Harry Dresden 09: Weiße Nächte
schwitzenden Hendricks vom Boden hochhievte und sich einen der Arme des großen Mannes über die Schulter warf, um ihn zu stützen. „Können wir?“
Thomas zerrte mich auf die Beine. „Komm. Keine Zeit, auszuruhen.“
„Richtig“, stimmte ich zu. Ich hob die Stimme und rief: „Lara, mach ihnen endlich Beine!“
Wir humpelten an dem Vorhang aus Flammen entlang auf das Portal zu. Es war eine Herkulesaufgabe, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich brauchte eine Weile, ehe ich merkte, dass Justine unter eine meiner Schultern geschlüpft war, um mich etwas zu entlasten, und dass ich mich mitten unter den Sklaven in der Nähe des Weißen Königs vorwärtsschleppte.
Die Vampire bildeten nach wie vor einen wachsamen Halbkreis um uns und waren in ein hektisches Rückzugsgefecht verwickelt. Nur, dass es überhaupt nicht hektisch war. Es war eher ein banges Vorantaumeln, das durch das höllische Lodern, die Schatten und die allseitige Verzweiflung immer unheimlicher wurde. Murphys Kanone knatterte noch einige Male und verstummte dann. Ich vernahm das kräftige Bellen meiner .44er und schielte auf meine Hand hinunter, um sicherzustellen, dass sich die Pistole nicht länger dort befand.
„Lasst sie!“, befahl Lara, und ihre silbrige Stimme umschmeichelte auf äußerst angenehme Weise mein Ohr. „Geht schnell weiter. Bleibt zusammen. Bietet ihnen keine Öffnung.“
Wir schritten voran, und die Vampire wurden zunehmend mutloser und unmenschlicher, je länger sich der Kampf hinzog. Ghule lärmten, schrien und starben. Das hatten sie mit den Raiths gemeinsam. Die kalte, unterirdische Luft der Höhle war einem Tropenhaus gewichen, und es fühlte sich an, als wäre nicht mehr genügend Luft in der Luft. Ich keuchte stark, doch ich schien meine Lunge nicht ein einziges Mal vollzubekommen.
Ich hob einen Fuß und setzte ihn wieder auf den Boden. Halb benommen bemerkte ich, dass Marcone und Hendricks hinter mir her schlurften und meinem Beispiel folgten.
Ich schielte nach links und sah, wie der feurige Geysir geschmolzenen Gesteins langsam versiegte. Es handelte sich auch nicht um einen Zauber, in den ich ständig Energie fließen lassen musste. Aber das war das Schöne an Erdmagie: ihre Eigendynamik. Wenn sie sich erst einmal in Bewegung gesetzt hatte, wurde sie nicht so schnell langsamer. Ich hatte auch etwas Feuermagie einfließen lassen, um den gesamten Stein aus dem umliegenden Erdreich zu zwingen. Es hatte einfach so lange gedauert, bis der Spruch zusammenbrach.
Aber genau das geschah im Augenblick. Der Spruch kollabierte. Fast wie ich.
Der Vorhang senkte sich immer tiefer, wurde dünner und erkaltete, und ich konnte schon sehen, wie sich die Ghule dahinter zu einem neuen Angriff sammelten. Ich bemerkte, dass sie einfach in unsere Gruppe aus verdatterten Sklaven, verletzten Gangstern und erschöpften Magiern schmettern würden, da sich ihnen nichts mehr in den Weg stellen würde.
„Oh Gott“, klagte Justine. Sie hatte es auch entdeckt. „Oh Gott.“
Die Ghule hatten gesehen, wie sich der Vorhang senkte. Nun eilten sie auf ihn zu, an den äußersten Rand der verblassenden Mauer, wobei sie sich offensichtlich nicht das Geringste um das geschmolzene Gestein auf dem Höhlenboden scherten. Eine dichte Reihe dieser Kreaturen lechzte danach, über den Vorhang zu springen und uns das Gesicht vom Kopf zu reißen.
Ein Bolzen aus grüner Energie fuhr in die Reihe. Er durchschlug zwei Ghule, die heulend zu Boden gingen, vollständig und trennte einem dritten den Arm an der Schulter ab. Dann setzte er seinen Weg fort, traf den Weißen Thron und hinterließ in der Rückenlehne ein Loch in der Größe eines Waschkorbes.
Ramirez hatte nur darauf gewartet, dass sie sich so aufstellen würden.
Mit dem Gewicht sorgsam auf einem Bein stand er, die Arme in die Seiten gestemmt, am anderen Ende des Vorhanges aus brennendem Fels auf der Seite der Ghule. Sie fuhren zu ihm herum, doch Ramirez war schon damit beschäftigt, abwechselnd wie ein Revolverheld im Wilden Westen die Hände von den Hüften hochzureißen. Jedes Mal peitschte ein weiterer tödlicher, stiller, grüner Blitz durch die Ghule.
Die, die ihm am nächsten lauerten, versuchten ihm entgegen zu stürmen, doch Ramirez hatte seinen perfekten Rhythmus gefunden und war nicht gewillt, es bei nur einem Loch im Körper zu belassen, wenn er sich nicht sicher sein konnte, dass sie das ausreichend verstümmeln würde. Er schleuderte Bolzen um Bolzen der verzehrenden
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