Harold - Einzlkind: Harold
kleine indische Mann blickt misstrauisch in Melvins Richtung. »Was soll das heißen?«
»Nun, Sie können ja nicht einfach so die Queen vor Ihren Laden stellen. Haben Sie vorher mal gefragt?«
»Die Queen?«
»Ja.«
»Nein.«
»Dann sollten Sie das kleine Malheur besser unter den Teppich kehren und sich wieder um Ihre Kühe kümmern.«
Zur Überraschung aller rennt der kleine indische Mann hinaus, um keine drei Sekunden später wieder reinzustürmen. Erneut hält er etwas in Händen, mit dem er wild hin und her fuchtelt, die Augen Blut unterlaufen. »Was ist das?«
Melvin begutachtet die Trophäe und findet das Lächeln eine Idee zu poststrukturalistisch. »Der Kopf der Queen?«
»Was ist das?« Der kleine indische Mann deutet auf strategische Punkte in Deckennähe.
»Überwachungskameras?«
»Davon habe ich auf dem Parkplatz noch fünf weitere installiert, die Tag und Nacht alles aufzeichnen, auch Mörder!«
Melvin geht von einer Patt-Situation aus und überlegt, wie er den Kanarienvogel zur Raison bringen kann. Harold findet die Bezeichnung Mörder treffend und möchte ins Gefängnis. Doch plötzlich verzaubert der kleine indische Mann sein Gesicht in einen Regenbogen der Freundlichkeit. Es sieht zwar nicht weniger wahnsinnig aus, hat aber von der Idee her grundsätzlich etwas Gutes zu bedeuten. »Sie möchten einkaufen?«
»Bananen«, sagt Jonny Danger.
»Kein Problem, ich übernehme persönlich Ihren Wunschzettel.« Der kleine indische Mann schnappt sich einen Einkaufswagen und wirft ohne hinzuschauen Dinge in ihn hinein. Sein Tempo ist beachtlich, er scheint ganz intuitiv eine genaue Vorstellung davon zu haben, was seine Kunden wünschen, ohne es überhaupt ausgesprochen zu haben. Manchmal verschwindet er hinter den Gängen, dann ist nur ein Klappern und Scheppern zu hören, bis er God Save the Queen flötend wieder auftaucht. Mit quietschenden Reifen stoppt er in Höhe des Warenbandes. Die Frau mit dem Beil sitzt schon an der Kasse. Eingekauft wird: eine Packung Henna für extra langes Haar, acht Tafeln Schokolade, fünf Beutel Kidneybohnen, ein Flakon Rosenwasser, ein grüner Sari mit Goldbrokatborten, eine Palette Mango Chutney, ein 24-teiliges Geschirr mit aufgemalten Elefanten, eine Bürste, zwei Kilogramm Basmatireis, drei Beutel Glasperlen, ein Tiger als Sparschwein, eine üppige Auswahl an CDs mit indischer Popmusik, eine Flasche Ingwerlikör, drei Päckchen Zahnseide, ein Päckchen Räucherstäbchen, zwei Paar Hauspantoffeln, ein Ganesha-Schlüsselanhänger, ein Deodorant, eine Überwachungskamera und zwei Bananen.
Das glaubt der Kuhhirte doch wohl nicht allen Ernstes. Melvin legt den Kopf schräg, er schiebt die Brille ein Stück die Nase hinauf und räuspert vornehm in seine kleine Faust hinein. »Ich denke, wir nehmen nur die zwei Bananen.«
»Das täte mir leid, dann müsste ich die Queen in Rechnung stellen. Eine ungefähre Ahnung, was sie kostet?«
Trilliarden, schätzt Harold.
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»Das Mango Chutney ist gar nicht so schlecht«, sagt Jonny Danger und wischt mit seinem linken Handrücken über den verschmierten Mund. Melvin sagt schon eine ganze Zeit lang gar nichts. Harold fährt. Die Gegend sieht nicht so aus, als würde die Polizei hier furchtbar gerne Streife fahren. Gestalten ohne Gesichter stromern hastig die Steige entlang, einige Müllsäcke vor den Häusern sind aufgerissen, hier und da ist das Geschrei groß. Ein Ort, um es sich mal richtig gut gehen zu lassen, sieht anders aus. Zum Glück muss niemand auf Toilette.
»Stop! Da ist ein Parkplatz. Einfach rückwärts rein.« Einfach rückwärts rein? Ist der Boxer dement? Harold kommt spontan in die Wechseljahre und transpiriert, als würde es kein Morgen geben. Er blickt in den Rückspiegel, die Lücke ist groß genug, weit und breit kein Mitglied der königlichen Familie zu sehen, das könnte klappen. Den Rückwärtsgang rein, vorsichtig Gas geben, Kupplung langsam kommen lassen, nach rechts einlenken, bremsen, Kupplung treten, den ersten Gang rein, Gas geben, Kupplung langsam kommen lassen, nach links einschlagen, bremsen, Kupplung treten. Nichts. Kein Knall, kein Inder. Nichts. Harold stellt den Motor ab. Alles ist gut. Sie steigen aus, es ist bereits dunkel geworden. Die Laternen kegeln muffiges Licht auf die Gehwege. Draußen stehen Damen, die noch arbeiten und für Geld wahre Liebe verkaufen. Jonny Danger geht schnurstracks auf ein Gebäude zu, das, hell erleuchtet, das kulturelle Zentrum der Straße zu sein
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