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Schlägerei. Daß alle seine Hemden Taschenschoner aus Plastik in den Taschen haben. Daß er immer exakt drei Schreibstifte dabei hat.
"Ich tue, was ich kann. Michael ist nicht so leicht zu erwischen."
Andres Gesicht ist aus Stein, unbarmherzig. "Es gibt ein Zeitlimit für unser Angebot. Und das rückt näher."
"Wenn ihr vermutet, daß es einen Verräter gibt, habt ihr recht", sagt Sarah und beobachtet Andres Gesicht, als dieser den Schock zu verdauen versucht. Sie weiß, warum sie plötzlich so ungeduldig sind. In seinen ersten paar Stunden im Tempel-Computer hat Reno zwei Lieferungen gefunden und durch Schlußfolgerungen den Standort eines größeren Drogenspeichers entdeckt. Michaels Leute haben sich unverzüglich und ohne Verluste alle drei geschnappt.
Andres Augen bannen sie in Ringe aus rostfreiem Stahl. "Ich muß wissen, wer es ist."
"Jemand, der tief drinsteckt", sagt sie. "Jemand, der umfassend Zutritt hat. Michael hat ihn oder sie umgedreht. Ich weiß nicht, wie." Das sollte sie wochenlang mit der Jagd nach Phantomen auf Trab halten.
Dann: "Woher weißt du das?"
"Ich hab' Michael gestern abend gesehen. Er war high und sehr zufrieden mit sich. Es ist ihm so rausgerutscht."
Andre sieht sie lange an. "Was hat er genau gesagt?" Sarah schüttelt den Kopf. "Ich war selber high, Andre. Was er genau gesagt hat, weiß ich nicht mehr."
"Denk nach! Sag mir, woran du dich erinnerst."
Sarah blickt zu Boden und tut so, als würde sie sich konzentrieren. Ihre Nerven flattern von dem Treibsatz. "Ja", sagt sie. "Okay. Er hat gesagt: >Ich habe unsere Freunde losgeschickt. Drei Anschläge. Ich habe einen ihrer Manager umgedreht und weiß über jede ihrer Bewegungen Bescheid<"
"Bist du sicher, daß das alles ist?"
Sie blickt kühl in die Iris aus rostfreiem Stahl. "Das war's. Danach hat er ein Gesicht gemacht, als hätte er bemerkt, daß er etwas ausgeplaudert hat, was er besser nicht ausgeplaudert hätte, und hat das Thema gewechselt."
"Keine Namen?"
"Keine Namen."
"Wo ist das passiert?"
Sie gibt ihm die Adresse des Hauses am Strand. Er preßt die Lippen zusammen. "Ich habe den Eindruck, daß du Zeit zu schinden versuchst. Warum hast du uns nicht erzählt, daß Michael dort sein würde?"
"Ich wußte es selbst nicht. Der Fahrer hatte nur die Anweisung, mich im Hotel abzuholen."
"Wenn du uns nicht die Wahrheit sagst..." Andre spricht nicht zu Ende. Statt dessen langt er in eine Tasche und holt ein Bandgerät heraus. "Wenn du denkst, daß du einen Rückzieher machen kannst, dann laß dir gesagt sein, daß da nichts draus wird! Ich habe Aufzeichnungen von jedem Gespräch, das wir geführt haben. Die können wir Michael schicken."
Sarahs aufgerüstete Nerven brennen vor Wut über ihre eigene Idiotie. Sie blickt Andre in weißglühendem Zorn an.
_Diese Leute erwarten von uns, daß wir ihnen vertrauen, auch wenn sie uns hintergehen, auch wenn wir wissen, daß sie uns garantiert hintergehen werden. Weil wir keine andere Wahl haben, als ihnen zu vertrauen. Weil sie unsere einzige Hoffnung sind_.
"Ich mache keinen Rückzieher", sagt sie zähneknirschend. "Aber ihr müßt mir einen gewissen Spielraum lassen."
Andre steckt das Bandgerät in die Tasche. Seine Miene ist jetzt sanfter, nachdem er sein Argument angebracht hat. "Du sollst deinen Spielraum haben", sagt er. "Aber die Wände werden bald zusammenrücken. Ich sag's dir bloß."
"Ich höre ja zu", erwidert Sarah. Die Verzweiflung zerrt an ihr. Vielleicht hat sie bis zu diesem Moment nicht richtig an den Deal geglaubt, auf den sie sich eingelassen hat, und was er bedeutet. Sie denkt an Cowboy, der am Nachthimmel Loopings dreht, an den von Poincianasträuchern eingehüllten Hetman, an Reno, eine Struktur aus dahinjagenden Elektronen, der in seiner Welt aus Draht und Kristall verzweifelt seine Kreise zieht. An den Preis für ihr Ticket.
Es _tut mir leid. Aber sie haben mir keinen Ausweg gelassen_.
Und haßt sich, weil sie weiß, daß es nicht stimmt.
*IHR WISST, DASS WIR BEI EUCH SIND IMMER UND ÜBERALL*
Bei der Stimme muß sie an Beifuß denken, an weite Prärien und die purpurnen Ostwände der Berge, die zum Himmel zeigen. "Es ist kalt bei mir, Sarah. Der Sommer geht hier zu Ende."
Sie versucht an Daud zu denken, an den summenden Laser und wer dafür bezahlt, an Dauds Ticket und an ihr eigenes. Die Körperdesignerin ist an diesem Nachmittag mit ihm fertig geworden. Sein Körper ist wieder gesund und
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