Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
gewesen. Sie hatte etwas gefunden, und sie wür-172
de der Spur mit kaltem Stahl in der Hand folgen, noch vor Sonnenaufgang. Scheiße. »Du warst beim Boot.«
Ihr perfektes, ovales Gesicht war friedlich, aber die entschlossene Ungeduld in ihren Schritten brachte meinen Magen dazu, sich zu verkrampfen. »Aber ich weiß noch nicht, wer noch da draußen war, wenn du das wissen willst. Hast du heute Abend nicht ein Date mit Marshal?«
»Es ist kein Date.« Ich ignorierte Jenks, der neben uns schwebte und frustriert Staub verlor. »Er rettet mich vor meiner übereifrigen Mutter. Wieso das Schwert, wenn du nicht weißt, wer auf dem Boot war?«
»Zur Hölle mit dem Schwert, Ivy«, schrie Jenks, und mich wunderte es nicht, dass seine Kinder inzwischen flüsternd in den Dachbalken des Altarraums saßen. »Das hier ist ernst! Er ist seit Monaten hier! Hat ihre Klingeltöne geändert und meine Katze verängstigt. Hat uns ausspioniert.«
»Pierce spioniert uns nicht hinterher. Gott, Jenks, entspann dich!«, rief ich, und Ivy kam mit ihrem Schwert, einem Lappen und dem Putzmittel, das sie für den Stahl verwendete, aus ihrem Zimmer. »Mir macht es nichts aus, das Abendessen bei meiner Mom zu schmeißen. Willst du einen Frauenabend?«, fragte ich und beäugte ihre Klinge.
»Nein, aber danke für das Angebot.« Ivy zog die Klinge ein paar Zentimeter heraus und der beißende Geruch von geöltem Metall stieg mir in die Nase. »Ich habe einen Blick auf die Liste von Leuten geworfen, die Piscary im Gefängnis besucht haben.« Ihr Lächeln jagte mir einen Schauer über den Rücken, und als ich den Blick senkte, fügte sie hinzu: »Das Schwert erleichtert den Gesprächsbeginn. Rynn …« Leichte Röte legte sich auf ihr bleiches Gesicht, und sie ging Richtung Küche.
»Ich bin nicht sein Nachkomme, aber ich darf mich auf ihn stützen.«
Ich presste die Lippen zusammen und konnte nicht anders, als mich zu fragen, was sie ihm im Austausch dafür gab. Dann 173
unterdrückte ich diese Gedanken. Ging mich nichts an. Solange Ivy glücklich war, war ich es auch.
»Und hat dein Gespräch mit Ford irgendwas ans Licht gebracht?«, fragte Ivy über die Schulter. Ich wanderte hinter ihr her Richtung Küche.
»Nur, dass wir einen verfickten Geist haben!«, sagte Jenks laut genug, dass es mir in den Augen wehtat. Rex tapste direkt hinter Ivy her, mit aufmerksam hochgeklappten Ohren. »Hörst du nicht zu? Ich glaube, es ist einer ihrer Exfreunde, den sie umgebracht hat, der uns jetzt belauscht.«
»Jenks. Hör mir zu. Pierce ist kein Exfreund«, sagte ich genervt. »Ich kannte ihn nur eine Nacht lang. Und er war tot, als ich ihn gefunden habe.«
Ivy lachte leise. »Als du in der I. S. gearbeitet hast, konntest du dich an einem Nachmittag verlieben«, sagte sie. Dann:
»Aber er ist tot?«
»Das sage ich doch ständig!«, schrie Jenks und schoss zwischen ihr und mir hin und her. »Bei Tinks kleinen grünen Unterhosen! Hast du Fairystaub in den Ohren?«
Ich trat durch einen schimmernden grünen Vorhang aus glit-zerndem Funkeln in die Küche. Der Raum war ein einziges Chaos, und ich lief rot an, als Ivy stehen blieb und sich umsah.
Meine Zauberzutaten-Schränke standen alle offen, überall lag Zeug auf den Arbeitsflächen - deutliche Hinweise darauf, dass ich die Ortungsamulette angerührt hatte. Ich hätte den Dämonenfluch verwenden und es hinter mich bringen sollen, denn die letzten zwei Stunden waren nur Zeitverschwendung gewesen. Ich hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, die letzten sechs Tränke zu aktivieren. Sie standen hinten auf dem Tresen.
Ford schaute auf. Er stand in der hinteren Ecke des Raums, wo er sich hinbewegt hatte, um mit Pierce zu reden. Neben ihm lagen das selbst gebastelte Ouija-Brett und ein kleines Notizbuch. Fords krakelige Handschrift füllte eine Seite. Als er uns sah, wischte er Cookie-Brösel von seinem Hemd und lehnte 174
sich zurück. Ich fragte mich, ob ich wohl Pierce begrüßen sollte. Er war hier … irgendwo.
»Ich werde es ihr sagen«, meinte Ford sanft, als Rex in den Raum klingelte und sich um seine Füße wand. Der Psychiater sprach eindeutig nicht mit uns, und sein Amulett nahm ein dankbares tiefes Blau an.
Jenks schoss durch den Raum wie ein Kolibri auf Steroiden.
»Ihr was sagen? Was hat der Geist gesagt?«, fragte er. Ich starrte ihn böse an. Seine Paranoia wurde langsam ermüdend.
Ivy schob vorsichtig einen Sack mit Kräutern zur Seite, um Platz für ihr Schwert zu machen. Ihre
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