Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
meine japanische Frau mitbrachte, um sie ihm vorzustellen. Es war hart, ihn zu verlieren.
Da ich von einer langen Linie von Agnostikern abstamme, hatten wir keinen Familienpastor, den wir hätten bitten können, die Bestattung zu leiten. Meine Großmutter suchte sich schließlich irgend ’nen religiösen Typen aus dem Telefonbuch raus. Er wirkte aufrichtig genug – nur hatte er meinen Großvater niemals getroffen. Wir redeten kurz mit ihm, ein paar Stunden bevor die Bestattung beginnen sollte, und er fragte die Angehörigen, ob sie während der Zeremonie ein paar Worte sagen würden. Mein Vater und ich meldeten uns freiwillig und hofften, die anderen würden sich uns anschließen. Doch keiner tat das. Ich fand, dass mein Vater seinen Teil sehr ordentlich machte. Da ich Opas Sinn für Humor kannte, bereitete ich als Teil meiner Rede einen Witz vor. Ich sagte, ich sei aus Japan gekommen, um meinen Opa zu besuchen, und nicht, um auf seine Beerdigung zu gehen. Tatsächlich, so sagte ich, hatte Opa mir während unseres letzten Telefongesprächs gesagt, dass ich mein Geld nicht dafür verschwenden solle, seine Beerdigung zu besuchen, falls er bald stürbe. Aber, sagte ich, da ich nun einmal in der Stadt war und an diesem Morgen eh nichts Besseres vorhatte, dachte ich mir, ich könnt’ ebenso gut mal vorbeischauen.
Ich war mir nicht sicher, wie dieser Witz so allgemein rüberkommen würde (’ne Leichenhalle ist nicht die beste Bühne für so was), doch ich kriegte einen Lacher, also schätze ich, die Rede ging recht gut durch. Danach nahm mich meine Großmutter zur Seite und fragte: „Glaubst du, dass es irgendeine Möglichkeit gibt, dass er wissen könnte, dass wir alle hier sind und an ihn denken?“ Ohne über die Frage nachzudenken, überraschte ich mich selbst damit, dass ich aufrichtig sagte: „Ja. Das tu’ ich. Absolut.“
Ich habe mich oft gefragt, woher jene Antwort kam. Sie war spontan. Sie gründete auf keiner besonderen Überzeugung, die ich hegte – tatsächlich lief sie ’ner Menge meiner Überzeugungen zuwider – doch ich versuchte damit nicht nur nett zu sein. In jedem und jeglichem Sinne, der wirklich zählte,
war
Opa da. Nicht als in der Ecke rumhängender Geist, der die Lage checkte, sondern als echter Teilnehmer an den lebendigen Ereignissen jenes Nachmittags. Shunryu Suzuki sagte einmal „Du wirst immer in der einen oder anderen Form im Universum da sein.“ Sogar, ohne dass ich irgendwelche Ideen über Wiedergeburt, das Leben nach dem Tod oder Geister in mir herumgetragen hätte, sah ich genau jetzt, dass Suzukis Worte wahr waren.
IRGENDWANN WÄHREND DIESER REISE entschied ich mich, die Dharma-Übertragung von Nishijima anzunehmen und damit fortzufahren zu tun, was zu tun war. Zum Teufel damit, solang’s auf dieser Welt Autoritätsfiguren geben würde, konnte ich genauso gut auch eine von ihnen sein. Als ich zurück nach Hause kam, setzte ich mich mit Nishijima in Verbindung und fragte ihn, welche Vorkehrungen getroffen werden müssten. Er legte einen Termin fest, und das war’s dann.
Die Gebote-Zeremonie war ziemlich unspektakulär und nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Yuka entschied sich, ebenfalls die Gebote anzunehmen, und auch ein Freund von uns namens Eric, der in der US-Marine diente und in Japan stationiert war. Nishijima warf sich eine albern aussehende, offizielle Robe für die Vergabe der Gebote über. Ein Altar wurde aufgestellt, ein bisschen Weihrauch angezündet, es gab ein paar Verbeugungen, ein paar Rezitationen und zum Abschluss bekam jeder von uns dreien ein Rakusu mit unserem neuen buddhistischen Namen auf der Rückseite. * Wie ich schon früher erwähnte, lautet meiner Odo, was „Der Weg der Antworten“ bedeutet. Und wie bei meinem Krishna-Kumpel Terry wurde er teilweise deswegen ausgewählt, weil er ein wenig wie „Warner“ klingt – zumindest tut er das für zweiundachtzigjährige japanische Zen-Meister. Nishijimas Dharma-Name, Gudo, bedeutet übrigens „Der Weg der Dummheit“. Echt.
Als nächstes kam die große Nummer, die Dharma-Übertragungszeremonie (hier bitte pompösen Monster-Truck-Rennen-Hall-Effekt vorstellen). Dafür musste ich mir ein
Kesa
zulegen, die traditionelle Robe, die buddhistische Mönche seit Gautama Buddhas Zeiten tragen. Normalerweise tragen Zen-Mönche in Japan zwei Gewänder. Eins davon ist ’ne große schwarze Robe und darüber wird ein Ding getragen, das in etwa wie ’ne Schärpe aussieht. Das ist für gewöhnlich
Weitere Kostenlose Bücher