Harry Dresden 09: Weiße Nächte
nachhängen“, seufzte ich.
„Wir sind Bullen“, sagte Murphy. „Natürlich wird sie das.“
Wir teilten ein Lächeln, das kurze Zeit später verschwand. Wir drehten uns zur Straße und hielten eine Zeit lang stumm nach unerwünschter Gesellschaft Ausschau. Autos fuhren vorbei. Die Klänge der Großstadt, Motoren und Hupen, hallten durch die Nacht. Eine Autoalarmanlage einen Block weiter. Dunkle Schatten, die vom Licht der Straßenlaterne nicht berührt wurden. Sirenen in der Ferne. Die sich drehenden Scheinwerferlichter eines Lichtspieltheaters, die durch die Sommernacht schnitten, um Besucher anzulocken.
„Herrjemine“, fluchte ich einige Zeit später. „Marcone.“
„Ja“, sagte Murphy. „Das ändert die Dinge.“
Marcone war in den Fall verstrickt.
Alles war gerade um einiges bedrohlicher geworden.
28. Kapitel
D er neue Velvet Room sah völlig anders aus als der alte Velvet Room.
„Ein Fitnesscenter?“, fragte ich Murphy. „Du machst wohl Witze.“
Murphy stellte ihre Harley direkt neben dem Käfer ab. Es war nur ein Parkplatz frei, aber wir schafften es mehr oder weniger, unsere beiden Fahrzeuge dort unterzubekommen. Es machte mir nichts aus, mir zusätzlich zu der erklecklichen Sammlung an vorhandenen Schrammen noch ein paar weitere Beulen und Kratzer im Blech einzufangen.
„Das ist der letzte Schrei“, sagte Murphy. „Man kann sich fit halten, ordentlich Testosteron aufbauen und es an Ort und Stelle wieder ablassen.“
Ich schüttelte den Kopf. Ein prunkloses Schild im zweiten Stock über einer kleinen Geschäftszeile verkündete: SUPERIOR FITNESS. Dem Schuppen fehlte zwar die riesige, hell erleuchtete Fensterfront, die man sonst immer bei solchen Etablissements vorfand, doch er schien den gesamten zweiten Stock einzunehmen.
„Warte mal eine Minute“, sagte ich. „Ist das nicht das Hotel, in dem Tommy Tomm starb?“
„Mhm“, nickte Murphy. „Das Madison. Ein Konzern ohne jegliche sichtbare Verbindung zu Marcone hat es vor kurzem aufgekauft und renoviert.“
„Du musst zugeben, dass es ursprünglich … etwas überladen war“, meinte ich.
„Es hat ausgesehen wie das Bühnenbild einer Burlesque-Show im Harem eines Opiumfürsten“, stimmte Murphy zu.
„Ja, und jetzt … ist es tatsächlich eins“, grummelte ich.
„Aber es sieht nicht so aus“, meinte Murphy.
„Das nennen die also Fortschritt“, beschwerte ich mich. „Glaubst du, die Typen werden uns Probleme bereiten?“
„Sie werden freundlich sein.“
„Marcone ist die Sorte Mensch, die sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt, bevor dich seine Schläger mit Blei vollpumpen.“
Murphy nickte. Sie rückte ihre Pistolenhalfter zurecht und legte eine Kevlarweste an, ehe wir uns auf den Weg machten. Das weite Herrenhemd knöpfte sie darüber zu. „Wie schon gesagt: höflich.“
„Mal im Ernst“, sagte ich. „Glaubst du, die wollen irgendeinen Streit vom Zaun brechen?“
„Kommt auf das Wespennest an, in dem wir herumzustochern gedenken“, antwortete sie.
Ich atmete langsam aus. „Na gut. Lass es uns herausfinden!“
Wir traten ein. Die Türen öffneten sich ins Foyer, das durch eine Sicherheitstür und eine Klingeltafel von der ehemaligen Hotellobby abgetrennt war. Die Klingeln der untersten Reihe trugen die Namen der Geschäfte des ersten Stocks. Die anderen hingegen trugen überhaupt keine Bezeichnung.
Murphy klappte ihren Notizblock auf, überflog eine Seite und drückte dann einen Knopf in der Mitte der obersten Reihe. Sie presste ihren Finger eine Zeit lang darauf, ehe sie ihn wieder zurückzog.
„Superior Fitness“, sagte die Stimme einer jungen Frau aus der Gegensprechanlage in der Tafel. „Mein Name ist Bonnie. Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ich würde gerne mit dem Geschäftsführer sprechen“, antwortete Murphy.
„Es tut mir sehr leid“, ertönte Bonnies fast schon überkorrekte Antwort. „Die Geschäftsführung ist nur während der üblichen Bürozeiten im Haus. Ich nehme aber gerne eine Nachricht entgegen.“
„Nein“, antwortete Murphy ruhig. „Ich weiß, dass Miss Demeter hier ist. Ich werde jetzt mit ihr sprechen.“
„Es tut mir leid“, erschallte Bonnies gezierte Antwort. „Aber Sie sind kein Mitglied des Klubs und befinden sich hier auf Privatbesitz. Ich muss Sie auffordern, das Gebäude zu verlassen, sonst sehe ich mich gezwungen, umgehend die Gebäudesicherheit zu informieren, dass es Probleme gibt, und die Polizei zu rufen.“
„Das wird sicher
Weitere Kostenlose Bücher