Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 04 - Das Julius-Haus
Der und Shelby standen an der Verandaseite, wo Angel und ich sie sehen konnten. Das passte Jack Burns nicht, so viel konnte ich sehen, aber er konnte unseren Ehemännern kaum erzählen, sie sollten verschwinden, wenn Angel und ich unschuldige Zuschauerinnen bei der Tragödie einer anderen Familie waren.
„Können wir nach drinnen gehen?“, fragte er mit so viel Freundlichkeit, wie er aufbringen konnte.
Angel hatte sich in ihrem Sitz vorgeschoben, als wolle sie aufstehen, als ich sagte: „Das möchte ich eigentlich nicht.“ Sie warf mir einen erstaunten Blick zu und versuchte, sich so unauffällig zurückzulehnen, als hätte sie sich nie bewegt. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Martin überrascht geblinzelt hatte, und Shelby hatte sich zur Seite gedreht, um ein Grinsen zu verbergen.
Auch Lynn, Lanier und Jack Burns wirkten verblüfft.
Ich wollte nicht, dass man in mein Haus eindrang.
„Nun, es ist ein ziemlich schöner Tag“, sagte Lanier geschmeidig.
„Warum bist du aufs Dach geklettert, Roe?“, fragte Lynn.
„Angel und ich haben Frisbee gespielt.“
Lanier sah von Angel zu mir, verglich unsere Größe und legte eine Hand vor den Mund, um sein Lächeln zu verbergen.
„Angel hat das Frisbee geworfen, Wind kam auf, und er flog aufs Dach. Ich habe die Leiter geholt, bin hochgeklettert, habe mir das Frisbee geschnappt und – sie gefunden.“
„Sie waren dabei, Mrs. Youngblood?“, fragte Lynn freundlich.
„Ich habe die Leiter gehalten. Ich habe Höhenangst.“
„Was ist mit Ihrem Gesicht passiert, junge Frau?“, fragte Burns mit zärtlicher Anteilnahme.
„Ich bin auf dem Kiesweg gestürzt und konnte mich nicht rechtzeitig abfangen“, sagte Angel. Ihre Hände, die auf den Armlehnen ruhten, waren völlig locker.
„Was ist mit Ihnen, Mr. Bartell?“, fragte Lynn plötzlich, als sie in ihrem Sitz herum schwang und Martin ansah. „Wo waren Sie, als Roe aufs Dach geklettert ist – und Sie, Mr. Youngblood?“
„Ich bin vom Flughafen hergefahren. Ich bin angekommen, als meine Frau gerade auf dem Dach war“, entgegnete Martin. „Ich war auf Geschäftsreise.“
„Ich habe geschlafen“, sagte Shelby.
„Sie arbeiten heute nicht?“
„Ich fühlte mich heute früh nicht wohl und bin nicht gegangen. Eigentlich ging es mir gestern Nachmittag schon plötzlich sehr schlecht. Ich bin nach Hause gefahren und war seitdem nicht mehr dort.“
Shelby hatte damit schön erklärt, warum er am Vortag, nachdem Angel ihn angerufen hatte, so hastig die Arbeit verlassen hatte. Ein „Nur-für-den-Fall“-Manöver, dachte ich.
Das war alles, was Lynn unter den gegebenen Umständen fragen konnte. Vielleicht waren es auch ein oder zwei Fragen mehr, als sie uns hätte stellen sollen, wenn ich es recht bedachte.
„Ich bringe meine Frau jetzt rein, sie steht unter Schock“, sagte Martin. Die Polizeiwagen verschwanden einer nach dem anderen, aber Anwohner kamen nach und nach vorbeigefahren; jemand hatte den Funk abgehört. Ein Leichenwagen vom Beerdigungsinstitut Morrilton bog in unsere Einfahrt, und ich konnte es plötzlich kaum erwarten, im Haus zu sein.
Es gab keinen Grund für mich, draußen zu bleiben, also nickte Lynn. Shelby und Angel kamen mit uns mit. Martin zog an der Vorhangkordel im Wohnzimmer und versperrte den Blick auf die vorbeifahrenden Fahrzeuge und die Männer vom Beerdigungsinstitut. Aber nichts konnte die Geräusche vom Dach ausblenden.
KAPITEL VIERZEHN
Ich wollte, dass die Youngbloods in ihre Wohnung gingen. Ich wollte den verrückten Axtmann und die Gebeine auf dem Dach vergessen. Ich wollte einen alten Film im Fernsehen sehen, während ich mit einer großen Schüssel Popcorn und möglicherweise einem Bier auf dem Sofa lag. Ich wollte mit Martin hochgehen, sobald er Film vorbei war. Oder sogar davor.
Aber er hatte andere Vorstellungen, wie ich seufzend feststellte.
Er versammelte uns um den Tisch in der Küche.
„Also, was ist gestern passiert?“, fragte er.
Ich erzählte es ihm noch al, und dann berichtete Angel ihren Teil, wobei ihr Gesicht ein besseres Zeugnis ablegte als ihre Worte.
Ich lehnte mich verdrießlich in meinem Stuhl zurück. Eine Nacht mit kaum Schlaf und zwei Tage gefühlsmäßiger Achterbahnfahrten forderten ihren Tribut. Ich war sehr entkräftet und war die Krisen leid. Ich wollte, dass das alles verschwand, wenn auch nur für kurze Zeit, damit ich eine meiner langsamen Annäherungen vornehmen und mich an alles gewöhnen konnte. Aber natürlich
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