Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
und feucht. Ihre langsamen, gleichm äß igen Bewegungen entf ü hrten ihn dorthin, wohin nichts in der Welt ihnen folgen konnte.
Als sie beide ruhten, sie immer noch auf ihm liegend, bekam er Schuldgef ü hle. Er dachte an Sylvia Moore. Wie konnte eine Frau, die er erst in der Nacht zuvor kennengelernt hatte, sich hierbei in seine Gedanken dr ä ngen. Aber das hatte sie. Er fragte sich, woher das Schuldgef ü hl kam. Vielleicht aus der Zukunft, die vor ihnen beiden lag.
Er glaubte, das kurze und hohe Bellen des Kojoten in der Ferne hinter dem Haus zu h ö ren. Teresa hob den Kopf von seiner Brust, und dann h ö rten sie das einsame Heulen des Tieres.
» Timido «, h ö rte er sie leise sagen.
Schuldgef ü hle erf ü llten ihn wieder. Er dachte an Teresa. Hatte er sie dazu ü berlistet, sich ihm anzuvertrauen? Er glaubte nicht. M ö glicherweise waren es wieder Schuldgef ü hle, die sich auf die Zukunft bezogen. Auf das, was er mit der Information anfangen w ü rde.
Sie schien zu f ü hlen, da ß er in Gedanken nicht mehr bei ihr war. Vielleicht schlug sein Herz anders oder seine Muskeln verkrampften sich etwas.
» Nichts «, sagte sie.
» Was? «
» Du hast gefragt, was ich tun werde. Nichts. Ich werde meine Nase in diesen Schei ß nicht mehr reinstecken. Wenn sie die Sache begraben wollen, sollen sie es meinetwegen tun.«
Sie w ü rde eine ausgezeichnete Chef ä rztin der Gerichtsmedizin von Los Angeles County sein. Er f ü hlte, wie der Abstand zwischen ihnen in der Dunkelheit wuchs.
Teresa rollte von ihm herunter und setzte sich auf die Bettkante. Ihr Blick ging zum Fenster und zum Dreiviertelmond. Sie hatten die Vorh ä nge offen gelassen. Der Kojote heulte noch einmal. Irgendwo in der Ferne schien ein Hund zu antworten.
» Bist du so wie er? « fragte sie.
» Wer? «
» Timido. Allein dort drau ß en in der dunklen Welt.«
» Manchmal. Jeder ist das manchmal.«
» Ja, aber dir gef ä llt das, nicht wahr? «
» Nicht immer.«
» Nicht immer …? «
Er ü berlegte sich, was er sagen sollte. Ein falsches Wort, und sie w ä re auf und davon.
» Tut mir leid, wenn ich distanziert wirke «, setzte er an. » Es gibt so viele Dinge …«
Er brach ab. Es gab keine Entschuldigung.
» Du magst es, hier oben in diesem kleinen, einsamen Haus zu leben – ein Kojote der einzige Freund. Oder nicht? «
Er antwortete nicht. Ohne zu wissen warum, erinnerte er sich wieder an Sylvia Moores Gesicht. Aber ohne Schuldgef ü hle. Diesmal freute er sich sogar ü ber ihre Erscheinung.
» Ich mu ß gehen «, sagte Teresa. » Morgen ist ein langer Tag.«
Er beobachtete, wie sie nackt ins Badezimmer ging und auf dem Weg ihre Handtasche vom Nachttisch nahm. Dann h ö rte er dem Rauschen der Dusche zu und stellte sich vor, wie sie sich seine Spuren von und aus ihrem K ö rper wusch. Danach w ü rde sie sich mit dem Allzweckparfum bespr ü hen, das sie immer in ihrer Handtasche mit sich f ü hrte, um die Ger ü che ihres Berufes zu ü berdecken.
Er rollte zur Seite des Bettes, wo seine Kleider auf dem Boden lagen, und holte sein Adre ß buch aus der Tasche. W ä hrend das Wasser in der Dusche noch lief, w ä hlte er. Ihre Stimme war benommen vom Schlaf. Es war fast Mitternacht.
» Sie wissen nicht, wer ich bin. Und dieses Gespr ä ch hat nie stattgefunden.«
Es dauerte eine Weile, bis sie Harrys Stimme erkannte. » Okay, verstanden.«
» Es gibt ein Problem mit der Cal-Moore-Autopsie.«
» Das wei ß ich doch. Kein schl ü ssiges Ergebnis. Deswegen m ü ssen Sie mich nicht aufwecken.«
» Moment, Sie verstehen mich nicht. Sie werfen die Autopsie mit der Pressemitteilung durcheinander. Das sind zwei verschiedene Sachen. Kapiert? «
» Ja … Ich glaube. Also, was f ü r ein Problem? «
» Der Assistant Chief of Police und die kommissarische Direktorin der Gerichtsmedizin sind verschiedener Meinung. Er sagt Selbstmord, sie Mord. Beides zugleich geht nicht. Ich denke, so etwas nennt man in einer Pressemitteilung ›kein schl ü ssiges Ergebnis‹.«
Ü bers Telefon war ein leises Pfeifen zu vernehmen.
» Interessant. Aber warum sollten die Cops einen Mord unter den Teppich kehren wollen, besonders, wenn es einen der ihren betrifft. Ich meine, Selbstmord l äß t sie ganz sch ö n beschissen aussehen. Warum sollten sie einen Mordfall verheimlichen, falls nicht etwas anderes …«
» Erfa ß t «, sagte Bosch und legte den H ö rer auf.
Eine Minute sp ä ter wurde die Dusche abgestellt, und Teresa kam mit einem
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