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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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meine belegten Brote. Dann suchte ich Charity.
    Ich fand sie im Kirchenraum, wo sie hoch oben auf der Empore saß. Sie starrte auf den Altar unter ihr hinab und reagierte nicht, als ich die Treppe heraufkam und mich neben sie setzte. Ich blieb eine Minute lang still sitzen.
    „Charity“, wisperte ich. „Ich muss Sie etwas fragen.“
    Eiskalt schweigend blieb sie sitzen. Dann bewegte sich ihr Kinn wenige Millimeter auf und ab.
    „Wie lange?“, flüsterte ich.
    „Wie lange was?“, fragte sie.
    Ich atmete tief ein. „Wie lange ist es her, seit Sie das erste Mal Magie gewirkt haben?“

32. Kapitel
    I ch hätte keine heftigere Reaktion auslösen können, wenn ich sie angeschossen hätte.
    Charitys Gesicht wurde kreidebleich, als sämtliches Blut wie auf einen Schlag daraus entwich. Sie erstarrte im Sitzen und krallte sich an die Lehne der Kirchenbank vor ihr. Ihre Knöchel wurden ganz weiß, und das Holz knarrte unter ihren Fingern. Sie knirschte mit den Zähnen und senkte den Kopf.
    Ich bohrte nicht weiter. Ich wartete.
    Sie öffnete die Augen, und es war nicht schwer, ihr Gesicht zu lesen. Ihre Gedanken und Gefühle spiegelten sich deutlich auf ihren Zügen wider. Panik. Verzweiflung. Selbsthass. Ihre Augen zuckten zwischen diesen Emotionen hin und her. Kurz überlegte sie, das Ganze abzustreiten, erwog, mich anzulügen. Sie dachte daran, aufzustehen und einfach zu gehen.
    „Charity“, wandte ich mich wieder an sie. „Sagen Sie die Wahrheit.“
    Ihr Atem wurde schneller. Ich sah, wie ihre Niedergeschlagenheit wuchs. Ich streckte eine Hand aus und drehte sachte ihr Gesicht, damit sie mich ansehen musste. „Molly braucht sie. Wenn Sie ihr nicht helfen, wird sie sterben.“
    Charity zuckte zusammen und wich vor mir zurück. Ihre Schultern erbebten unter einem wortlosen Schluchzen. Sie rang darum, ihren Atem und ihre Stimme unter Kontrolle zu halten und flüsterte: „Ein ganzes Leben.“
    Ich spürte, wie sich ein Teil der Spannung in mir löste. Ihre Reaktion zeigte mir, dass ich mich auf der richtigen Fährte befand.
    „Woher wissen Sie es?“, fragte sie.
    „Ich habe einfach viele Kleinigkeiten zu einem Gesamtbild zusammengesetzt“, sagte ich. „Bitte, Charity, erzählen Sie.“
    Ihre Stimme war rau, halb erstickt, als trüge sie Worte, die mit etwas Verdorbenem besudelt waren. „Ich hatte Talent. Es zeigte sich kurz vor meinem sechzehnten Geburtstag. Sie wissen, wie unangenehm das sein kann.“
    „Ja“, sagte ich. „Wie ging Ihre Familie damit um?“
    Ihr Mund verzog sich. „Meine Eltern waren reich. Achtbar. Wenn sie die Zeit erübrigen konnten, mich zu bemerken, erwarteten sie von mir, normal zu sein. Vorzeigbar. Sie fanden es leichter anzunehmen, ich sei drogensüchtig. Emotional unausgeglichen.“
    Ich zuckte zusammen. Es gab viele Szenarien, die auf jemanden mit einer erblühenden magischen Begabung warten konnten. Charitys war eines der Schlimmsten.
    „Sie haben mich weggeschickt, auf Schulen“, fuhr sie fort, „und in Kliniken, die als Schulen getarnt waren.“ Sie fuhr mit einer Hand durch die Luft. „Irgendwann bin ich gegangen. Einfach gegangen. Ich habe mich allein durchgeschlagen.“
    „Dann sind Sie auf die falschen Leute getroffen“, sagte ich leise.
    Sie warf mir ein bitteres Lächeln zu. „Sie haben die Geschichte schon einmal gehört.“
    „Sie ist nicht ungewöhnlich“, sagte ich leise. „Wer war es?“
    „Ein … Hexenzirkel. Etwas in der Art, denke ich“, entgegnete sie. „Eher eine Sekte. Ein junger Mann führte sie. Gregor. Er besaß Macht. Er und die anderen, alles junge Leute, mischten Religion, Mystik, Philosophie und … na ja. Sie kennen solche Dinge wahrscheinlich.“
    Ich nickte. In der Tat. Ein charismatischer Führer, ergebene Anhänger, eine Ansammlung Streuner und obdachloser Ausreißer. Das entwickelte sich selten zu etwas Positivem.
    „Ich hatte keine starke Begabung“, sagte sie. „Nicht wie Sie. Aber ich erfuhr einiges von dem, was sich da draußen abspielt. Über den Weißen Rat.“ Erneut umspielte ein bitteres Lächeln ihre Lippen. „Wir hatten eine Heidenangst vor dem Rat. Einmal hatten wir sogar Besuch von einem Wächter. Er hatte Gregor eine Warnung überbracht. Er hatte mit einer Art Beschwörungszauber herumgespielt, und die Wächter hatten Wind davon bekommen. Sie haben jeden von uns befragt. Uns ausgewertet. Uns die Gesetze der Magie erklärt und uns eingebläut, uns daran zu halten, wenn wir am Leben bleiben wollten.“
    Ich nickte

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