Harry Bosch 15 - Neun Drachen
Unterstützung, aber wir nicht. Wir könnten alles verlieren. Ich habe ihm gesagt … ich habe meinem Vater gesagt, dass wir nicht länger zahlen können. Ich habe ihm klarzumachen versucht, dass wir für nichts und wieder nichts zahlen und nur unsere Geschäfte verlieren, wenn wir nicht damit aufhören.«
»Hat er gesagt, er würde die Zahlungen einstellen?«
»Das hat er nicht gesagt. Er hat gar nichts gesagt. Und ich habe es so aufgefasst, dass er so lange weiter zahlen würde, bis wir pleite wären. Ich meine, da kam ja einiges an Geld zusammen. Achthundert Dollar im Monat sind in einer Branche wie dieser eine Menge Geld. Mein Vater, er dachte, wenn er andere Möglichkeiten fände …«
Er verstummte.
»Andere Möglichkeiten, was zu tun, Robert?«
»Andere Möglichkeiten, Geld zu sparen. Es wurde zu einer regelrechten Manie von ihm, Ladendiebe zu überführen. Er glaubte, wenn er die Verluste aufgrund von Diebstählen verringerte, würde das etwas an der Situation ändern. Er war noch aus einer anderen Zeit. Er hat es einfach nicht begriffen.«
Bosch lehnte sich zurück und sah zu Chu hinüber. Sie hatten es geschafft, Li dazu zu bringen, mit der Sprache herauszurücken. Jetzt war es an Chu, zu übernehmen und Fragen zur Triade zu stellen.
»Sie haben uns sehr geholfen, Robert«, begann Chu. »Ich möchte Ihnen jetzt ein paar Fragen zu dem Mann auf dem Foto stellen.«
»Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt. Ich weiß nicht, wer er ist. Ich habe ihn noch nie gesehen.«
»Gut, aber hat Ihr Vater etwas über ihn erzählt, als Sie, Sie wissen schon, über die Zahlungen gesprochen haben?«
»Er hat nie gesagt, wie er hieß. Er meinte nur, er wäre sehr verärgert, wenn wir die Zahlungen einstellten.«
»Hat er den Namen der Organisation erwähnt, an die er zahlte? Die Triade?«
Li schüttelte den Kopf.
»Nein, er hat nie … das heißt, doch, einmal hat er. Es hatte irgendetwas mit einem Messer zu tun. Dass der Name von einem Messer herrührte oder so. Aber ich kann mich nicht mehr erinnern.«
»Wirklich nicht? Das würde uns die Suche enorm erleichtern.«
Li runzelte die Stirn und schüttelte wieder den Kopf.
»Vielleicht fällt es mir wieder ein. Aber im Augenblick, glaube ich, nicht.«
»Okay, Robert.«
Chu stellte weitere Fragen, aber sie waren zu spezifisch, und Li antwortete ständig, das wisse er nicht. Aber das kümmerte Bosch nicht. Sie hatten wichtige Fortschritte gemacht. Die Ermittlungen begannen sich allmählich auf ein festes Ziel einzuschießen.
Schließlich machte Chu Schluss und übergab wieder an Bosch.
»Also, Robert«, sagte Bosch. »Glauben Sie denn, der Mann oder die Männer, die Ihr Vater bezahlt hat, werden jetzt zu Ihnen kommen und Geld verlangen?«
Lis Stirn legte sich in tiefe Falten.
»Das weiß ich nicht.«
»Möchten Sie unter Polizeischutz gestellt werden?«
»Auch das weiß ich nicht.«
»Sie haben jedenfalls unsere Nummern. Wenn jemand auftaucht, spielen Sie mit. Versprechen Sie, zu zahlen, wenn sie das von Ihnen verlangen.«
»Das Geld habe ich aber nicht!«
»Genau das ist der Punkt. Versprechen Sie ihm das Geld, aber sagen Sie ihm, Sie brauchen ein, zwei Tage, um es zu beschaffen. Dann rufen Sie uns an. Und alles Weitere übernehmen wir.«
»Und wenn er es sich einfach aus der Kasse nimmt? Sie haben gestern gesagt, die Kasse im Laden meines Vaters war leer.«
»Lassen Sie ihn, wenn er das tut, und dann rufen Sie uns an. Wenn er das nächste Mal bei Ihnen auftaucht, schnappen wir ihn uns.«
Li nickte, und Bosch merkte, dass er dem jungen Mann einen gehörigen Schreck eingejagt hatte.
»Robert, haben Sie eine Schusswaffe im Geschäft?«
Das war ein Test. Sie hatten es bereits überprüft. Angemeldet war nur die Pistole aus dem anderen Laden.
»Nein, die Pistole hatte mein Vater. Der Laden lag in einer ziemlich üblen Gegend.«
»Gut. Kaufen Sie auf keinen Fall eine für diesen. Wenn der Kerl auftaucht, tun Sie einfach, was er sagt.«
»Okay.«
»Warum hat sich Ihr Vater übrigens die Pistole zugelegt? Er hatte den Laden schon fast dreißig Jahre, und dann kauft er sich vor sechs Monaten plötzlich eine Pistole.«
»Als er das letzte Mal überfallen wurde, haben sie ihn ziemlich übel zugerichtet. Zwei Gang-Mitglieder. Sie haben ihn mit einer Flasche geschlagen. Daraufhin versuchte ich ihm klarzumachen, dass er sich eine Schusswaffe zulegen müsste, wenn er den Laden nicht verkaufen wollte. Aber es hat ihm nichts mehr genützt.«
»Das tut es in
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