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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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vorzufühlen … also, ich weiß nicht.«
    »Erzählen Sie lieber, was Sie Neues herausgefunden haben.«
    »Lauter Kleinigkeiten. Im Wohnzimmer hat er an prominenter Stelle ein Foto seiner Frau stehen. Ich war weniger als eine Stunde bei ihm, aber er hat in dieser Zeit drei Bier getrunken. Hätten wir also das Alkoholsyndrom. Symptomatisch bei großer psychischer Belastung. Er sprach auch von etwas, das er das ›Große Rad‹ nennt. Es ist Teil seines Glaubenssystems. Er sieht in den Dingen nicht die Hand Gottes. Er sieht das Große Rad in ihnen. Was sich dreht, kommt irgendwann wieder. Er sagte, Typen wie Gunn kommen nicht wirklich ungeschoren davon. Irgendetwas holt sie immer ein. Das Rad. Ich habe ganz gezielt ein paar entsprechende Bemerkungen eingeflochten, um zu sehen, ob ich ihn dadurch zu einer Reaktion oder zum Widerspruch verleiten könnte. Er widersprach nicht. Er sagte, er könnte mit der Pest leben, solange er nur hin und wieder eine Chance gegen die davon Befallenen bekäme. Wenn auch nur sehr unterschwellig, Jaye, es ist trotzdem alles da. Im Flur seines Hauses hängt ein Druck eines Gemäldes von Bosch. Der Garten der Lüste. Mit unserer Eule drauf.«
    »Na schön, er heißt genau wie dieser Typ. Wenn ich Picasso hieße, hätte ich auch ein Bild von Picasso bei mir hängen.«
    »Ich tat so, als hätte ich es noch nie gesehen, und fragte ihn, was es bedeutete. Er sagte nur, es wäre das Große Rad, das sich dreht. Das wäre, was es für ihn bedeutet.«
    »Lauter kleine Teile, die hervorragend passen.«
    »Es gibt noch einiges zu tun.«
    »Machen Sie weiterhin mit? Oder fahren Sie zurück?«
    »Vorerst mache ich noch mit. Ich bleibe über Nacht hier. Aber am Samstag habe ich einen Charter. Da muss ich auf jeden Fall zurück.«
    Sie sagte nichts.
    »Haben Sie sonst noch was?«, fragte er schließlich.
    »Ja, fast hätte ich es vergessen.«
    »Was?«
    »Die Eule von Bird Barrier. Sie wurde per Postanweisung bezahlt. Ich habe von Cameron Riddell die Nummer bekommen und habe sie nachprüfen lassen. Der Betrag wurde am zweiundzwanzigsten Dezember im Postamt in der Wilcox Avenue in Hollywood einbezahlt. Das ist etwa vier Straßen von der Polizeistation entfernt, in der Bosch arbeitet.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Die Gesetze der Physik.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Auf jede Aktion folgt eine gleichwertige Gegenreaktion. Wenn Sie in den Abgrund blicken, blickt der Abgrund zurück. Sie wissen schon, diese ganzen Klischees. Sie sind deshalb Klischees, weil sie zutreffen. Man begibt sich nicht in das Dunkel, ohne dass sich das Dunkel in einen begibt und sich seinen Teil nimmt. Vielleicht hat sich Bosch ein paarmal zu oft in das Dunkel begeben und darin verirrt.«
    Danach schwiegen sie eine Weile, bevor sie Pläne für den kommenden Tag machten. Als er das Telefon ausmachte, sah er die Nutte allein aus dem Skylark kommen und zum Nat’s zurückgehen. Sie trug eine Jeansjacke, die sie wegen der kühlen Nachtluft eng um ihren Oberkörper gezogen hatte. Sie rückte ihre Perücke zurecht, als sie auf die Bar zuging, um dort nach einem neuen Freier Ausschau zu halten.
    Während McCaleb sie beobachtete und über Bosch nachdachte, kam ihm zu Bewusstsein, was er alles hatte und welches Glück er im Leben gehabt hatte. Ihm kam zu Bewusstsein, dass das Glück etwas sehr Vergängliches sein konnte. Es musste errungen und dann mit allem, was man hatte, bewacht werden. Er wusste, dass er das im Moment nicht tat. Er ließ Dinge unbewacht zurück, während er sich in das Dunkel begab.

23
    W egen der – allerdings erfolglosen – Anträge der Anklage auf eine Abstrafung der Verteidigung wegen Zeugeneinschüchterung und auf einen Aufschub zwecks vollständiger Überprüfung von Annabelle Crowes Aussagen konnte die Verhandlung erst fünfundzwanzig Minuten nach dem planmäßig auf neun Uhr festgesetzten Sitzungsbeginn wieder aufgenommen werden. Der hinter dem Kirschholzschreibtisch in seinem Amtszimmer sitzende Richter befürwortete zwar die Überprüfung, erklärte aber, die Verhandlung werde deswegen nicht vertagt und solange keine Beweise beigebracht werden könnten, die die Aussagen der Zeugin bestätigten, würden keine Sanktionen oder sonstige Strafen verhängt. Außerdem drang er darauf, dass die Ankläger und Bosch, der ebenfalls an der Besprechung teilgenommen und dabei den Inhalt seines Gesprächs mit Crowe wiedergegeben hatte, kein Wort von den Anschuldigungen der Zeugin an die Medien durchdringen ließen.
    Fünf

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