter und ein fremder Mann hatten sich in der Nacht gestritten. Ihre lauten Stimmen hatten mich aufgeweckt.
»Ich kann das nicht machen!«, hatte mein Vater gesagt.
Und dann hörte Mama mich auf der Treppe und rief mir auf Italienisch zu, ich solle wieder ins Bett gehen. Die Stimmen der Männer wurden ganz leise, bis der Unbekannte plötzlich brüllte: »Ich hab es satt, dass Sie mir predigen, Warshawski! Sie sind nicht der Kardinal! Also kommen Sie runter von Ihrem Papstthron!«
Die Haustür schlug zu, und der Baseball fing an, auf dem Tisch herumzurollen. Er war jetzt eine Kanonenkugel und bewegte sich auf meinen Kopf zu. Die Lunte brannte und sprühte Funken, und ich wachte wieder auf. Schweißgebadet, in völliger Dunkelheit. Ich tastete auf dem Nachttisch nach Wasser. Ich fand einen Krug und einen Becher. Als ich mir etwas einschenkte, verschüttete ich das Wasser, aber das fühlte sich gut an.
Jemand brachte mir eine Tasse Fleischbrühe. Es war schwer, mit verbundenen Augen den Mund zu finden, so als ob auch der Gleichgewichts- und der Tastsinn verschwinden, wenn man nichts sehen kann. Eine Schwester kam, um meine Temperatur zu messen und nach dem Grad meiner Schmerzen zu fragen.
»Mir geht’s beschissen«, krächzte ich. »Aber geben Sie mir kein Morphin mehr, ich ertrage die Träume nicht.«
Ich wollte mir die Haare waschen, aber solange die Verbände nicht abgenommen wurden, kam das nicht infrage. Die Schwester schickte mir jemand, der mich mit einem Schwamm wusch, und ich döste unruhig weiter, bis Lotty zurückkam.
»Die Polizei will dich befragen, Victoria. Ich sehe, du hast das Morphin abgesetzt. Hast du noch starke Schmerzen?«
»Genug, um zu wissen, dass ich nur knapp einen Brand überlebt habe, aber schreien muss ich nicht, wie du merkst. Wie geht’s Schwester Frances?«
Lotty legte mir die Hand auf die Schulter. »Deshalb wollen sie mit dir reden, Vic. Sie hat nicht überlebt.«
»Nein!«, flüsterte ich. »Nein!«
Schwester Frances war mit Ella Baker in Selma gewesen. Sie hatte mit Martin Luther King im Marquette Park gestanden. Sie hatte Gefangene im Todestrakt besucht. Sie beherbergte Asylsuchende aus Guatemala und bürgte für Einwanderer. Das alles hatte sie überlebt. Der Tod kam erst zu ihr, als sie mit mir sprach.
Lotty bot mir Vicodin oder Percocet an, um die Befragung besser zu überstehen, aber mir waren die Schmerzen in meinen Armen und die brennenden Augen, aus denen nutzlose Tränen flossen, ganz recht. Durch Zufall hatte ich überlebt, obwohl ich eigentlich auch tot sein sollte. V. I. Warshawski, die Frau, die den Tod bringt. Es war nur gerecht, wenn ich Schmerzen litt.
Ich spürte, wie sich der Raum mit Menschen füllte. Zwei Männer vom Dezernat für Bomben und Brandstiftung stellten sich vor, aber ich merkte, dass noch andere da waren. Ich fragte, wer sie waren, hörte Gemurmel und Füßescharren, und sie stellten sich vor.
Ich kannte keinen von ihnen: ein Mann und eine Frau vom Office of Emergency Management ( OEM ), ein örtlicher Vertreter der Homeland Security und ein Agent vom FBI .
Lotty hatte das Bett so eingestellt, dass ich sitzen konnte. Meine Arme lagen vor mir auf der Bettdecke. Der Plastikschlauch, der mich mit Antibiotika und Flüssigkeit versorgte, schlug sacht an meine Schulter. Mein kleiner Plastikfreund, Lotty und ich gegen die Polizei, das FBI und die Homeland Security.
Die Männer vom Branddezernat erklärten, sie würden die Befragung aufzeichnen. Ob ich eine Aussage machen wolle.
»Ich werde Ihre Fragen beantworten, aber eine förmliche Aussage mache ich erst, wenn ich wieder gut genug sehen kann, um das Protokoll lesen und unterschreiben zu können.«
Einer der Männer, ich glaube, der vom OEM , trug ein Aftershave, von dem mir beinahe schlecht wurde. Die Leute vom Branddezernat stellten die Fragen. Als Erstes baten sie mich, meinen Namen zu nennen.
»V. I. Warshawski«, sagte ich, und als ich den Namen buchstabierte, musste ich an Petras Merkvers denken – ein Warr ior in einer Rick shaw läuft Ski – und hatte dieses plötzliche Bedürfnis zu lachen, das uns in Augenblicken großer Trauer und Angst gelegentlich überfällt.
»Was haben Sie in Schwester Kerrigans Apartment gemacht?«, hieß die erste Frage.
»Wir haben uns getroffen, um über einen vierzig Jahre alten Mord zu sprechen.«
Ein Raunen ging durch das Zimmer, und die Frau vom OEM fragte, um wessen Ermordung es ging.
»Der
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