Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
zwischen sich und dem SUV einklemmen.
Ivy sprang hoch und landete auf der Motorhaube des SUV.
Remus ließ sich fallen, um darunter durchzurollen. Holly heulte lautstark, als der Van zum Stehen kam. Auf der Fahrbahn dampfte ein hässlich grüner, rostiger Chevy. Kühlerflüssigkeit lief aus, aber der Motor lief noch. Das Ding wog wahrschein-447
lich mehr als der Van und der SUV zusammen, und es würde schon eine Atombombe brauchen, um ihn zu zerstören.
»Holly!«, schrie Mia und rannte zu ihrer Tochter.
Ich zog mich nach oben, um mich ans Auto zu lehnen, und erstarrte, als Tom aus dem Chevy auftauchte. Hurensohn! Es war nicht Ms. Walker, von der sich Mia verfolgt gefühlt hatte, sondern Tom.
Mit einem scheußlichen Knurren warf sich Ivy vom Dach des SUV auf Mia.
»Gott, nein«, flüsterte ich. Ich zitterte so stark, dass ich kaum gehen konnte. Trotzdem stolperte ich vorwärts. Mia hatte eine Hand um Ivys Kehle gelegt und fing mit grausamer Miene an, sie zu töten. Der Strahler über uns tauchte alles in grelles Licht. Ivy kämpfte, und ihre Zähne glänzten auf, als sie sich wand.
Hollys harsches Weinen erklang weiterhin, und meine Augen schossen zu Remus und Tom. Die Faust der Kraftlinienhexe war in purpurnen Schein getaucht, aber der wütende Mensch hatte sie sich einfach geschnappt und drückte zu, bis Tom vor Schmerzen aufschrie. Remus verpasste Tom zum Abschied noch einen harten Tritt, dann ließ er ihn mit gebrochener Hand auf dem Boden liegen. Ich bewegte mich, und Remus Kopf schoss zu mir herum. Seine schwarzen Augen fixierten mich drohend und warnten mich, auch nur eine Bewegung zu machen. Es waren die Augen eines Wolfs, und ich erstarrte. Er drehte sich weg. Im Gefängnis ging eine laute Sirene los, und plötzlich war der gesamte Parkplatz in gleißendes Licht getaucht. Wo zur Hölle waren sie bis jetzt gewesen?
Mit ruhigen Bewegungen holte der Massenmörder sein schreiendes Kind aus dem kaputten Van und beruhigte es.
Während er ein Wiegenlied sang, sah er sich nach seiner Frau um.
»Ivy«, hauchte ich, weil ich sie unbeweglich auf dem Boden liegen sah. Mia kniete mit dem Rücken zu mir neben ihr, ihr 448
blauer Mantel um sie ausgebreitet, so dass sie wirkte wie ein Greifvogel, der seine Beute mit den Flügeln bedeckt. Stolpernd wankte ich zu ihnen und schrie: »Gehen Sie weg von ihr!«
Remus erreichte sie zuerst und riss Mia mit einer Hand hoch.
»Lass mich los!«, schrie die Frau und kämpfte gegen ihn, aber er schleppte sie zu Toms laufendem Wagen, öffnete die Beifahrertür und warf sie fast hinein. Hollys Gekreische kon-kurrierte mit der Alarmanlage des Gefängnisses, aber sie wurde leiser, als Remus Mia seine Tochter gab und die Tür zuknallte.
Mit einem wütenden Blick zu mir stampfte er um das Auto herum und stieg ein. Der Motor heulte auf. Tom rollte sich aus dem Weg, als Remus Gas gab und auf die Straße zuhielt.
Schneematsch spritzte über uns, dann waren sie weg.
Ich fühlte mich, als würde jeden Moment mein Herz explodieren, wankte zu Ivy und ließ mich neben ihr im Schnee auf die Knie sinken. »Oh, mein Gott, Ivy. Ivy!«, rief ich, drehte sie auf den Rücken und zog ihren Oberkörper in meine Arme. Ihr Kopf hing schlaff zur Seite, und sie hatte die Augen geschlossen. Ihre Haut war bleich, und die Haare hingen ihr ins Gesicht.
»Verlass mich bloß nicht, Ivy! Ich kann nicht weiterleben, wenn du tot bist!«, schrie ich. »Ivy, hörst du mich?«
Oh, Gott. Bitte nicht. Warum muss ich so leben?
Tränen liefen mir über das Gesicht, und ich unterdrückte ein Schluchzen, als sie die Augen öffnete. Sie waren braun, und ich jubilierte. Sie war nicht tot, oder untot, oder was auch immer. Sie hielt ein verblasstes purpurnes Band in der Hand, an dessen Ende eine Münze hing. Ihre Finger umklammerten es, als wäre es das Leben selbst. »Ich habe ihn zurückgeholt«, keuchte sie, und in ihren verschleierten Augen stand Triumph.
»Sie verdient keine Liebe.«
Aus dem Gebäude hinter uns drang immer noch dieses schreckliche Geräusch, und ich konnte Männer hören, die auf uns zukamen. Ivy holte einmal Luft, dann noch einmal. »Ich brauche … Rachel?«, flüsterte sie. Dann gelang es ihr, mich 449
richtig anzusehen. »Scheiße«, hauchte sie. Ich drückte sie fester an mich und wiegte sie hin und her, in dem Wissen, dass sie noch am Leben war. Sie war nicht gestorben, und ich hielt keine Untote.
»Alles wird gut. Du kommst in Ordnung«, sagte ich, ohne zu wissen, ob es die
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