Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Unterhaltszahlungen und Alkohol.
Porters extrabreiter Wohnwagen stand im Happy Valley Trailer Park, am Ende der Greenbriar Lane. Der Wohnwagen war dunkel – nicht einmal das Licht an der T ü r brannte –, und kein Wagen war unter dem Parkdach aus Aluminium abgestellt. Bosch rauchte eine Zigarette im Auto und beobachtete die Szene ein Weile. Der Klang einer Mariachi-Band aus einem der mexikanischen Clubs am Lankershim Boulevard drang zu ihm her ü ber. Dann wurde sie ü bert ö nt vom Get ö se eines Jets, der sich im Landeanflug auf den Flughafen von Burbank befand. Aus dem Handschuhfach holte er einen Lederbeutel mit einer Taschenlampe und seinem Dietrich und stieg aus.
Nachdem er dreimal geklopft hatte, ö ffnete Harry den Beutel. Er hatte keine Skrupel, bei Porter einzubrechen. Porter hatte sich auf das Spiel eingelassen, er war nicht unschuldig. Seiner Ansicht nach hatte Porter in dem Moment sein Recht auf Privatsph ä re aufgegeben, als er ihm verheimlicht hatte, da ß Moore die Leiche von Juan Doe #67 gefunden hatte. Jetzt w ü rde er Porter finden und ihn danach fragen.
Er knipste die Miniaturtaschenlampe an, steckte sie sich in den Mund und beugte sich zum Schlo ß . Nachdem er mit dem Dietrich und einem winzigen Schraubenschl ü ssel ins Schlo ß gedrungen war, dauerte es nur ein paar Minuten, bis die Stifte alle nach oben gedr ü ckt waren und die T ü r sich ö ffnete.
Als er eintrat, schlug ihm ein saurer Geruch entgegen, der ihm vertraut war. Der Schwei ß von Betrunkenen roch so. Er rief Porters Namen, erhielt aber keine Antwort.
W ä hrend er durch die Zimmer ging, schaltete er das Licht an. Fast auf jeder horizontalen Fl ä che standen Gl ä ser. Das Bett war ungemacht, und die wei ß en Laken waren schmuddelig. Zwischen den Gl ä sern auf dem Nachttisch stand ein ü berquellender Aschenbecher und die Statue eines Heiligen, der ihm unbekannt war. Die Wanne im Badezimmer neben dem Schlafzimmer war verdreckt, eine Zahnb ü rste lag auf dem Boden, und im Papierkorb befand sich eine leere Whiskeyflasche. Die Marke hatte er noch nie gesehen. Entweder war sie sehr teuer oder sehr billig. Wahrscheinlich letzteres.
In der K ü che lag noch eine weitere leere Flasche im Abfalleimer. Schmutziges Geschirr stapelte sich im Sp ü lbecken und auf der Arbeitsfl ä che. Im K ü hlschrank standen ein Glas Senf und ein Eierkarton. Porters Zuhause ä hnelte seinem Bewohner. Wie er eine Randexistenz, falls man es noch so nennen konnte.
Zur ü ck im Wohnzimmer, nahm Bosch einen Bilderrahmen in die Hand. Hinter dem Glas steckte die Fotografie einer Frau. Nicht sehr attraktiv – au ß er f ü r Porter m ö glicherweise. Eine Ex-Frau, die er nicht vergessen konnte. Vielleicht. Als er das Foto hinstellte, l ä utete das Telefon.
Er ging dem Ger ä usch nach und gelangte ins Schlafzimmer. Das Telefon stand neben dem Bett auf dem Boden. Nach dem siebten Klingeln hob er ab, wartete einen Moment und sagte mit schlaftrunkener Stimme: » Oh? «
» Porter? «
» Jaah.«
Die Verbindung brach ab. Es hatte nicht funktioniert. War ihm die Stimme bekannt? Pounds? Nein, nicht Pounds. Nur ein Wort. Trotzdem hatte er einen Akzent herausgeh ö rt. Spanisch, glaubte er. Er merkte es sich und stand vom Bett auf. Wieder flog ein Flugzeug ü ber den Wohnwagen und ersch ü tterte ihn. Er ging zur ü ck ins Wohnzimmer, wo er ohne gro ß e Begeisterung einen Schreibtisch mit einer Schublade durchsuchte, wobei er sich dar ü ber klar war, da ß dadurch – egal, was er finden w ü rde – nicht die brennende Frage beantwortet w ü rde, wo sich Porter befand.
Bosch schaltete die Lampen aus und verschlo ß die T ü r wieder beim Hinausgehen. Sein Plan war, in North Hollywood zu beginnen und sich dann nach S ü den in Richtung Downtown vorzuarbeiten. In jedem Polizeibezirk gab es eine Reihe Bars, wo sich Cops trafen. Nach zwei Uhr, wenn diese schlossen, gab es die Bottle Clubs, die bis morgens ge ö ffnet hatten. Es waren dunkle L ö cher f ü r schweigsame Typen, die tranken, als ginge es um ihr Leben. Zufluchtsorte vor der Wirklichkeit, wo man Vergessen und Vergebung finden konnte. An einem dieser Orte w ü rde er Porter finden.
Er begann in einer Bar an der Kittridge Avenue. Aber der Barkeeper vom Parrot, ein ehemaliger Polizist, hatte Porter seit Heiligabend nicht gesehen. Im 502 am Lankershim Boulevard und im Saint’s am Cahuenga Boulevard kannten sie zwar Porter, aber er war in dieser Nacht nicht aufgekreuzt.
So ging es weiter
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