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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hatte die Herkunft der DNA , deretwegen alle hier waren, hinreichend erklärt. Jetzt musste sie Gleason weiter auf ihrem Weg in ihre dunkle Vergangenheit begleiten. Wenn sie es nämlich nicht täte, würde es garantiert Royce tun.
    »Sarah, hat sich nach dem Tod Ihrer Schwester in der Beziehung zu Ihrem Vater etwas geändert?«
    »Ja.«
    »Inwiefern?«
    »Er hat mich nie wieder angefasst.«
    »Wissen Sie, warum? Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?«
    »Ich weiß nicht, warum. Ich habe auch nie mit ihm darüber gesprochen. Es ist nur nicht wieder passiert, und er hat versucht, so zu tun, als wäre es auch nie passiert.«
    »Aber für Sie hatte das alles – Ihr Stiefvater, der Tod Ihrer Schwester –, für Sie hatte das schwerwiegende Folgen?«
    »Ja.«
    »In welcher Hinsicht, Sarah?«
    »Na ja, ich fing an, Drogen zu nehmen, und ich riss wieder aus. Ich riss sogar sehr oft aus. Sex hat mich nie interessiert. Es war nur etwas, was ich dazu benutzte, um zu bekommen, was ich brauchte.«
    »Und wurden Sie jemals verhaftet?«
    »Ja, einige Male.«
    »Weswegen?«
    »Hauptsächlich wegen Drogen. Einmal wurde ich auch verhaftet, weil ich einen verdeckten Ermittler angegangen habe. Und wegen Diebstahls.«
    »Sie wurden sechsmal als Minderjährige festgenommen und fünf weitere Male als Erwachsene, ist das richtig?«
    »So genau habe ich das nicht gezählt.«
    »Welche Drogen haben Sie genommen?«
    »Hauptsächlich Crystal Meth. Aber wenn ich etwas anderes bekommen konnte, habe ich es wahrscheinlich auch genommen. So war ich damals drauf.«
    »Haben Sie jemals eine Therapie oder einen Entzug gemacht?«
    »Mehrere Male sogar. Zuerst hat es nicht geholfen, aber irgendwann doch. Ich kam davon los.«
    »Wann war das?«
    »Vor sieben Jahren. Mit dreißig.«
    »Sie sind jetzt sieben Jahre clean?«
    »Ja, vollkommen. Mein Leben hat sich inzwischen von Grund auf geändert.«
    »Ich möchte Ihnen jetzt Beweisstück dreizehn der Anklage zeigen, das Aufnahme- und Evaluationsformular einer privaten Entzugsklinik in Los Angeles, die sich Pines nannte. Können Sie sich an Ihren Aufenthalt dort erinnern?«
    »Ja, dorthin hat mich meine Mutter geschickt, als ich sechzehn war.«
    »War das, als Sie zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt gerieten?«
    »Ja.«
    McPherson verteilte Kopien des Evaluationsformulars an Richterin, Protokollführerin und Verteidigung.
    »Gut, Sarah, wenn Sie sich jetzt bitte dem Abschnitt zuwenden würden, den ich im Evaluationsteil des Aufnahmeformulars gelb markiert habe. Würden Sie ihn bitte den Geschworenen vorlesen?«
    »›Kandidatin macht PTBS infolge der Ermordung ihrer kleinen Schwester vor drei Jahren geltend. Leidet an nicht verarbeiteten Schuldgefühlen in Zusammenhang mit dem Mord und weist außerdem für sexuellen Missbrauch typisches Verhalten auf. Umfassende psychologische und physiologische Evaluation wird empfohlen.‹«
    »Danke, Sarah. Wissen Sie, was PTBS bedeutet?«
    »Posttraumatische Belastungsstörung.«
    »Haben Sie sich im Pines den empfohlenen Untersuchungen unterzogen?«
    »Ja.«
    »Kam dabei der sexuelle Missbrauch durch Ihren Stiefvater ans Licht?«
    »Nein. Weil ich gelogen habe.«
    »Inwiefern?«
    »Ich hatte in der Zwischenzeit auch schon mit anderen Männern Sex gehabt und deshalb nichts von meinem Stiefvater erzählt.«
    »Haben Sie jemals irgendjemandem erzählt, dass Ihr Stiefvater Sex mit Ihnen hatte?«
    »Nur Ihnen und Detective Bosch. Sonst niemandem.«
    »Waren Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    »Mehr als einmal?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben nicht einmal Ihren Ehemännern davon erzählt?«
    »Nein. Das ist etwas, was man niemandem gern erzählt. So etwas behält man für sich.«
    »Danke, Sarah. Ich habe keine weiteren Fragen.«
    McPherson nahm ihren Notizblock und kehrte an ihren Platz zurück, wo Haller ihr beifällig den Arm drückte. Eigentlich war diese Geste für die Geschworenen gedacht, aber deren Blicke waren bereits auf Royce gerichtet. Jetzt war er an der Reihe, und wenn Bosch die Stimmung richtig einschätzte, hatte Sarah Gleason jeden im Saal auf ihrer Seite. Wenn Royce jetzt versuchte, sie im Zeugenstand zu demontieren, konnte das für seinen Mandanten sehr leicht nach hinten losgehen.
    Royce tat das einzig Vernünftige und beschloss, die Gemüter erst einmal über Nacht abkühlen zu lassen. Er stand auf und teilte der Richterin mit, er behalte sich das Recht, Gleason in den Zeugenstand zu rufen, für die Phase des Prozesses vor, in der die Verteidigung den Fall

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