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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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verzögerten sich die Eröffnungsplädoyers im Prozess gegen David Storey.
    Bosch saß am Tisch der Anklage und wartete. Er versuchte seinen Kopf von allen äußeren Ablenkungen freizumachen, einschließlich seiner ergebnislosen Suche nach Annabelle Crowe in der vergangenen Nacht.
    Um zehn Uhr fünfundvierzig kamen die Anwälte schließlich in den Saal und begaben sich an ihre Plätze. Dann wurde der Angeklagte – der Anzug, den er diesmal trug, sah aus, als gingen dafür die Wochengehälter von drei Deputies drauf – aus der Arrestzelle in den Gerichtssaal geführt und zu guter Letzt nahm Judge Houghton auf dem Richterstuhl Platz.
    Jetzt konnte es losgehen und Bosch spürte, wie die Spannung im Saal deutlich spürbar stieg. Los Angeles hatte den Strafprozess auf das Niveau weltweiter Unterhaltung gehoben – oder vielleicht auch gesenkt –, aber die Akteure im Gerichtssaal sahen das etwas anders. Für sie ging es ums Ganze und die Feindschaft zwischen den beiden gegnerischen Lagern war in diesem Prozess deutlicher zu spüren als in den meisten anderen.
    Der Richter bat den Deputy Sheriff, der als sein Gerichtsdiener fungierte, die Geschworenen zu holen. Bosch stand mit den anderen auf und drehte sich um, um zu beobachten, wie die Geschworenen schweigend hintereinander auf ihre Bank zugingen und Platz nahmen. In manchen Gesichtern glaubte er gespannte Erwartung erkennen zu können. Nach den zwei Wochen, die die Auswahl der Geschworenen und die Abwicklung der Anträge in Anspruch genommen hatten, konnte es nun endlich losgehen. Boschs Blick wanderte von den Geschworenen zu den zwei Kameras hoch, die über der Geschworenenbank an der Wand befestigt waren. Sie erfassten mit Ausnahme der Geschworenenbank den ganzen Saal.
    Nachdem alle Platz genommen hatten, räusperte sich Houghton und beugte sich, den Blick auf die Geschworenen gerichtet, zu seinem Mikrophon vor.
    »Darf ich Ihnen einen guten Morgen wünschen, meine Damen und Herren?«
    Es kam zu einer gemurmelten Erwiderung des Grußes und Houghton nickte.
    »Ich muss mich für die Verzögerung entschuldigen. Bitte berücksichtigen Sie dabei, dass das Tempo eines Prozesses von den Anwälten bestimmt wird. Und daher geht alles gaaanz laaangsaaam.«
    Im Saal ertönte höfliches Gelächter. Bosch stellte fest, dass die Anwälte – Anklage und Verteidigung – pflichtschuldig mit einfielen, wobei einige eindeutig zu dick auftrugen. Aus Erfahrung wusste er, dass es für einen Richter praktisch unmöglich war, im Saal einen Witz zu reißen, über den die Anwälte nicht lachten.
    Bosch sah nach links, am Tisch der Verteidigung vorbei, und stellte fest, dass sich in der anderen Geschworenenbank die Vertreter der Medien drängten. Viele der Journalisten kannte er aus Nachrichtensendungen und Pressekonferenzen.
    Mit einem kurzen Blick in den hinteren Teil des Saals stellte er fest, dass die Zuschauerbänke mit Ausnahme der Sitzreihe direkt hinter dem Tisch der Verteidigung dicht besetzt waren. Auf diesen Plätzen saßen ein paar Leute, die links und rechts von sich sehr viel Platz hatten und aussahen, als hätten sie den ganzen Morgen damit verbracht, sich schminken zu lassen. Bosch nahm an, sie waren irgendwelche Prominente, aber da er auf diesem Gebiet nicht sonderlich gut bewandert war, kannte er keinen von ihnen. Er wollte sich schon zu Janis Langwiser hinüberbeugen und sie fragen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Wir mussten in meinem Amtszimmer noch ein paar letzte Einzelheiten klären«, fuhr der Richter, an die Geschworenen gewandt, fort. »Doch jetzt können wir endlich anfangen. Wir beginnen mit den Eröffnungsplädoyers und ich muss Sie an dieser Stelle gleich darauf hinweisen, dass es sich dabei nicht um eine Aufzählung von Fakten handelt, sondern um Aussagen dazu, was die beiden Parteien für die Fakten halten und was sie im Verlauf des Prozesses zu beweisen versuchen werden. Messen Sie diesen Aussagen also keine Beweiskraft zu. Das alles kommt erst später. Hören Sie gut zu, aber fassen Sie nicht schon sofort eine Meinung, denn es kommt noch eine Menge nach. Wir werden jetzt also mit der Anklage den Anfang machen und anschließend wie immer dem Angeklagten das Wort erteilen. Mr. Kretzler, Sie können beginnen.«
    Der Chefankläger stand auf und begab sich zu dem Pult zwischen den Tischen von Anklage und Verteidigung. Er nickte den Geschworenen zu und stellte sich als Roger Kretzler vor, stellvertretender Bezirksstaatsanwalt mit Zuständigkeitsbereich

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