Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
wird.«
»Wir? Sie haben wohl schon einen Plan, Terry?«
»Noch nicht ganz, aber ich arbeite daran.«
Was seine Rolle bei den Ermittlungen anging, wollte er keinen Streit mit ihr.
»Hören Sie, Jaye, mein Mittagessen wird kalt«, sagte er.
»Ach so, tut mir Leid. Dann essen Sie mal zu Ende.«
»Rufen Sie mich später noch mal an. Ich werde nach Van Nuys hochfahren, um mit Bosch zu reden. Irgendwas von Twilley und Friedman zu diesem Thema?«
»Ich glaube, sie sind immer noch bei ihm.«
»Na schön. Dann bis später.«
Er machte das Handy aus, stieg aus und warf die Hamburgerschachtel in einen Abfalleimer. Dann stieg er wieder ein und startete den Motor. Auf der Fahrt zurück zum Postamt in der Wilcox öffnete er alle Fenster, um den Geruch des fettigen Essens aus dem Auto zu bekommen.
39
A nnabelle Crowe zog alle Blicke im Gerichtssaal auf sich, als sie in den Zeugenstand trat. Sie sah unglaublich gut aus, aber ihre Art, sich zu bewegen, hatte etwas leicht Unbeholfenes. Diese Mischung ließ sie gleichzeitig alt und jung erscheinen und machte sie noch attraktiver. Die Befragung würde Langwiser vornehmen. Die Anklägerin wartete, bis Crowe Platz genommen hatte. Erst dann störte sie die Atmosphäre im Saal und stand auf, um zum Pult zu gehen.
Bosch hatte den Auftritt der letzten Zeugin der Anklage kaum mitbekommen. Ganz in Gedanken bei dem Besuch der zwei FBI-Agenten, saß er mit gesenktem Blick am Tisch der Anklage. Er hatte die beiden rasch durchschaut. Sie hatten Blut geleckt und wussten, wenn sie Bosch wegen der Gunn-Geschichte überführten, kämen sie in den Medien ganz groß raus. Er rechnete damit, dass sie jeden Moment zuschlagen würden.
Langwiser hakte rasch eine Reihe allgemeiner Fragen an Crowe ab, aus denen hervorging, dass diese eine angehende Schauspielerin war, die in ihrem Lebenslauf neben ein paar Theaterrollen und Werbespots einen kurzen Auftritt in einem Spielfilm vorzuweisen hatte, der demnächst in die Kinos kam. Ihre Lebensgeschichte schien zu bestätigen, wie schwierig es war, in Hollywood Erfolg zu haben – eine umwerfende Schönheit, die hier allerdings nur eine unter vielen war. Sie lebte noch immer von dem Geld, das sie von ihren Eltern in Albuquerque bekam.
Langwiser ging zu gewichtigeren Fragen über und konzentrierte sich auf die Nacht vom 14. April des vergangenen Jahres, in der Annabelle Crowe mit David Storey ausgegangen war. Nach einer kurzen Schilderung des Abendessens und der Drinks, die die beiden im Dan Tana’s in West Hollywood zu sich genommen hatten, wandte sich Langwiser dem Teil des Abends zu, als Annabelle mit Storey in dessen Haus im Mulholland Drive gefahren war.
Crowe sagte aus, sie und Storey hätten auf der Terrasse hinter dem Haus einen ganzen Krug Margaritas getrunken, bevor sie sich ins Schlafzimmer zurückzogen.
»Und sind Sie freiwillig mitgegangen, Ms. Crowe?«
»Ja.«
»Haben Sie sich auf sexuelle Kontakte mit dem Angeklagten eingelassen?«
»Ja.«
»Und war das Geschlechtsverkehr in gegenseitigem Einvernehmen?«
»Ja, das war es.«
»Geschah irgendetwas Ungewöhnliches, als Sie sich auf sexuelle Handlungen mit dem Angeklagten einließen?«
»Ja – er fing an, mich zu würgen.«
»Er fing an, Sie zu würgen. Wie kam es dazu?«
»Also, ich glaube, irgendwann schloss ich die Augen und hatte dann das Gefühl, als würde er irgendwie eine andere Stellung einnehmen oder so. Jedenfalls war er plötzlich auf mir und ich spürte, wie sich seine Hand unter meinen Nacken schob und irgendwie meinen Kopf vom Kissen hochhob. Dann spürte ich, wie er etwas …«
Sie hielt inne und legte ihre Hand auf den Mund. Sie rang sichtlich um Fassung.
»Lassen Sie sich ruhig Zeit, Ms. Crowe.«
Die Zeugin sah aus, als kämpfte sie mit den Tränen. Schließlich ließ sie die Hand sinken und griff nach ihrem Wasserbecher. Nachdem sie einen Schluck daraus getrunken hatte, sah sie mit neuer Entschlossenheit im Blick zu Langwiser auf.
»Ich spürte, wie er mir etwas über den Kopf streifte und um den Hals schlang. Als ich die Augen öffnete, sah ich, dass er mir eine Krawatte um den Hals gelegt hatte und zuzog.«
Sie hielt inne und nahm wieder einen Schluck Wasser.
»Können Sie diese Krawatte beschreiben?«
»Sie war gemustert. Blaue Rauten auf violettem Grund. Ich kann mich genau an sie erinnern.«
»Was geschah, als der Angeklagte die Krawatte um Ihren Hals zuzog?«
»Sie schnürte mir die Luft ab!«, stieß Crowe schrill hervor, als wäre die Frage
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