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Gang, den Firebud ihr beigebracht hatte; sie bewegte sich, als gäbe es so etwas wie Angst überhaupt nicht.
Der Junge hieß Lane. Er hatte die Waffe im Kofferraum seines Wagens. Wenn er sie in die Bar mitgenommen hätte, würden die Detektoren des Plastic Girl ein Alarmgeheul angestimmt haben, das ihn in den Fadenkreuzen eines Dutzend automatischer Systeme festgenagelt hätte. Lane machte ihr die hintere Tür auf und schien erfreut zu sein, als sie darum bat, vorne sitzen zu dürfen.
Er unternahm keinen Versuch, sie anzufassen. Er war nach Süden zu einer alten Farm beim Little Manatee gefahren, hatte die Waffe aus dem Kofferraum geholt und ihr gezeigt, wie man sie auseinandernahm und lud. Während sie sich damit einschoß, war er dabeigestanden. Ohne zu ahnen, daß sie damit gerechnet hatte, er könnte selbst aufgerüstet sein, und wahrscheinlich mit Waffen wie dem Wiesel, die sie nicht sehen konnte. Ohne zu wissen, wie nahe sie daran war, ihm das Wiesel ins Gesicht zu schleudern, wenn er auch nur einen Moment lang falsch spielte, und mit Zähnen und Klauen um das Recht zu kämpfen, in diesem speziellen Augenblick auf diesem speziellen Fleck irdischen Morasts aufrecht stehenzubleiben.
Sie hatte einen weiteren Zeitabschnitt, einen weiteren Moment überlebt. Zur Feier kaufte sie sich eine Flasche Rum und trank die Hälfte davon in ihrem Versteck - nicht im Venice von Tampa, sondern auf der anderen Seite der Bucht in St. Petersburg, in einem imposanten alten Bürohaus mit grüner Dekobronze an den Fenstern und einer marmornen Eingangshalle, in der die Springflut ihre Spuren der Verwüstung hinterlassen hatte. Hoch über der Stadt, wo sie die Sonne über Tampa aufgehen und ihren Schein wie Goldgespinst auf den Brückenbögen sehen konnte, die sich über die Bucht spannten.
Sarah hat Grund, froh zu sein. Die Vorauszahlung des Hetman ist auf dem Konto des Krankenhauses, und Daud wird morgen früh ein neues Bein bekommen. Ihr Abschlußhonorar nach erledigter Arbeit wird die Bezahlung für das andere Bein sein.
Die Brandung zischt über den zerbröckelnden Betonstrand. Ein weiterer gepanzerter Wagen taucht auf, der von Andrei. Der Hetman öffnet seine Tür und wartet.
Andrei hält nicht viel von der cryogen-coolen Mode und kleidet sich statt dessen konservativ in Jeans, Stiefel und eine blaue Satinweste über dem T-Shirt. Er und Michael kommen zusammen, umarmen sich und unterhalten sich eine Weile abseits von den anderen auf Russisch. Michael eindringlich, Andrei beruhigend. Sarah schnappt hin und wieder ein Wort auf. Die Fahrer und Begleiter der beiden - hauptsächlich Leibwächter - sehen von ihren Fahrzeugen aus zu. Der Hetman reist heutzutage im Dreierkonvoi, und er hält den Hals starr gerade; das kommt von der gepanzerten Weste unter seiner bauschigen Uniformjacke. Er versucht für alles bereit zu sein, was seinem Gefühl nach in der Luft liegt.
Ein Fünftonner mit eigener Eskorte erscheint an der Baumgrenze und rumpelt auf den Sand herab. Der Hetman kehrt zur Klimaanlage in seinem Wagen zurück. Die Unterhaltung zwischen Cowboy und Warren hört auf, und sie schütteln sich die Hand. Warren geht zu seinem Wagen und fährt davon. Der Truck läßt die Ladeklappe herunter, und Cowboy überwacht das Umladen der Fracht. Der Hetman, ein Schatten hinter seinem spiegelnden Panzerglas, winkt oder gibt seinen Segen, und dann fährt sein Wagen samt Eskorte davon. Sarah steht allein da und spürt, wie der Asphalt unter ihren Stiefeln zerfließt.
Sie sieht wachsam zu und versucht zu erkennen, was wichtig ist. Mächtige Leute haben ihre eigenen Rituale, denkt sie, ihre eigene Art, etwas zu tun. Eine andere Haltung, einen anderen Stil. Firebud hatte ihr das gezeigt und ihr den Unterschied zwischen der Art eingedrillt, wie sich ein Gossenmädchen bewegt und wie ein Jock durch den Raum gleitet.
Der Unterschied fasziniert Sarah. Sie weiß, daß sich hier auf dieser verfallenen alten Durchgangsstraße Hierarchien bilden, daß Macht wechselseitig zur Schau gestellt und bestätigt wird. Aber sie weiß nicht, was wichtig ist und was nicht. Warren und der Steckerkopf schütteln sich die Hand, während Andrei und Michael einander die _abrazo_ geben. Drückt die Umarmung größeren Respekt aus, oder ist das umständlichere Ritual in der schattenhafteren Welt der Drittmänner nötig, wo Freundschaften dem Diktat des Vorteils unterliegen und Bündnisse wie Venice bei Hochwasser bröckeln können, wo größere
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