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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Muster. Er ist fällig. Er ist wieder auf der Jagd.«
    Bosch nickte und schaute von seinem Notizbuch auf. Er glaubte Moras dunkle Augen aufleuchten zu sehen. Es war, als könnte er durch sie hindurch die schwarze Leere erblicken. Dieser schaurige Augenblick schien Bosch zu bestätigen, daß der andere Mann vom Bösen besessen war. Es war, als ob Mora ihn herausforderte, ihm tiefer in die Finsternis zu folgen.

24
    Bosch war sich bewußt, daß er seine Fünfzehn-Minuten-Leine bis aufs Äußerste spannte, wenn er zur University of Southern California fuhr. Aber es war zwei Uhr, und er hatte die Wahl, mit Rollenberger im Konferenzzimmer zu sitzen oder etwas Nützliches zu tun. Er entschied sich für das letztere und fuhr auf dem Harbor Freeway Richtung Süden. Je nach Verkehr, könnte er in fünfzehn Minuten wieder zurück in Downtown sein. Natürlich mußte er dann noch einen Parkplatz am Parker Center finden und zum Gericht hinübergehen.
    Die University of Southern California befand sich in einer ziemlich gefährlichen Gegend in der Nähe des Olympiastadions. Sobald man einmal durchs Eingangstor auf den Campus gefahren war, schien es jedoch so idyllisch zu sein, wie auf Catalina Island. Allerdings war Bosch bekannt, daß dieser Frieden in den letzten Jahren immer öfter gebrochen worden war. Sogar das Footballtraining des Universitätsteams konnte gefährlich sein. Vor ein paar Jahren war ein junger, talentierter Linebacker durch eine verirrte Kugel, die von einem Auto aus gefeuert worden war, verletzt worden, während er am Spielfeldrand stand. Wegen solcher Vorfälle beschwerte sich die Universitätsverwaltung ständig bei dem LAPD, und die Studenten schauten sehnsüchtig nach der UCLA, die billiger war und sich im relativ sicheren Vorortmilieu von Westwood befand.
    Mit der Karte, die ihm am Eingangstor ausgehändigt wurde, fand Bosch leicht das Psychologiegebäude. Als er sich aber in dem viergeschossigen Backsteingebäude befand, gab es kein Hinweisschild, das ihm den Weg zu Dr. John Locke oder dem Labor für Psychohormonstudien gezeigt hätte. Er ging einen langen Flur entlang und dann über die Treppe in den ersten Stock. Die erste Studentin, die er nach dem Weg fragte, lachte, und ging einfach weiter; anscheinend hielt sie die Frage für Anmache. Schließlich schickte ihn jemand in den Keller des Gebäudes.
    Er las die Türschilder, während er den schlecht beleuchteten Korridor entlangging, und fand schließlich das Labor hinter der vorletzten Tür. Eine blonde Studentin saß hinter einem Schreibtisch am Eingang und las ein dickes Fachbuch. Sie sah auf und lächelte, und Bosch fragte nach Locke.
    »Ich rufe an. Erwartet er Sie?«
    »Das weiß man nie bei einem Psychiater.«
    Er lächelte, aber sie kapierte es nicht. Dann fragte er sich selbst, ob es wirklich witzig war.
    »Nein, ich hatte nicht gesagt, daß ich komme.«
    »Dr. Locke führt mit Studenten den ganzen Tag Laborübungen durch. Ich sollte ihn nicht stören, wenn …«
    Sie blickte endlich nach oben und sah seine Dienstmarke.
    »Ich rufe sofort an.«
    »Mein Name ist Bosch. Sagen Sie ihm, ich möchte ein paar Minuten mit ihm sprechen, wenn’s möglich ist.«
    Sie sprach mit jemandem kurz am Telefon, wiederholte, was Bosch gerade gesagt hatte, und wartete ein paar Momente schweigend. Dann sagte sie »okay« und legte auf.
    »Der Forschungsassistent sagte, Dr. Locke würde Sie abholen. Es wird nur ein paar Minuten dauern.«
    Er dankte ihr und setzte sich auf einen der Stühle neben der Tür. Dann sah er sich in dem leeren Raum um. Es gab eine Korktafel, auf der handgeschriebene Zettel befestigt waren. Meistens ging es darum, daß andere Studenten gesucht wurden, mit denen man eine Wohnung teilen konnte. Ein Zettel kündigte eine Party für Psychologiestudenten am kommenden Samstag an.
    Außerdem stand in dem Raum ein zweiter Schreibtisch, der aber im Moment nicht besetzt war.
    »Gehört das zum Studium?« fragte er. »Daß Sie hier als Empfangsdame arbeiten müssen?«
    Sie sah von ihrem Fachbuch auf.
    »Nein, das ist nur ein Job. Ich studiere Kinderpsychologie, aber in dem Labor ist es schwer einen Job zu kriegen. Hier unten arbeitet niemand gern. Die Stelle war daher frei.«
    »Wieso?«
    »Die psychologischen Fachgebiete hier unten sind ziemlich widerlich. Psychohormonstudien hier, dann gibt es …«
    Die Tür öffnete sich auf der anderen Seite des Raums und Locke trat ein. Er trug Blue Jeans und ein selbstgefärbtes Batik-T-Shirt. Als er seine

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