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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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leiser, fester Stimme fort: „Du hast sie ermordet.“
    Meine Erinnerung spielte ein paar hässliche Filmchen in meinem Kopf ab. Mir drehte sich schier der Magen um. „Ich habe nichts mit dem Kopflosen zu tun.“
    Ihre kühlen, blauen Augen ruhten weiter auf mir, und sie nickte. „Du hast sie getötet, und das frisst dich von innen her auf.“
    „Das sollte es nicht. Ich habe schon viele Dinge ermordet.“
    „Stimmt“, sagte Murphy. „Aber diesmal waren es keine Feen, Vampire oder Ungeheuer, und sie starben nicht in der Hitze des Gefechtes. Du hast die Entscheidung kaltblütig getroffen.“
    Aus irgendeinem Grund schaffte ich es nicht, den Blick zu heben. Doch ich nickte und murmelte: „Mehr oder weniger.“
    Sie wartete, ob ich noch mehr sagen würde, doch das tat ich nicht. „Harry“, meinte sie. „Du reißt dich deswegen selbst in Stücke. Du solltest mit jemandem darüber reden. Das muss nicht ich sein und nicht hier und jetzt geschehen, aber du musst es tun. Du musst dich nicht schämen, dass es dir nahe geht, dass du jemanden getötet hast. Dafür gibt es nicht den geringsten Anlass.“
    Ich stieß ein kurzes Lachen aus. Irgendwie schmeckte es bitter. „Du bist eigentlich der letzte Mensch auf Erden, von dem ich erwartet hätte, dass er mir sagt, ich solle mich nicht schuldig fühlen, weil ich jemanden umgebracht habe.“
    Sie rutschte unruhig hin und her. „Das überrascht mich selbst“, sagte sie. „Aber verflucht noch mal, erinnerst du dich, wie ich Agent Denton erschossen habe?“
    „Ja.“
    „Ich habe auch einige Zeit gebraucht, um darüber wegzukommen. Ich meine, klar war mir bewusst, dass er vollkommen den Verstand verloren hatte und dass er dich ermordet hätte, wenn ich es nicht getan hätte. Aber ich habe mich …“ Sie starrte ins nächtliche Chicago hinaus. „Schmutzig gefühlt. Ein Leben zu nehmen.“ Sie schluckte. „All die armen Leute, die die Vampire in ihrem Nest unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Das war noch schlimmer.“
    „All diese Leute haben versucht, dich umzulegen. Du musstest es tun. Du hattest keine andere Wahl. Du hast es dir durch den Kopf gehen lassen, und als du abgedrückt hast, warst du dir dessen bewusst.“
    „Denkst du, du hattest eine andere Möglichkeit?“, fragte sie mich.
    Ich zuckte die Achseln und entgegnete: „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.“ Ich schluckte. „Worauf ich hinaus will, ich habe mir nie die Mühe gemacht, es auch nur in Betracht zu ziehen. Ich habe keinen Augenblick gezögert. Ich wollte sie tot sehen.“
    Sie schwieg lange.
    „Was, wenn der Rat recht hat, was mich betrifft?“, fragte ich leise. „Was, wenn ich zu einer Art Monster werde? Einem Scheusal, das mordet, ohne einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden als daran, seinen Willen durchzusetzen? Das sich nicht mehr um die Wahl seiner Mittel schert? Dem Einfluss mehr bedeutet als Gerechtigkeit? Was, wenn dies der erste Schritt ist?“
    „Glaubst du das etwa?“, wollte Murphy wissen.
    „Ich weiß nicht …“
    „Denn wenn du das glaubst, Harry, ist es höchstwahrscheinlich tatsächlich so, und wenn du dich entschließt, dass es nicht so ist, dann ist es das wahrscheinlich nicht.“
    „Die Macht positiver Gedanken?“, warf ich ein.
    „Nein. Freier Wille“, sagte sie. „Du kannst nicht ändern, was geschehen ist. Aber du entscheidest, was du als nächstes tust. Was bedeutet, dass du nur dann auf die dunkle Seite wechselst, wenn du es auch wirklich willst.“
    „Weshalb bist du der Meinung, ich wolle das nicht?“, fragte ich.
    Murphy schnaubte und streckte die Hand aus, um mein Kinn sanft mit ihren Fingern zu berühren. „Weil ich nicht total dämlich bin. Im Gegensatz zu anderen Anwesenden hier in diesem Auto.“
    Ich umfasste ihre Finger mit der Rechten und drückte sie sanft. Ihre Hand war ruhig und warm. „Vorsicht. Das war fast ein Kompliment.“
    „Du bist ein rechtschaffener Mann“, sagte Murphy und senkte die Hand, ohne sie aus meinem Griff zu lösen. „Manchmal siehst du den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber du hast das Herz am rechten Fleck. Deshalb bist du so hart zu dir selbst. Du bist zerschlagen, hungrig, dir tut alles weh, und du hast mit ansehen müssen, wie ein Bösewicht etwas getan hat, das du nicht verhindern konntest. Deine seelische Verfassung ist angeschlagen. Das ist alles.“
    Ihre Worte waren aufrichtig, schnörkellos und direkt. Nicht die geringste Spur von falschem Trost lag in ihre Stimme, nicht das geringste

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