Harpyien-Träume
Er ließ einen dünnen Blitzstrahl hervorschießen.
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, brummte Trent. »Ein Schie ß stern.«
»Mit Kampfmoral«, bekräftigte Gloha.
»Ich finde ihn süß«, meinte Cynthia.
Der Stern hielt inne, wurde heller. »Tatsächlich? Na dann.« Z u frieden schoß er wieder zurück.
Es dauerte nicht lange, da wurde das Gebiet rötlich – Morge n dämmerungsfarben, und schließlich kehrte auch das Tageslicht zurück. Die Gefährten blieben stehen und blickten zurück. Sie befanden sich immer noch auf dem Weg, dessen glatte Oberfläche sie mit den Füßen ertastet hatten, und nichts bedrohte sie. Doch hinter ihnen lag der schwarze Klumpen der Nacht und bedeckte das Keulenheim und seine unmittelbare Umgebung.
»Dieses Kind hat es faustdick hinter den Ohren«, brummte Trent. »Das sind schon mindestens fünf Talente, die sie da gezeigt hat, und manche davon haben fast schon Magierkaliber. Ich wünschte, wir könnten den armen Eltern helfen, aber ich fürchte, sie werden allein damit zurechtkommen müssen.«
»Ja«, stimmte Gloha ihm zu. Sie war gar nicht auf den Gedanken gekommen, daß ein starkes Talent ein Problem sein könnte. Aber dieses Mädchen hatte viel zu viel Talent in viel zu jungem Alter; sie hatte gelernt, es zu gebrauchen, wenn auch zufallsabhängig, doch fehlte hier noch das notwendige Verantwortungsbewußtsein.
Sie folgten dem Pfad nach Norden und erreichten in überr a schend kurzer Zeit eine Lichtung mit einer großen Schilfrohrhütte in Form eines Stalls. Davor stand ein Amboß, auf dem man Hufe i sen schmieden konnte. Com-Puter hatte seinen Teil der Abm a chung eingehalten und ihnen einen direkten Weg zum Heim der Zentauren gewiesen. Sonst hätten sie wahrscheinlich sehr viel lä n ger gebraucht, und die Reise wäre um einiges beschwerlicher g e worden.
Trent blieb stehen und wandte sich an Cynthia. »Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, das Jugendelixier des Magiers Humfrey zu b e nutzen.«
Cynthia blickte ihn zweifelnd an. »Ich möchte aber niemanden täuschen, schon gar nicht die Zentauren. Ich bin ja in Wirklichkeit gar kein Kind mehr.«
»Sechzehn bist du in Wirklichkeit aber auch noch nicht«, wandte er ein. »In Xanth zählt meist das Äußere. Wir werden auch ni e manden täuschen oder betrügen. Wir passen dein Alter lediglich der Situation an.«
Sie zögerte dennoch. »Mein Körper mag zwar jung sein, aber mein Geist ist schon fast siebzehn. Ich könnte es ihnen nicht ve r übeln, wenn sie Einwände hätten.«
»Mein Geist ist sechsundneunzig«, erwiderte Trent gelassen. »Hat dich das etwa gestört?«
»Nein, bestimmt nicht. Du warst bewunderungswürdig klug und hilfreich.«
»Wenn ich tatsächlich sechsundzwanzig gewesen wäre… ich b e zweifle, daß ich mich immer so anständig benommen hätte, vor allem, als ihr den Oberkörper freigemacht oder als ihr mich wieder warmgeküßt habt. Alter und Erfahrung haben durchaus ihre Vo r züge.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Cynthia ihm verunsichert zu. »Aber schade, daß du nicht wirklich so jung warst. Dann hätte ich dir vielleicht Männergedanken eingeflößt, die zu meinen Fraueng e danken gepaßt hätten.«
Trent schürzte die Lippen, schaffte es aber, die Bemerkung zu ignorieren. Er wandte sich an Gloha. »Wir sind uns offensichtlich nicht ganz einig. Was meinst du dazu?«
»Ich meine, du solltest sie jünger machen und es die Zentauren entscheiden lassen. Wenn sie Cynthia nicht haben wollen, kann sie immer noch bei uns bleiben.«
»Aber dann werde ich neun Jahre alt sein!« protestierte Cynthia.
»Dein Geist wird sechzehn sein.«
»Das ist nicht dasselbe!«
Trent zuckte die Schultern. »Gut, dann wollen wir jetzt erst mal mit der Familie sprechen und das Elixier später benutzen, falls es angezeigt sein sollte.«
»Ja«, stimmte Cynthia ihm erleichtert zu.
Sie begaben sich zu dem Haus. Trent klopfte an die Tür, die zweigeteilt war und sich in der Mitte öffnete. Die Außenteile hi n gen an Scharnieren, genau wie bei einem Scheunentor. Ein Fra u engesicht erschien im Fenster und blickte erstaunt heraus. Dann wurde die Tür geöffnet. Vor ihnen stand eine reife Flügelzenta u renstute mit üppigen nackten Brüsten. »Gloha erkenne ich wieder«, sagte sie. »Aber nicht den Mann und auch nicht… ach, herrje!« Denn nun hatte sie Cynthias Flügel erblickt.
»Hallo, Chex. Ich bin Magier Trent, vorübergehend verjüngt. Ich begleite Gloha auf ihrer Suche nach dem idealen Mann. Das hier ist
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