Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11
Du kannst im Moment ohnehin nichts tun.
Bleib im Bett. Ich seh euch morgen früh. Dann dürfte meine Mutter ebenfalls
hier sein.«
»Manfred, du musst
zurück ins Motel, und schließ die Tür ab. Iss oder trink nichts im Krankenhaus,
verstanden?« Ich überlegte, ob ich ihm noch einen weiteren Rat geben konnte.
»Und bleib nicht mit irgendjemandem allein, verstanden?«
»Verstanden,
Süße.« Er schien nicht mehr ganz bei sich zu sein. »Ich steige jetzt ins Auto
und fahr zum Motel.«
»He, ruf mich an,
wenn du dort bist!«
Zehn Minuten
später rief er erneut an, um mir zu sagen, dass er in Sicherheit sei und sich
in seinem Zimmer eingeschlossen habe. Außerdem hätte er ein paar Reporter an
der Bar getroffen und ihnen erzählt, dass ihm jemand gefolgt sei. Sie seien
also in Alarmbereitschaft, so gut das Betrunkene überhaupt sein konnten. Sie
alle fanden es widerlich, dass man ihn an einem so traurigen Abend verfolgt
hätte. Aus irgendeinem Grund wussten sie bereits, dass Xylda gestorben war.
Vielleicht bestachen sie jemanden aus dem Krankenhaus, Nachrichtenzentrale zu
spielen.
Nichts von alledem
weckte Tolliver. Das überraschte mich, bis mir einfiel, dass er ja draußen
gewesen war, um Ted Hamilton zu helfen. Außerdem hatten wir ja auch drinnen
kräftig Körperübungen gemacht.
Es war nach drei
Uhr früh gewesen, als ich das letzte Mal mit Manfred gesprochen hatte. Ich lag
wach und betete einen kurzen Moment für ihn. Da ich wusste, dass er in
Sicherheit war und ich Xylda nicht mehr helfen konnte, schlief ich wieder ein.
11
Irgendwann in
dieser Nacht oder am frühen Morgen gab es wieder Strom. Wahrscheinlich geschah
es nach dem Morgengrauen, weil wir nicht davon wach wurden. Ich lag jedenfalls
im Bett und wunderte mich, warum die Zimmerlampe an war. Ich stehe dem Phänomen
Strom verständlicherweise mit gemischten Gefühlen gegenüber, aber an diesem Tag
freute ich mich über ihn. Ich streckte einen Zeh unter den aufgetürmten Decken
hervor, und er erfror nicht sofort. Das war schon mal ein gutes Zeichen. Und
meinem Arm ging es auch deutlich besser.
Ich quälte mich
aus dem Bett und ging ins Bad. Ich putzte mir die Zähne, wusch mich notdürftig,
zog mir etwas Frisches an und schaffte alles allein bis auf die Sache mit dem
BH. Ich ließ ihn einfach weg. Das würde nicht groß auffallen, da ich sowohl ein
Unterhemd als auch ein Sweatshirt trug. Wer sollte
da was sehen?
Zum Beispiel die
Polizei. Als ich nämlich gerade überlegte, wie ich saubere Strümpfe anziehen
sollte, klopfte es an der Tür. Im selben Moment wurde mir klar, dass ich auch
Schritte auf der Treppe gehört hatte. Ich hatte mich nur so sehr aufs Anziehen
konzentriert, dass ich nicht darauf geachtet hatte.
Ich war froh, dass
ich schon wach war und zur Tür gehen konnte, zumal ich Tolliver als meinen
Bruder vorgestellt hatte. Und jetzt war nur ein Bett benutzt worden.
Es hätte aber
natürlich auch sein können, dass ich zuerst aufgestanden war und mein Bett
bereits gemacht hatte, aber ich hatte keine Lust auf Erklärungen und diese
entsetzten Blicke, denen ich oft genug ausgesetzt bin.
Doch wie sich
herausstellte, hatte Sandra Rockwell andere Sorgen als unsere
Schlafgewohnheiten. Tolliver setzte sich staunend auf, als sie an mir vorbei in
die Hütte eilte und sich dort umsah. »Sheriff«, sagte ich, »was
ist los?«
Sandra sah unter
den Betten und im Bad nach, dann öffnete sie die Falltür und ging in den tiefer
gelegenen Lagerraum. Als sie wieder hochkam, wirkte sie entspannter, wenn auch
nicht glücklicher.
»Hören Sie, mir
gefällt nicht, was Sie da tun«, sagte ich, während Tolliver sich kaum die Mühe
machte, ihr den Rücken zuzukehren, während er aus seiner Schlafanzughose
schlüpfte und seine Jeans anzog. Sie musterte ihn gründlich genug, um sich die
Szene später wieder vor Augen führen zu können, und ich hätte ihr am liebsten
eine geknallt.
»Haben Sie Chuck
Almand gesehen?«, fragte sie.
Zu sagen, dass ich
überrascht war, wäre noch stark untertrieben gewesen.
»Nicht mehr seit
gestern. Da haben wir ihn gesehen. Warum sollten wir ihn gesehen haben? Was ist
mit ihm?«
»Können Sie mir
genau sagen, was passiert ist?«
»Ah, verstehe. Ich
wollte mich davon überzeugen, in der Scheune nichts übersehen zu haben.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dort etwas nicht stimmt. Also bin ich noch
mal hingefahren. Ich weiß, das war dumm von mir, aber ich dachte, ich käme
unbemerkt in die Scheune. Chuck
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