Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
Stoffrechteck, gewöhnlich braun, grau oder schwarz, das man sich um den Hals hängt. Auf die Rückseite dieses Stoffrechtecks schreibt der Lehrer einen kurzen Satz, der für gewöhnlich aus einem buddhistischen Sutra stammt, und deinen „Dharma-Namen“ – einen neuen Namen, den du verpasst bekommst, wenn du die Gebote-Zeremonie mitmachst. Dieses ganze Zeug kam mir immer ziemlich schwachsinnig vor.
Für Leute, die sich spukig-mystischen religiösen Kulten anschließen und dann ihre Namen ändern und mit dem Tragen von albernen orangen Klamotten und allem möglichen schrägen Gehabe anfangen, hatte ich immer nur Verachtung übrig. Mein Kumpel Terry vom Hare-Krishna-Tempel in Cleveland ist ein gutes Beispiel für das, was mit dieser Sorte Leute passiert.
Aber jeder steht drauf, einen Spitznamen verpasst zu bekommen. Spitznamen machen Spaß. Obwohl’s nicht grad der coolste Name war, freute ich mich ziemlich, als die Jungs von Zero Defex damit anfingen, mich Brad No Sweat zu nennen. Mir wäre zwar ein punkigerer Name wie die, die meine Freunde Johnny Phlegm und Fraser Suicyde bekommen hatten, lieber gewesen, doch er war gut genug. Trotzdem benutzte ich ihn recht selten, weil ich diese ganze Idee, falsche Namen zu benutzen, einfach, nun ja, hasste. Einen falschen Namen anzunehmen, ist eine Methode zu signalisieren, dass man Mitglied einer Gruppe geworden ist. Und ich war
kein
„Mitmacher“.
Mich kotzte es immer an, wenn ich Leute aus Nishijimas Gruppe sah, die stolz ihre neuen Rakusus präsentierten. Es ließ die ganze Sache so nach Sekte aussehen. Uniformen sind das, was man trägt, wenn man ’nen Job bei Burger King annimmt. Was ist denn, ehrlich gesagt, ein Rakusu anderes, als bloß ’ne ausgefallene Form von Namensschild: „Willkommen im Buddhismus! Ich bin ‘Hirngewaschener Depp’!“ Wenn Leute aus Nishijimas Gruppe zu mir sagten: „Du solltest wirklich die Gebote annehmen“, fühlte ich mich wie in einem dieser schlechten Horrorfilme, in denen nach und nach alle Leute von Außerirdischen in Besitz genommen werden und ich das einzige menschliche Wesen bin, das in der Stadt übrig bleibt – Schoten-Menschen taumeln von allen Seiten auf mich zu:
„Werd’ einer von uns! Werd’ einer von uns!
“ Das jagte mir echt Angst ein.
DIE GANZE GESCHICHTE mit Nishijima, der wollte, dass ich mich seinem Kult anschließe und darin zu einer Autoritätsfigur werde, lief zur gleichen Zeit als bei meinem Großvater Krebs entdeckt wurde. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits einundachtzig Jahre alt und die Ärzte mutmaßten, dass eine Operation ihn in diesem Alter wahrscheinlich schneller umbringen würde als die Krankheit, die extrem langsam voranzuschreiten schien. Schließlich wurde er zur Beobachtung ins Krankenhaus gebracht und ich beschloss, dass ich mich besser auf den Weg machen sollte, um ihn zu besuchen, als zu warten, bis es zu spät wäre.
Darüber hinaus würde mir der Besuch die Chance geben, mal bei Tim vorbeizuschauen und mit ihm über diese ganze Dharma-Übertragungssache zu reden. Tim war immer noch in Kent, eine vierstündige Fahrt von Cincinnati entfernt, wo mein Opa war. Ich plante, in Cleveland anzukommen, ein paar Tage in Kent zu verbringen und dann runter nach Cincinnati zu fahren. Opa ging’s den Umständen entsprechend ziemlich gut, wie meine Tante und meine Großmutter sagten, und es gab keinen Grund, sich zu beeilen. Als ich am Telefon mit ihm sprach, klang er recht fit und versicherte mir sogar, dass es reine Geldverschwendung sei, den ganzen Weg nach Amerika zurückzulegen, nur um ihn zu sehen.
Meine Großmutter, meine Tante und die Ärzte irrten sich. Opa starb plötzlich, bloß ein paar Stunden, nachdem ich in den Staaten gelandet war. Das erfuhr ich, als der Freund, bei dem ich unterkommen wollte, einen hektischen Anruf von meinem Vater bekam, während ich bei Tim zu Besuch war. Ein paar Stunden später, als die Nachricht mich schließlich erreichte, war ich am Boden zerstört. Danach kam’s mir nicht mehr so wichtig vor, mit Tim über die Dharma-Übertragung zu reden.
ICH LIEBTE MEINEN GROSSVATER VON GANZEM HERZEN . Er war mir ein wahrer Freund und unterstützte mich bei allem, was ich in meinem Leben tat. Ich hatte mir Sorgen gemacht, wie er wohl reagieren würde, wenn ich ihm von meinem Umzug nach Japan erzählte – immerhin war er im Zweiten Weltkrieg der Marine beigetreten, um gegen die Japaner zu kämpfen. Doch er hatte keinerlei Probleme damit und war erfreut, als ich
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