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Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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dumpfen Schlag, den Sarah durch die doppelten Glasscheiben des Fensters und die isolierende Mauer des Hospitals kaum wahrnimmt. Das Fahrerfenster ihres Wagens fliegt heraus, funkelnde Spiegelstücke schießen in einem immer größer werdenden, von der Sonne beleuchteten Trichter herauf...
     "Eine Haftbombe mit einer halben Sekunde Verzögerung", sagt Andre leise, im Konversationston. "Hat eine scharfe Ladung direkt durch das Fensterglas geschossen. Ich glaube nicht, daß dein Fahrer rechtzeitig den Kopf eingezogen hat."
     Sarah merkt auf einmal, daß sie nicht geatmet hat. Sie läßt die Luft aus ihren Lungen und atmet ein. Neurotransmitter vervielfachen sich und jagen aus ihrem Kristall hervor. Ihre Adern rauchen vor Adrenalin. Die Kyberschlange wartet kalt und nutzlos in ihrer Kehle.
     Sie werden alles herausbekommen, denkt sie. Sie weiß, daß man sie nicht bezahlen wird, aber vielleicht wird man sie am Leben lassen. Und Daud hat sein Ticket, das ist immerhin etwas.
     Die letzte Spiegelscherbe flattert auf den Bürgersteig. Ein anderer Wagen fährt hinter dem Maximum Law-Wagen heran. Zwei Männer in Sommeranzügen steigen heraus und treten an das zertrümmerte Fenster. Wie sie so am Wagen stehen, nur von der Brust aufwärts sichtbar, und Pistolen aus den Gürteln ziehen, sehen sie skurrilerweise aus, als ob sie im Begriff wären, an den polierten blauen Lack zu pissen.
     "Pistolen mit Schalldämpfern", erklärt Andre. "Wenn dein Fahrer doch noch einen Kopf auf den Schultern hat, wird er ihn jetzt los."
     Spearmint weht kühl in Sarahs Nüstern. Im Zimmer hinter ihr erklingt das leise Gemurmel der Patienten, die sich unterhalten. Die Mörder ziehen die Reißverschlüsse an ihren Hosen hoch und kommen die Auffahrt herauf. Ihr Wagen fährt vom Bordstein weg.
     Sarah sieht leichte Regierungsmaschinen auf dem Bildschirm explodieren. Sieht Cowboys Kopf unter dem Sensorhelm. Den Ausdruck in seinen Augen, den Blick eines Menschen, dessen Traum in Stücke gegangen ist und der verzweifelt einen neuen sucht.
     In Andres Stimme klingt ein vergnügtes Lachen mit. "Wir werden dich auswringen, Sarah", sagt er. "Du hast keine Wahl. Wir haben dich gekauft, und jetzt holen wir dich."
     Sarah läßt den Kopf sinken und atmet tief ein. Sie hat es die ganze Zeit gewußt, seit sie Andre gesehen hat, daß dies geschehen würde, und daß sie es geschehen lassen würde. Daß es Andre Spaß machen würde. Daß seine Iris aus rostfreiem Stahl sich vor Befriedigung weiten würden, wenn sie aufhörte, sich zu wehren, wenn die Drogen ihren Geist in den Griff bekämen und sie ihnen auch noch den letzten Gedanken in den kalten, wartenden Kristall plapperte.
     "Komm mit, Sarah!" sagt Andre. "Zeit für eine kleine Spazierfahrt."
     Es ist der Ton, der den Ausschlag gibt. Sarah hat sich verkauft, und sie kann damit leben und die Konsequenzen auf sich nehmen. Aber der Gedanke, daß der Mann, der sie gekauft hat, ein solches Vergnügen daran findet... Etwas in ihr schreit vor Empörung auf. Sie erinnert sich an eine leiernde Stimme, ein Rasiermesser, ein Gewirr von Bewegungen, und an abstrakte rote Muster, wie Tünche. Wiesel regt sich. Ihre Chips spucken Instruktionen aus, und die Neurotransmitter vervielfachen sich auf ihren chemischen Bahnen, bevor ihr auch nur klar ist, daß sie eine bewußte Entscheidung getroffen hat.
     Sie tritt mit dem rechten Fuß einen Schritt zu Andre hin. Ihre Fäuste ballen sich vor seiner Brust; sie weiß, daß er sie dort nicht sehen kann. Dann verlagert sich ihr Gewicht nach hinten, und sie wirbelt herum. Ihr rechter Arm zuckt in einem Rückhandschlag mit den Knöcheln heraus, der auf Andres Schläfe zielt. Das Drehmoment ihres Oberkörpers sitzt hinter dem Schlag.
     Andre blockt ihn natürlich ab. Es wäre töricht, etwas anderes zu glauben - er ist selbst aufgerüstet. Aber als seine Hände nach oben fahren, ändert sie ihre Bewegung von einem Schlag zu einem weiten Schwung, bekommt Hände und Unterarme über seine beiden Hände und schlägt ihm die Deckung herunter. Dann läßt sie Wiesel herauspeitschen und zielt auf Andres Kehle...
     Irgendwoher kommt ein trockenes, stählernes _Klick_, als ob ein Hahn zurückschnellen würde...
     Und ihr Gewicht hat sich schon wieder nach vorn auf den rechten Fuß verlagert; der linke kommt in einem kreisförmigen, hoch gezielten Tritt nach oben, einem Tritt, den er nicht einmal sehen kann, weil Sarahs Faust und seine eigenen beiden Hände im Weg waren, als sie

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