Hardware
Kissen.
Pumpen beginnen zu klopfen, Hydraulikgelenke fangen an zu zischen. Dann kommt das Wimmern des Starters und das Heulen eines Triebwerks. Ein Schlingern, als der Panzer sich auf sein Luftkissen erhebt, ein flaues Gefühl in ihrem Magen, als er sich dreht und zum Highway losfährt. Sarah legt sich in der Koje anders hin, und der Schmerz in ihrer Seite verebbt. Müdigkeit wallt wie Nebel in ihr hoch und sie spürt, wie die Anspannung von ihr abfällt. Sie ist in der gepanzerten Phantasie eines anderen geborgen und wird zum Ziel eines anderen getragen. Ihre eigene Panzerung ist überflüssig, im Moment jedenfalls.
Der Lärm des Triebwerks scheint aus immer weiterer Ferne zu kommen. Sarah fühlt, wie der Schlaf in ihren Geist sickert. Sie erkennt, daß jemand anders den Job hat, dafür zu sorgen, daß sie den nächsten Moment überlebt. Sie beschließt zu schlafen und ihn seine Arbeit tun zu lassen.
Cowboy ist tief im Interface und schenkt Sarah keine Beachtung, nachdem er ihr das Inventar gezeigt hat. Aufmerksam beobachtet er die grünen Säulen und die Videobilder von der Umgebung des Panzers. Er sorgt dafür, daß die Eskorte immer weiß, was er vorhat, und lauscht ihrem Geschwätz. Hält den Panzer im Gleichgewicht, während er nur mit einem Triebwerk läuft, um Treibstoff zu sparen, solange seine Geschwindigkeit an die der Eskorte gebunden ist.
Kaum ist er auf dem Interstate, sagt er Adios zu der Eskorte und läßt das zweite Triebwerk an. Die Straße ist von Rissen und Löchern übersät, auf einigen Brücken ist der Beton bis aufs Fundament abgebröckelt. Alles, was Räder hat, bleibt brav auf der rechten Spur, fährt langsam und flucht über die Schlaglöcher. Der Luftkissenpanzer gleitet auf seinem Luftkissen zügig dahin, kreuzt die äußeren Spuren zu den beiden Innenspuren, die für über hundert Meilen schnelle Fahrzeuge reserviert sind.
Cowboy jagt die Triebwerke bis zur Leistungsgrenze im roten Bereich hoch; er denkt an seinen Passagier und beschleunigt langsam bis auf über 200. Er ist weitaus schneller als die größeren Luftkissentransporter, fährt mühelos im Slalom zwischen ihnen hindurch und hört durch die Panzerung die vom Dopplereffekt heruntergezogenen Grüße ihrer Preßlufthörner, als er vorbeiprescht. Die langsamen Autos sind stationäre Objekte. Bäume sind ein kontinuierliches Grünblau. Seine Konzentration verengt sich auf den Tunnel vor ihm und den hinter ihm, auf die zerbröckelnde Bahn, über die er auf seinem Luftkissen braust, und koordiniert seine Videospur mit den Ablesungen auf seinem nach vorn gerichteten Radar, dem prompten Funkecho, den fluoreszierenden, abstrakten Bildern, die alles sein können, Wolken oder kleine Häuser oder die Spektren von subatomaren Partikeln in Szintillatoren; sie überlagern sein Vi- deobild und lösen sich in andere Fahrzeuge, die Leitplanke, Baumgruppen oder die Randgebiete von weitgestreckten und vom Krieg stark mitgenommenen Städten auf.
Die Grenze huscht vorbei; kein Zoll auf der Georgia-Seite, aber eine lange Schlange von Fahrzeugen auf der Gegenspur in die Amerikanischen Konzessionen, die darauf warten, durch die Kontrolle zu kommen. Er tankt in South Carolina und dann noch einmal in Virginia auf; Robotpumpen finden die Einlaßöffnungen für den Treibstoff, rasten ein, ohne daß menschliches Zutun erforderlich wäre, ohne daß der gelangweilte Tankwart in seinem kugelsicheren Turm auch nur einen Blick auf sie verschwenden würde. Es ist früher Nachmittag, als er die Grenze nach Maryland überquert und vom Interstate abfährt, einen Fleck ebenen Bodens bei einem Rasthaus findet, das Luftkissen abschaltet und auf seine Eskorte wartet. Er zieht sich den Helm herunter und klinkt sich aus.
Zu seiner Überraschung scheint Sarah zu schlafen. Er hatte sie fast vergessen. Er nimmt den Urinbehälter ab, den er nicht benutzt hat, und pißt in die chemische Toilette. Dann klettert er die Leiter hinauf, um die Luke zu öffnen und ein bißchen frische Luft hereinzulassen. Er blickt in die weite, grüne Landschaft hinaus, auf den breiten, zerfallenden Interstate, der sie durchschneidet wie eine verödete Arterie.
Zwei Nächte zuvor hat er Cathy Adieu gesagt. Sie hatte sein Leben auf dieselbe Weise verlassen, wie sie darin aufgetaucht war, indem sie in Norfolk aus dem Fenster seines Hotelzimmers im achten Stock kletterte und unter der Krempe des weißen Stetson heraus zu ihm hochgrinste, während sie sich zu dem guten Meter
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