Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
im Spiegel, vor dem ich stand, um mein Make-up aufzutragen. Ab jetzt würde ich keine Spekulationen über deprimierende Dinge mehr anstellen, ich würde losziehen, um mir für den heutigen Abend ein Kleid zuzulegen! Ich würde herausfinden, ob Emily Kaye mein Angebot angenommen hatte, ob sie das Haus in der Honor Street kaufen wollte. Wie schön es wäre, könnte ich dieses kurze Kapitel in meinem Leben abschließen, die Sache mit Janes Haus regeln und all meinen Besitz in ein Haus schaffen, das wirklich mir gehörte. Wie geordnet sich mein Leben anfühlen würde! Erneut dachte ich an das Juliushaus, an die Sonne, die durch die Fenster schien, die warme Küche, die Veranda.
„Dir würde es auch gefallen!“, sagte ich zu Madeleine, die mitten auf dem Schlafzimmerteppich einen Fleck Sonnenlicht gefunden hatte, in dem sie saß und mich mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. Sofort legte sie sich auf den Rücken, damit ich ihr den Bauch kraulte, einen Gefallen, den ich ihr gern tat. Zusammen gingen wir nach unten, um ihren Wassernapf frisch zu füllen und eine Dose Katzenfutter aufzumachen.
Ehe ich mich auf den Weg nach Atlanta zu meinem Laden für kleine Frauen machte, rief ich bei Mutter im Büro an. Eileen teilte mir mit, die Polizei habe ihr den Vertrag für mein Haus ausgehändigt. Er hatte, von Emily Kaye unterschrieben, bei Idella im Auto gelegen. Die von mir verlangten Änderungen waren mit Bleistift eingetragen. Emily hatte von sich aus, gleich nachdem sie von Idellas Tod gehört hatte, bei Select Realty angerufen, um zu bestätigen, dass sie mit dem Kaufpreis einverstanden war. Auch gegen die Mitnahme der Waschmaschine und des Trockners hatte sie nichts einzuwenden. Also fuhr ich erst einmal im Büro vorbei und unterschrieb den Vertrag. Janes Haus war auf dem besten Weg, Emilys zu werden, ohne je wirklich meines gewesen zu sein.
Natürlich hätte ich nicht bis Atlanta zu fahren brauchen, um mir ein neues Kleid anzuschaffen, da ich auch ganz einfach in den Laden von Aminas Mutter hätte gehen können. Aber mir schwebte etwas Besonderes vor, etwas, das Amina als „Später, Schatz!“-Kleid bezeichnete. Laut Amina verriet das, was eine Frau zu einer Verabredung trug, ihrem Partner allerhand. Sie musste es wissen, sie war schon auf der Highschool die Expertin für Verabredungen schlechthin gewesen und hatte sich ihre Kleidung immer mit derselben Sorgfalt zusammengesucht wie das entsprechende Make-up. Amina blickte auf eine lange, sehr erfolgreiche Karriere mit unterschiedlichen Männern zurück. Was bei ihr geklappt hatte, konnte auch für mich nicht ganz falsch sein.
In Bezug auf ein „Später, Schatz!“-Kleid hatte sie mir folgendes geraten: „Es muss so ehrbar sein, dass du darin problemlos deiner Mutter begegnen kannst, ohne rot zu werden. Aber irgendwie muss es dem Mann auch zuraunen, dass es noch ein Später gibt.“
Bei Short’n’Sweet (he, der Name stammte nicht von mir!) war an diesem Vormittag nicht viel los. Die Verkäuferin, die mich nicht zum ersten Mal bediente, freute sich über meinen Anblick. Mir war es unangenehm, ihr direkt zu beschreiben, wonach ich suchte, aber irgendwie schaffte ich es auch so, das perfekte Kleid aufzutreiben. Es war ein Strickkleid, weich, beige und formlos, das sich jedoch eng an den Körper schmiegte. Ein großer Ausschnitt sorgte dafür, dass die Schultern unbedeckt blieben, was natürlich nicht ohne einen trägerlosen BH ging, den ich mir auch gleich noch kaufte. Dazu kamen dann noch ein Paar große, goldene Ohrringe und ein Paar Schuhe – insgesamt verhalf ich „meiner“ Verkäuferin zu einem sehr zufriedenstellenden Nachmittag. Was für eine Wandlung: Früher pflegte ich meine Kleidung zehn Jahre und länger zu tragen, in meinem Kleiderschrank hingen immer noch Sachen, die aus meiner Highschool- und College-Zeit stammten, und jetzt schaffte ich mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein neues Kleid an.
Gut gelaunt gönnte ich mir ein Mittagessen in der Stadt und kehrte auch noch bei meinem Lieblingsbuchladen ein, weswegen ich mit reichlich guten Dingen beladen nach Lawrenceton zurückkehrte.
Als ich von der Autobahn abgefahren war, schaltete ich den lokalen Radiosender ein, da gerade die Nachrichten anfingen. „In Lawrenceton befragt die Polizei einen ersten Verdächtigen im Mordfall an einer Maklerin“, verkündete die Sprecherin in lebhaftem Plauderton. „Heute früh wurde ein bekannter Geschäftsmann der Stadt zu einem Verhör in Bezug auf
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