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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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zur Tür zurück und kniete vor dem Schloss nieder. Die Taschenlampe zwischen die Zähne geklemmt, nahm er zwei Picks aus seiner Geldbörse und machte sich damit am Schloss zu schaffen. Dabei stellte er rasch fest, dass es nur vier Stifte hatte. Er bekam es in weniger als fünf Minuten auf.
    Er betrat das Abteil, das fast völlig leer war. Auf dem Boden lag eine gefaltete Decke mit einem Kissen darauf. Sonst nichts. Im SIS -Observierungsprotokoll der vergangenen Nacht hatte gestanden, dass Jessup mit einer Decke den Strand hinuntergegangen war. Dass er sie unter dem Pier gelassen hatte, stand dort nicht, und auch von einem Kissen war nicht die Rede gewesen.
    Bosch war sich nicht einmal sicher, ob er an der Stelle war, die Jessup aufgesucht hatte. Er schwenkte mit der Taschenlampe über die Wände und dann nach oben an die Unterseite des Piers. Darin waren deutlich die Umrisse einer Tür zu erkennen. Eine Falltür. Sie war ebenfalls mit einem Vorhängeschloss versehen.
    Bosch war sich ziemlich sicher, dass er sich unter dem Parkplatz des Piers befand. Hin und wieder hatte er über sich Fahrzeuggeräusche gehört. Vermutlich Besucher des Piers, die nach Hause fuhren. Er nahm an, dass die Falltür früher zum Ein- und Ausladen von Lagergut verwendet worden war. Er hätte sich eins der Gerüstteile holen und daran zu der Luke hochklettern können, entschied sich aber dagegen. Er verließ das Lagerabteil.
    Als er das Vorhängeschloss wieder an der Tür anbrachte, begann das Handy in seiner Hosentasche zu vibrieren. Er zog es heraus, in der Erwartung, von der SIS -Zentrale mitgeteilt zu bekommen, dass Jessup seine Wohnung verlassen hatte. Aber das Display zeigte an, dass es seine Tochter war. Er ging dran.
    »Hallo, Maddie.«
    »Dad? Bist du’s?«
    Ihre Stimme war leise, das Rauschen der Wellen laut. Bosch brüllte.
    »Ja, ich bin’s. Was ist?«
    »Ich wollte nur wissen, wann du nach Hause kommst.«
    »Bald, Schatz. Ich habe noch zu tun.«
    Sie senkte ihre Stimme noch mehr, und Bosch musste sich das andere Ohr zuhalten, um sie verstehen zu können. Da er im Hintergrund das Rauschen des Freeway hören konnte, wusste er, dass sie auf der Terrasse war.
    »Dad, sie lässt mich Hausaufgaben machen, die ich erst nächste Woche haben muss.«
    Bosch ließ sie wieder einmal von Sue Bambrough, der stellvertretenden Schulleiterin, beaufsichtigen.
    »Dann wirst du ihr nächste Woche dankbar sein, wenn alle anderen sie machen müssen und du schon damit fertig bist.«
    »Dad, ich mache schon den ganzen Abend Hausaufgaben!«
    »Soll ich ihr sagen, sie soll dir eine Pause gönnen?«
    Seine Tochter antwortete nicht. Aber Bosch wusste, was das zu bedeuten hatte. Sie hatte angerufen, weil sie wollte, dass er wusste, wie schwer sie es hatte. Aber sie wollte nicht, dass er deswegen etwas unternahm.
    »Weißt du was?«, sagte er deshalb. »Wenn ich nach Hause komme, werde ich Mrs. Bambrough klarmachen, dass du zu Hause nicht in der Schule bist und nicht die ganze Zeit lernen musst. Okay?«
    »Ich denke schon. Warum kann ich nicht einfach bei Rory übernachten? Ich finde das echt gemein.«
    »Vielleicht nächstes Mal. Ich muss jetzt wieder an die Arbeit, Mads. Können wir vielleicht morgen darüber reden? Ich möchte, dass du im Bett bist, bis ich nach Hause komme.«
    »Meinetwegen.«
    »Gute Nacht, Madeline. Und vergiss nicht, alle Türen abzuschließen, auch die zur Terrasse. Bis morgen.«
    »Gute Nacht.«
    Die Missbilligung in ihrer Stimme war schwerlich zu überhören. Sie unterbrach die Verbindung vor Bosch.
    Er klappte sein Handy zu, und in dem Moment, in dem er es einsteckte, hörte er aus der Richtung, wo er durch das Loch unter der Seitenverkleidung gekrochen war, ein Geräusch wie das Scheppern von Metallteilen. Er machte sofort die Taschenlampe aus und huschte zu dem mit einer Plane zugedeckten Boot.
    Er war kaum dahinter in Deckung gegangen, als er sah, wie sich an der Seitenwand des Piers eine Gestalt aufrichtete und ohne eine Lampe im Dunkeln losging. Der Mann steuerte direkt auf das Lagerabteil mit dem neuen Vorhängeschloss zu.
    Das Licht der Straßenlampen auf dem Parkplatz über ihnen fiel durch die Spalten zwischen den Planken des Piers. Als die Gestalt durch diese Lichtstreifen ging, sah Bosch, dass es Jessup war.
    Er zog den Kopf ein und fasste instinktiv an seinen Gürtel, um sich zu vergewissern, dass seine Pistole dort war. Mit der anderen Hand zog er das Handy aus der Tasche und stellte es stumm. Jetzt hätte gerade

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