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Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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fanatische
Christin. In jedem Zimmer im Haus der Nunleys hingen Kreuze und Kruzifixe und
an jeder zweiten Wand Heiligenbilder. Anne Nunley war dünn, vertrocknet,
eingefallen und besaß so gut wie keine Freunde. Sie freute sich sogar, dass wir
kamen.
    Wir hatten
angenommen, dass die Witwe des Professors nicht sehr gesprächig sein würde,
erst recht nicht, nachdem wir die vielen Kreuze sahen. Anne redete vielleicht
nicht gerne mit anderen Professorengattinnen oder Nachbarinnen, aber mit uns
schon. Sie war eine überzeugte Anhängerin des Spiritualismus.
    Ich habe
schon viele überzeugte Gläubige kennengelernt, Christen, Juden, Hexengläubige,
Atheisten. Aber, soweit ich weiß, noch keinen einzigen überzeugten Muslim -
ganz einfach, weil ich noch nie näher mit einem Muslim zu tun hatte. Was ich
eigentlich sagen will, ist, dass die Religion, der man angehört, keinen großen
Einfluss auf das hat, was man glaubt oder nicht - jedenfalls nicht, wenn es um
die Dinge geht, mit denen ich mich beschäftige, also um den Kontakt mit Toten.
Man sollte eigentlich meinen, dass Atheisten nicht daran glauben, dass die
Seele nach dem Tod weiterlebt, aber einige glauben das trotzdem. Vielleicht
muss der Mensch einfach an irgendetwas glauben.
    Anne Nunley
dagegen schien eine fanatische, christliche Mystikerin zu sein.
    Nachdem sie
an die Tür gekommen war, um uns zu begrüßen und hereinzubitten, bat sie uns, im
Wohnzimmer Platz zu nehmen. Ungefragt brachte sie Kaffee und Kekse. Es war
gegen zehn Uhr morgens, und der Tag war sonniger als die Tage vorher. Es war
auch wärmer, so um die 12 Grad. Die Sonne fiel durch die nach Osten
hinausgehenden Fenster des alten Hauses. Am liebsten hätte ich mir einen warmen
Stein gesucht und mich gesonnt wie eine Eidechse.
    Tolliver und
ich warfen einen Blick auf das voll beladene Tablett, das Anne vor uns auf den
Couchtisch stellte. Übertriebener Perfektionismus, dachte ich. Anne Nunley war
fest entschlossen, die beste Witwe der Welt zu sein. Gleichzeitig schien sie
mir am Ende ihrer Kräfte. Der plötzliche, unerwartete Tod ihres Mannes hatte
eine kleine Explosion in ihrem Gehirn ausgelöst.
    »Was meinen
Sie, ist Clydes Seele noch auf dem Friedhof?«, fragte sie im Plauderton. »Ich
wollte ihn eigentlich auf dem Campus beerdigen lassen, ich finde, das passt.
Ich habe bei der Verwaltung angerufen, unter deren Zuständigkeitsbereich St.
Margaret fällt. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder? Er hat zehn Jahre am
Bingham-College gelehrt, er ist dort gestorben und war sowieso schon beinahe
dort begraben!«
    Ich
blinzelte. »Seine Seele ist nicht auf dem Friedhof«, sagte ich und beantwortete
damit ihre ursprüngliche Frage. Meine schlichte Bemerkung brachte Anne dazu,
fünf Minuten lang über das Leben nach dem Tode zu dozieren, über die bedeutende
Rolle von Geistern in der irischen Folklore (keine Ahnung, wie sie ausgerechnet
darauf kam) und über die unbestreitbare Tatsache, dass eine Geister welt existiert. In diesem Punkt
wollte ich ihr mit Sicherheit nicht widersprechen.
    Tolliver saß
einfach nur da und hörte zu. Anne interessierte sich kein bisschen für ihn,
sondern schien in ihm einfach nur einen schattenhaften Gefolgsmann von mir zu
sehen.
    »Clyde war mir niemals treu«, sagte Anne, »und das hat mir
ganz schön zu schaffen gemacht.«
    Sich eine
derartige seelische Blöße zu geben schien für sie vollkommen normal zu sein.
»Das tut mir sehr leid für Sie«, sagte ich behutsam.
    »Ach, wissen
Sie, Männer sind einfach Schweine. Als ich ihn geheiratet habe, war ich mir
sicher, dass alles so verlaufen würde, wie es sich gehört. Wir würden nicht
viel Geld haben, denn als College-Professor verdient man nicht besonders viel.
Aber wir würden einander respektieren, denn man benötigt schließlich ein
gewisses Maß an Intelligenz, um College-Professor zu werden, nicht wahr? Seinen
Doktortitel hatte er schon. Ich dachte, wir würden Kinder bekommen, die später
gratis aufs Bingham-College gehen könnten. Sie würden erwachsen werden und
eines Tages mit ihren Kindern zu uns ziehen, dieses Haus ist schließlich
riesig.«
    Es war in
der Tat ein großes Haus, mit Möbeln eingerichtet, die gerade antik geworden
waren. Wahrscheinlich stammten sie von Annes oder Clydes Eltern. Es war sauber
und ordentlich, aber nicht übertrieben, gemütlich, aber nicht teuer. Es war ein
schönes Haus, in einem alten Viertel mit großen Bäumen, deren Wurzeln den
Bürgersteig gesprengt hatten. Von der großen

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