Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
hieß er mit Nachnamen?«
»Ach so, Entschuldigung. Bosch. Wie die Zündkerzen.«
McCaleb saß wie versteinert da. Er rührte sich nicht, er atmete nicht. Außerstande, die letzte Information, die Doran ihm gerade gegeben hatte, aufzuschreiben, starrte er auf den Namen, der auf dem Blatt stand. Schließlich drehte er den Kopf und blickte über die Tische hinweg auf die Stelle des Bürgersteigs, wo er Harry Bosch beim Weggehen zuletzt gesehen hatte.
»Terry? Sind Sie noch dran?«
Die Erstarrung fiel nur langsam von ihm ab.
»Ja.«
»Das ist wirklich alles, was ich habe. Und ich muss jetzt wirklich aufhören. Wir fangen hier schon an.«
»Sonst noch was über Bosch?«
»Eigentlich nicht. Und ich habe jetzt auch keine Zeit mehr.«
»Okay, Brass. Und hören Sie, ganz herzlichen Dank. Dafür stehe ich tief in Ihrer Schuld.«
»Eines Tages werde ich sie schon eintreiben. Sagen Sie mir Bescheid, wie das Ganze ausgeht, ja?«
»Auf jeden Fall.«
»Und schicken Sie mir ein Foto Ihrer Kleinen.«
»Mache ich.«
Sie hängte auf und McCaleb klappte langsam sein Telefon zu. Unten auf das Blatt schrieb er einen kurzen Vermerk, damit er nicht vergaß, Brass ein Foto seiner Tochter zu schicken. Das war nur eine Übung, die dem Zweck diente, dem Namen des Malers auszuweichen, der dort stand.
»Scheiße«, flüsterte er.
Er saß lang gedankenverloren da. Der Umstand, dass er die unheimliche Information nur wenige Minuten nachdem er mit Bosch gegessen hatte, erhalten hatte, brachte ihn ziemlich aus der Fassung. Er studierte noch eine Weile seine Notizen, aber er wusste, sie enthielten nicht die Information, die er unmittelbar benötigte. Schließlich klappte er das Telefon wieder auf und rief die Auskunft an. Eine Minute später wählte er die Nummer des Personalarchivs des Los Angeles Police Department. Nach dem neunten Läuten meldete sich eine Frau.
»Hallo, ich rufe im Auftrag des L. A. County Sheriff’s Department an, und zwar muss ich mich mit einem bestimmten LAPD-Officer in Verbindung setzen. Nur weiß ich nicht, wo er arbeitet. Ich habe nur seinen Namen.«
Er hoffte, die Frau würde ihn nicht fragen, was im Auftrag des bedeutete. Zunächst kam es zu einem, wie es ihm schien, längeren Schweigen und dann hörte er das Klicken einer Tastatur.
»Nachname?«
»Äh, Bosch.«
Er buchstabierte es und dann sah er, um den Vornamen zu buchstabieren, auf seine Notizen.
»Und der Vorname ist: Haier – ronny – mus. Kommt das hin? Ich weiß nicht, wie man es ausspricht.«
»Hieronymus. Ja, das stimmt.«
Er buchstabierte den Namen und fragte, ob das stimmte. Tat es.
»Also, er ist Detective dritten Grades und arbeitet in der Hollywood Division. Brauchen Sie die Nummer?«
McCaleb antwortete nicht.
»Sir, brauchen Sie …«
»Nein, die habe ich. Vielen Dank.«
Er stellte das Handy aus, sah auf seine Uhr und machte es wieder an. Er wählte Jaye Winstons Durchwahlnummer und sie nahm sofort ab. Er fragte, ob sie vom Labor schon etwas über die Untersuchung der Plastikeule gehört hatte.
»Noch nicht. Sie haben sie erst ein paar Stunden und einer von ihnen hatte Mittagspause. Ich lasse ihnen bis morgen Zeit, bevor ich noch mal anfrage.«
»Haben Sie gerade Zeit, ein paar Anrufe zu machen und mir einen Gefallen zu tun?«
»Was für Anrufe?«
Er erzählte ihr von der Symbolsuche, die Brass Doran durchgeführt hatte, verschwieg ihr aber die Sache mit Hieronymus Bosch. Er sagte, er wolle mit einem Experten für niederländische Renaissancemalerei sprechen, aber er bekäme vermutlich schneller einen Termin und nachhaltigere Unterstützung, wenn die Anfrage von einem richtigen Detective käme.
»Mache ich«, sagte Winston. »Wo soll ich anfangen?«
»Ich würde es im Getty Museum versuchen. Ich bin jetzt in Van Nuys. Wenn im Getty jemand Zeit für mich hat, könnte ich in einer halben Stunde da sein.«
»Ich sehe, was ich tun kann. Haben Sie mit Harry Bosch gesprochen?«
»Ja.«
»Irgendwas Neues?«
»Eigentlich nicht.«
»Hätte mich auch gewundert. Bleiben Sie am Ball. Ich rufe wieder an.«
McCaleb warf die Reste seines Mittagessens in einen Abfalleimer und ging zum Gericht zurück. Er hatte den Cherokee in einer Seitenstraße vor dem Bewährungsamt geparkt. Auf dem Weg dorthin dachte er darüber nach, wie er Winston durch seine kleine Informationsunterschlagung belogen hatte. Ihm war klar, dass er sie auf den Bosch-Zusammenhang oder -Zufall, wie immer man es nennen wollte, hätte hinweisen sollen. Er
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