Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
sprechen?«

38
    M cCaleb brauchte drei Stunden, um die Videobänder gründlich durchzusehen. Das Einzige, was am Ende dabei herauskam, war ein Strafzettel. Tafero war nicht auf den Bändern, die von der Schalterhalle des Postamts an dem Tag aufgenommen worden waren, an dem dort das Geld für die Plastikeule überwiesen worden war. Harry Bosch übrigens auch nicht. Umso weniger ließen ihm nun die 48 Minuten Ruhe, die überspielt worden waren, bevor er und Winston die Herausgabe der Kassette verlangt hatten. Wären sie erst in das Postamt gefahren und dann zur Hollywood Station, hätten sie jetzt vielleicht den Mörder auf Video. Möglicherweise hing alles, der Nachweis von Boschs Schuld oder Unschuld, von diesen 48 Minuten ab.
    McCaleb ging gerade alle möglichen Was-wenn-Szenarien durch, als er zu seinem Cherokee kam und den Strafzettel unter dem Scheibenwischer stecken sah. Fluchend griff er danach und sah ihn an. Er war so in das Video vertieft gewesen, dass er völlig vergessen hatte, dass er vor dem Postamt in einer 15-Minuten-Zone geparkt hatte. Die 40 Dollar, die ihn der Strafzettel kosten würde, taten weh. Da im Winter nur wenige Angler das Boot charterten, lebte seine Familie hauptsächlich von Gracielas niedrigem Gehalt und seiner FBI-Rente. Da sie auch noch für die Kinder aufkommen mussten, blieb ihnen finanziell nicht mehr viel Spielraum. Gerade in Hinblick auf den abgesagten Charter vom Samstag schmerzte ihn der Strafzettel umso mehr.
    Er steckte ihn unter den Scheibenwischer zurück und ging weiter die Straße hinunter. Obwohl er wusste, dass Rudy Tafero wahrscheinlich in Van Nuys im Gericht war, wollte er Valentino Bonds einen Besuch abstatten. Er hatte es schon immer sehr hilfreich gefunden, einen Verdächtigen in einer Umgebung, in der er sich sicher fühlte, unter die Lupe zu nehmen. Auch wenn diesmal der Verdächtige selbst nicht da war, war es zumindest die Umgebung, in der er sich sicher fühlte.
    Ohne stehenzubleiben, nahm er sein Handy heraus und rief Jaye Winston an, bekam aber nur ihren Anrufbeantworter dran. Er legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, und wählte die Nummer ihres Pagers. Vier Straßen weiter, kurz bevor er Valentino Bonds erreichte, rief sie zurück.
    »Es ist nichts dabei herausgekommen«, berichtete er.
    »Nichts?«
    »Kein Tafero, kein Bosch.«
    »Mist.«
    »Es wird auf den fehlenden achtundvierzig Minuten gewesen sein.«
    »Wir hätten –«
    »Zuerst zum Postamt fahren sollen. Ich weiß. Meine Schuld. Das Einzige, was bei der Sache herausgekommen ist: Ich habe einen Strafzettel bekommen.«
    »Das tut mir Leid, Terry.«
    »Aber wenigstens hat mich das auf eine Idee gebracht. Es war kurz vor Weihnachten und im Postamt dürfte ziemlicher Betrieb geherrscht haben. Falls er in einer 15-Minuten-Zone gestanden hat, ist also durchaus möglich, dass er die Zeit überzogen hat, als er am Schalter anstand. Und was Falschparken angeht, ist die Polizei in L. A. bekanntlich gnadenlos. Sie liegen regelrecht auf der Lauer. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass er einen Strafzettel bekommen hat. Das sollten wir unbedingt nachprüfen.«
    »Wie bei Son of Sam?«
    »Genau.«
    Damit meinte sie den New Yorker Serienmörder, der in den 70er Jahren wegen eines Strafzettels überführt worden war.
    »Ich werd’s mal versuchen. Mal sehen, was ich tun kann. Was machen Sie in der Zwischenzeit?«
    »Ich bin gerade dabei, Valentino Bonds einen Besuch abzustatten.«
    »Ist er da?«
    »Wahrscheinlich ist er im Gericht. Als Nächstes werde ich dann nach Van Nuys hochfahren – sehen, ob ich mit Bosch über die ganze Geschichte sprechen kann.«
    »Seien Sie lieber vorsichtig. Ihre Kollegen vom FBI haben gesagt, sie würden hochfahren, um in der Mittagspause mit ihm zu sprechen. Möglicherweise sind sie immer noch da, wenn Sie aufkreuzen.«
    »Wie bitte? Denken die etwa, Bosch wird von ihren Anzügen so beeindruckt sein, dass er alles gesteht?«
    »Keine Ahnung. Etwas in der Art wahrscheinlich. Sie wollten ihm mal auf den Zahn fühlen. Verschiedenes zu Protokoll nehmen und dann nach Widersprüchen suchen. Sie wissen schon, routinemäßige Wortfalle.«
    »Mit Routine kommen sie Harry Bosch nicht bei. Da vergeuden sie bloß ihre Zeit.«
    »Ich weiß. Das habe ich ihnen auch gesagt. Aber FBI-Agenten lassen sich von niemandem was sagen, das wissen Sie doch.«
    Er lächelte.
    »Übrigens, wenn ich Glück habe und wenn wir Tafero überführen, möchte ich, dass der Sheriff diesen Strafzettel

Weitere Kostenlose Bücher