Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
sehen waren jedoch zwei Kameras an den vorderen Ecken des Geb ä udes und mehrere geparkte Wagen, allerdings keine Lieferwagen der Firma. Die zwei Garagentore an der Vorderseite waren geschlossen.
Bosch mußte einen Schalter betätigen, sein Anliegen vortragen und seine Dienstmarke vor einer Ü berwachungskamera hochhalten, bevor das Tor automatisch zur Seite rollte. Nachdem er neben einem braunen Lincoln mit kalifornischem Nummernschild geparkt hatte, gingen sie ü ber den staubigen, nicht asphaltierten Parkplatz zu einer T ü r mit der Aufschrift B ü ro. Er fuhr sich mit der Hand hinten ü ber die H ü fte und wurde von dem Gef ü hl der Waffe unter dem Jackett etwas beruhigt. Die T ü r ö ffnete sich in dem Moment, als er seine Hand nach dem T ü rknopf ausstreckte. Ein Mann mit einem vernarbten, sonnengegerbten Gesicht und einem Stetson auf dem Kopf trat heraus und z ü ndete sich eine Zigarette an. Er war ein Anglo, und Bosch glaubte ihn als den Fahrer des Lieferwagens, den er in Los Angeles gesehen hatte, wiederzuerkennen.
» Letzte T ü r links «, sagte der Mann. » Er erwartet sie.«
» Wer ist er? «
» Er.«
Der Mann mit dem Stetson l ä chelte, und Bosch glaubte, sein Gesicht w ü rde gleich vor Lachen platzen. Sie traten durch die T ü r in einen holzget ä felten Flur, der von hier aus nach hinten verlief. An der linken Wand befand sich ein Empfangsschreibtisch, gefolgt von drei T ü ren. Hinten endete der Gang an einer vierten T ü r. Eine junge mexikanische Frau sa ß am Empfang und betrachtete sie schweigend. Bosch nickte, und sie gingen an ihr vorbei nach hinten. An der ersten T ü r waren die Buchstaben USDA angebracht. Die beiden n ä chsten T ü ren trugen keine Aufschrift. Auf der T ü r am Ende des Flurs stand:
GEFAHR! RADIOAKTIVE STRAHLUNG!
UNBEFUGTER ZUTRITT VERBOTEN!
Daneben hingen Schutzbrillen und Staubmasken an einem Haken. Harry ö ffnete die letzte T ü r links. Sie f ü hrte zu einem kleinen Vorzimmer mit Schreibtisch, jedoch ohne Vorzimmerdame.
» Hier herein, bitte «, rief eine Stimme aus dem n ä chsten Zimmer.
Bosch und Aguila betraten ein gro ß es B ü ro, das von einem m ä chtigen Stahlschreibtisch in der Mitte beherrscht wurde. Dahinter sa ß ein Mann in einem hellblauen Guyaberra-Hemd, der dabei war, etwas in eine gro ß e Kladde einzutragen. Neben ihm stand ein Styroporbecher mit dampfendem Kaffee. Durch die Jalousien am Fenster hinter ihm kam ausreichend Licht, so da ß er die Schreibtischlampe nicht ben ö tigte. Er war circa f ü nfzig Jahre alt und hatte graue Haare mit einigen herauswachsenden schwarzen Str ä hnen, die gef ä rbt Waren. Auch er war ein Gringo.
Der Mann sagte nichts und fuhr fort zu schreiben. Bosch blickte sich um und sah die vier Fernsehmonitore des Ü berwachungssystems auf einem Regal neben dem Schreibtisch. Er erkannte die Schwarzwei ß bilder vom Tor und von den Vorderseiten des Geb ä udes. Das vierte Bild war sehr dunkel und zeigte den Laderaum mit einem wei ß en Lieferwagen, dessen R ü ckt ü ren ge ö ffnet waren und der von drei M ä nnern mit gro ß en, wei ß en Kisten beladen wurde.
» Ja? « sagte der Mann, der immer noch nicht aufgesehen hatte.
» Ziemlich viel Sicherheitsma ß nahmen f ü r ein paar Fliegen.«
Jetzt sah er auf. » Entschuldigung? «
» Ich wu ß te nicht, da ß sie so wertvoll sind.«
» Was kann ich f ü r Sie tun? « Er warf seinen Kugelschreiber auf den Tisch, um seinem Unmut Ausdruck zu geben, da ß Bosch das R ä derwerk des internationalen Handels zum Stoppen brachte.
» Harry Bosch, Los Angeles Poli…«
» Das sagten Sie bereits am Tor. Was kann ich f ü r Sie tun? «
» Ich bin hier, um mit Ihnen ü ber einen Ihrer Angestellten zu sprechen.«
» Name? « Er griff nach dem Kugelschreiber und begann wieder, in die Kladde zu schreiben.
» Wissen Sie was? Ich w ü rde erwarten, da ß ein Polizist, der dreihundert Meilen zur ü ckgelegt und eine Grenze ü berquert hat, nur um Ihnen ein paar Fragen zu stellen, ein bi ß chen Interesse verdient h ä tte. Bei Ihnen jedoch nicht. Und das ä rgert mich.«
Der Kugelschreiber schlug diesmal h ä rter auf und flog in den Papierkorb neben dem Schreibtisch.
» Detective, mir ist ganz egal, ob Sie das ä rgert oder nicht. Ich habe eine Lieferung verderblicher Ware, die um vier Uhr hier raus mu ß . Ich kann es mir nicht leisten, Ihnen Interesse vorzuheucheln. Also, wenn Sie mir jetzt bitte den Namen des Angestellten geben w ü rden – falls es ein
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