Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
irgendeine Beschäftigung zu suchen, setzte ich mich auf die Ottomane neben meinem Lieblingssessel. Auf dem Tischchen neben mir lag das Buch, das ich gerade las, aber ich beachtete es nicht. Das Kleid wollte ich erst in letzter Sekunde anziehen, es hing innen an der offenen Badezimmertür, sehr elegant und festlich, fast, als wolle es mich und meine Stimmung verspotten. Unbeteiligt starrte ich vor mich hin, in Gedanken ganz bei Martin. Wie wäre es wohl ohne ihn? Wie wäre es, säße er im Gefängnis oder stünde vor Gericht?
Ich brauchte ihn ebenso sehr wie er mich.
Die Türklingel schreckte mich hoch. Rasch zog ich den Bademantel aus, streifte mir das Kleid über, hatte in Sekundenschnelle den Reißverschluss hochgezogen. Als letztes schlüpfte ich in die hochhackigen Pumps und stöckelte zur Tür, vage verwundert darüber, dass alles um mich herum so seltsam verschwommen aussah.
Martin holte bei meinem Anblick tief Luft. Den Ausdruck, mit dem er auf mich heruntersah, vermochte ich allerdings nicht zu lesen.
„Geht das so? Wie sehe ich aus?“, fragte ich, mit einem Mal sehr durcheinander.
„Oh, ja“, sagte er. „Oh ja!“
„Magst du die Frisur?“, fragte ich ängstlich, als er mich weiterhin einfach nur anstarrte. „Gefällt sie dir?“
„Sehr!“ Endlich trat er über die Schwelle, so dass ich die Tür schließen und die Kälte aussperren konnte. Er trug einen schwarzen Mantel, das weiße Haar leuchtete auffallend und attraktiv.
Wieder einmal beschlich mich das beunruhigende Gefühl, er sei erwachsen und ich noch lange nicht.
„Wo ist deine Brille?“, wollte er wissen.
„Oh!“ Deswegen hatte also alles so fremd ausgesehen. Ich entdeckte sie auf dem Tischchen neben meinem Lieblingssessel und setzte sie eilig auf. „Ich habe es mit Kontaktlinsen versucht“, verteidigte ich mich, ohne dass Martin etwas gesagt hätte. „Aber ich gehöre zu den Menschen, die keine tragen können. Sie haben mich einfach wahnsinnig gemacht.“
„Ich bin froh, dass du eine Brille trägst.“
„Warum?“
„Weil dich dann außer mir niemand ohne sieht.“ Martin drückte mir einen Kuss auf die Wange. Sanft rühren seine Finger an meiner Kehle entlang. Ich erzitterte. Meine Angst hatte sich gelegt, seit er bei mir war. In seiner unmittelbaren Nähe konnte ich nicht anders, als einfach fest daran zu glauben, dass Martin sich schon nicht verhaften lassen würde.
„Komm mit ins Badezimmer, vor den Spiegel“, bat er.
„Warum?“
„Nur ganz kurz, komm mit.“
„Löst sich meine Frisur schon auf?“ Besorgt fuhren meine Hände nach oben.
„Nein, nein!“ Martin grinste.
Also trat ich im Badezimmer vor den Spiegel. Martins Gesicht ragte hinter mir auf. Er zog die Handschuhe aus und ließ die rechte Hand langsam in seine Manteltasche gleiten.
„Eigentlich müsste ich jetzt vor Angst erstarren“, schoss mir durch den Kopf.
Aber wenn er mich töten wollte, würde er das tun, ob ich mich nun fürchtete oder nicht. Tief luftholend sah ich tief in seine Augen im Spiegel – währenddessen zog er ein graues, samtbeschlagenes Schächtelchen aus der Tasche, um es auf die Ablage zu legen. Sanft und erfahren löste er die schlichten goldenen Ringe aus meinen Ohren, öffnete die Samtschatulle und ersetzte sie, ohne auch nur eine Sekunde lang unbeholfen zu fummeln, durch wunderschöne Gehänge aus Amethyst und Gold.
„Martin!“ Ich war erschüttert, fühlte ich mich doch wie eine Autofahrerin, die es in letzter Sekunde noch geschafft hatte, am Rande eines Abgrunds die Handbremse zu ziehen.
„Liebling, gefallen sie dir?“, fragte er.
„Oh ja!“ Es fiel mir schwer, nicht in Tränen auszubrechen. „Ja. Sie sind herrlich.“ Meine Hände zitterten so, dass ich die Fäuste ballen musste, damit er es nicht mitbekam.
„Du hast doch erzählt, dein Geburtstag sei im November.“
„Das stimmt.“
„Wir haben November. Ich wusste nicht, an welchem Tag du Geburtstag hast, aber ich wollte dir etwas schenken. Ich weiß, Topas dein Geburtsstein, aber von den Steinen, die ich mir angesehen habe, schien mir keiner warm genug. Diese Ohrringe sehen aus wie du, und falls du es noch nicht gewusst haben solltest: Du siehst heute Abend besonders schön aus.“
Die Steine schimmerten, die Amethyste waren rechteckig, gesäumt von winzigen Diamanten.
„Ich bin ganz überwältigt, Martin, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Wahrere Worte hatte ich selten ausgesprochen.
„Sag mir, dass du mich liebst.“
Ich sah
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