Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
genommen. Vielleicht kriege ich aus ihr was raus. Wenn ich es geschickt anstelle.«
McCaleb nickte. Er hatte eine Idee.
»Harry hat mir erzählt, er ist geschieden. Ich weiß nicht, wie lange schon, aber Sie könnten sich bei Rider nach ihm erkundigen – Sie wissen schon, als ob Sie an ihm interessiert wären und wie er so ist, in dem Stil. Wenn Sie sich so bei ihr erkundigen, bekommen Sie vielleicht sogar eine Menge interessanter Dinge zu hören.«
Winston wandte sich von der Schiebetür ab und wieder McCaleb zu.
»Aber sicher. Dann werden wir bestimmt besonders dicke Freundinnen, wenn sie rausbekommt, dass das Ganze nur vorgeschoben war, um sie über ihren ehemaligen Partner – ihren Mentor – auszuhorchen.«
»Wenn sie eine gute Polizistin ist, wird sie es verstehen. Sie müssen entweder seine Schuld oder seine Unschuld beweisen, und da ist es völlig normal, dass Sie so diskret wie möglich vorzugehen versuchen.«
Winston sah wieder nach draußen.
»Ich brauche eine Möglichkeit, alles leugnen zu können.«
»Soll heißen?«
»Wenn wir das machen und Sie sich einschalten und das Ganze auffliegt, möchte ich eine Möglichkeit, jede Beteiligung an der Sache leugnen zu können.«
McCaleb nickte. Ihm wäre lieber gewesen, sie hätte es nicht gesagt, aber er konnte ihren Wunsch, sich abzusichern, verstehen.
»Nur um das von Anfang an klarzustellen, Terry: Wenn nichts bei der Sache herauskommt, wird es so aussehen, als hätten Sie Ihre Kompetenzen überschritten: dass ich Sie nur darum gebeten habe, mal einen Blick in die Akte reinzuwerfen, worauf Sie dann aber gleich auf eigene Faust Nachforschungen angestellt haben. So Leid es mir tut, aber da muss ich mich unbedingt absichern.«
»Das kann ich verstehen, Jaye. Damit kann ich leben. Das Risiko gehe ich ein.«
18
W inston sagte lange nichts, als sie durch die Kajütentür nach draußen blickte. McCaleb spürte, dass sie sich zu etwas durchrang, und wartete.
»Ich werde Ihnen was über Harry Bosch erzählen«, sagte sie schließlich. »Es ist etwa vier Jahre her, dass ich ihm zum ersten Mal begegnet bin. Es war ein Parallelfall. Zwei Entführungen mit Mord. Der in Hollywood war seiner, der in West Hollywood meiner. Junge Frauen, eigentlich noch Mädchen. Die Indizien deuteten auf einen Zusammenhang zwischen den zwei Fällen hin. Im Großen und Ganzen haben wir getrennt daran gearbeitet, aber wir trafen uns jeden Mittwoch zum Mittagessen, um unsere Daten zu vergleichen.«
»Haben Sie ein Profil erstellen lassen?«
»Ja. Damals war noch Maggie Griffin für das FBI hier. Sie hat was für uns ausgearbeitet. Das Übliche. Jedenfalls heizte sich die Sache ziemlich auf, als ein drittes Mädchen verschwand. Eine Siebzehnjährige. Die Indizien aus den ersten zwei Fällen deuteten darauf hin, dass der Täter seine Opfer vier, fünf Tage am Leben ließ, bevor er sie satt bekam und umbrachte. Daher standen wir unter enormem Zeitdruck. Wir erhielten Verstärkung und suchten nach gemeinsamen Nennern.«
McCaleb nickte. Es hörte sich an, als hätten sie wie nach Lehrbuch nach einem Serientäter gefahndet.
»Dabei stießen wir auf eine ziemlich weit hergeholte Gemeinsamkeit«, fuhr Winston fort. »Alle drei Opfer waren Kunden einer Reinigung am Santa Monica Boulevard, etwa auf Höhe des La Cienaga. Das letzte Opfer – das siebzehnjährige Mädchen – hatte einen Ferienjob bei Universal und brachte dort immer ihre Uniformen zum Reinigen hin. Wie dem auch sei, bevor wir auch nur reingingen, um mit dem Geschäftsführer zu sprechen, fuhren wir auf den Angestelltenparkplatz und notierten uns die Autonummern, um sie überprüfen zu lassen. Nur für den Fall, dass sich dabei was ergab, bevor wir reingingen und uns zu erkennen geben mussten. Und wir landeten einen Volltreffer. Den Geschäftsführer selbst. Er war vor zirka zehn Jahren mal wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen worden. Wir ließen uns die Akte kommen und es war so eine Exhibitionistenkiste. Er hielt mit seinem Wagen an einer Bushaltestelle und machte die Tür auf, damit die Frau, die dort wartete, seinen Schwanz sehen konnte. Dummerweise war sie aber eine verdeckte Ermittlerin – sie wussten, dass in der Gegend ein Exhibitionist sein Unwesen trieb, und setzten Lockvögel auf ihn an. Wie dem auch sei, er bekam nur eine Bewährungsstrafe. Als er sich für seinen Job bewarb, verschwieg er den Zwischenfall und arbeitete sich im Lauf der Jahre zum Geschäftsführer der Reinigung
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