Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
einen Büstenhalter? Das geht leider gar nicht.«
»Komm schon! Wenn ich mich recht entsinne, hattest du bei Krumas’ Party eine zwanzigjährige Blondine am Hals. Du kannst mir nicht weismachen, dass du rote Ohren kriegst, wenn du mal in die Damenwäscheabteilung gehst. Größe 36-C. Die Bluse in Größe 12, und die Jeans 31/32, bitte. Hast du das für die Nachwelt aufgeschrieben?«
»Okay«, knurrte Murray. »Ist notiert. Und jetzt sag mir, was du in Schwester Frances Kerrigans Wohnung gemacht hast.«
Ich setzte mich auf und betrachtete meine Arme. »Komisch, irgendwie hab ich keine Bluse an.«
»Du willst die Sachen noch vorher? Hast du eine Ahnung, was ich alles tun musste, bis ich hier drin war? Nochmal lassen die mich bestimmt nicht rein. Ich gehe nicht raus, ehe ich mit dir geredet habe.«
»Ja, das hab ich mir gedacht, dass du kneifst. Aber sei unbesorgt. Mr Contreras bringt mir gern was vorbei. Er hat es am liebsten, wenn’s mir richtig dreckig geht.« Ich schloss die Augen hinter meiner schwarzen Brille und lehnte mich in die Kissen zurück.
»Du bist ein manipulatives Miststück, Warshawski!«
»In zehn Sekunden rufe ich die Schwester, mein Freund. Ich bin schließlich nicht der Aasfresser, der sich hier reingeschlichen hat, Ryerson.«
»Nö, du bist die Aasfresserin, die sich eine Nonne hat grillen lassen.«
Ich setzte mich auf und riss meine Brille herunter. »Wenn du das irgendwo behauptest – als Meldung, als Blog oder auch nur als SMS – dann hast du sofort eine Verleumdungsklage am Hals, ist das klar?«
Eine ungemütliche Stille trat ein. Dann sagte Murray: »Du warst dabei, als sie umgebracht wurde.«
»Ich finde es abscheulich, in solchen Worten über Schwester Frances und ihren Tod zu sprechen«, sagte ich. »Sie hat ihr Leben lang für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte gekämpft, und du bildest dir ein, du könntest über ihren Tod Witze machen! Hast du eine Ahnung, wie das ist, wenn man jemanden im Arm hat, dessen Kopf brennt wie der Docht einer Kerze? Verschwinde! Raus hier!«
»Entschuldige, Vicki, es tut mir leid, ja? Wir verbringen alle zu viel Zeit damit, über den nächsten lässigen, zynischen Spruch nachzudenken. Was ich gesagt habe, war hässlich und lieblos. Es tut mir leid.« Er zog – in Missachtung aller an den Wänden hängender Verbotsschilder – sein Handy heraus, wählte eine Nummer und erteilte jemandem den Auftrag, mir etwas zum Anziehen zu kaufen. Er gab seiner Hilfskraft sogar seine Kreditkartennummer und sagte ihr, sie solle die Sachen ins Krankenhaus bringen.
Ich setzte die dunkle Brille wieder auf, das Licht im Raum brannte in meinen Augen. Außerdem hatte ich angefangen zu weinen, und ich wollte nicht, dass Murray das sah.
»Was sagen denn deine Quellen so?«, fragte ich schließlich. »Ist sie wegen ihrer Arbeit für die Asylanten angegriffen worden?«
»Davon hört man nichts«, sagte Murray. »Schwester Carolyn Zabinska, die Nonne, die das Freedom Center leitet, sagt, damals zu Beginn des Irak-Kriegs hätte es Morddrohungen gegeben, weil sie diese Mahnwachen gegen den Krieg hielten, aber wegen der Arbeit mit Strafgefangenen oder Einwanderern hätten sie noch nie Ärger gehabt.«
Er machte eine Pause. »Was die Leute beschäftigt, ist die Tatsache, dass sie ausgerechnet an dem Tag angegriffen wurde, als du sie besucht hast.«
Ich lag ganz still im Bett, mit geschlossenen Augen. »Was für Leute? Außer dir natürlich.«
»Das ist meine Sache«, sagte er.
»Ach, Murray. Seit Global den Star gekauft hat, bist du gar kein richtiger Kriminalreporter mehr, sondern interessierst dich mehr für den Gesellschaftsklatsch.« Ich wollte ihm die Bemerkung über Schwester Frances heimzahlen und ihn provozieren.
»Einer guten Story bin ich noch nie aus dem Weg gegangen, Warshawski, das weißt du genau.« Murray war jetzt auch wütend. »Du mit deinem blöden Heiligenschein! Du kannst leicht allein arbeiten als Privatdetektivin, aber ich als Journalist brauche nun mal eine Zeitung. Und meine Quellen vertrauen mir.«
Ich betrachtete meine verbundenen Hände und dachte, dass ich auch gern für einen großen Konzern arbeiten würde, der mein Gehalt weiterzahlte, wenn ich mal krank war. »Und was sagen deine Quellen über die Täter? Auf der Lawrence Avenue waren jede Menge Leute, als ich bei Schwester Frances geklingelt habe. Leiden sie alle unter Gedächtnisverlust, weil sie nichts aussagen wollen?«
Ich konnte Murrays Gesicht durch die dunkle
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