Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
meinen Mantel und hob meinen Stab auf. „Wie war der Plan noch?“
„Telefon bemannen“, sagte Molly und zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. „Meine Augen offenhalten. Sicherstellen, dass Mouse im selben Raum wie ich bleibt. Alle fünfzehn Minuten nach Kincaid sehen.“
Vor einiger Zeit hätte sie noch geschmollt, wenn sie gezwungen gewesen wäre, einfach nur herumzusitzen, während etwas Aufregendes im Gange war – doch jetzt war sie erwachsen genug, um sich bewusst zu sein, wie gefährlich die Dinge waren, die da draußen lauerten, und um ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Molly war außerordentlich sensibel, was die verschiedenen magischen Energien anbelangte. Das war einer der Gründe, warum sie so ein Händchen für Psychomantie und Neuromantie besaß. Doch es bedeutete auch, dass sie, sobald sich vor ihren Augen Verbrechen oder übernatürliche Ereignisse abspielten, diese in einer schmerzhaften Klarheit miterlebte, die sie oft für zumindest einige Minuten buchstäblich lähmte. Kampfmagie würde nie ihre Stärke sein, und in einer echten Auseinandersetzung konnte sie sich für ihre Verbündeten als eine tödliche Bürde erweisen.
Aber zumindest wusste Molly das. Es gefiel ihr nicht besonders, doch sie hielt gewissenhaft die Augen offen, um andere Wege zu finden, wie sie uns helfen konnte, für die gerechte Sache zu streiten. Ich war stolz auf sie.
„Vergiss deine Hausaufgaben nicht“, sagte ich.
Sie runzelte die Stirn. „Ich verstehe immer noch nicht, warum du so viel über unseren Familienstammbaum wissen willst.“
„Tu mir den Gefallen, Grashüpfer. Wenn du fertig bist, kaufe ich dir ein Eis.“
Sie sah aus dem Fenster in die verschneite Welt vor dem Haus. „Gut.“ Ihr Blick wanderte zu mir zurück, und sie bedachte mich mit einem besorgten Lächeln. „Sei vorsichtig.“
„He, es waren fast zwanzig von diesen Versagern im Shedd Aquarium. Jetzt sind es nur noch sechs.“
„Die sechs klügsten, stärksten und ältesten“, sagte Molly. „Die, auf die es ankommt.“
„Vielen Dank für deinen überbordenden Optimismus“, schnaubte ich und drehte mich zum Gehen um. „Schließ hinter mir ab.“
Molly biss sich auf die Lippe. „Harry?“
Ich blieb stehen.
Ihre Stimme klang sehr kleinlaut. „Pass auf meinen Vater auf. Ja?“
Ich wandte mich zu ihr um und sah ihr in die Augen. Ich hob die Hand zum Pfadfinderschwur und nickte.
Sie blinzelte einige Male und grinste schwach. „Danke.“
„Verriegle die Tür“, ermahnte ich sie erneut und stapfte in den Schnee hinaus. Das Schloss hinter mir klickte, und Molly sah mir nach, als ich mir einen Weg durch den Schnee zur Straße hinunter bahnte. Thomas’ Militärgeländewagen kam mit knirschenden Reifen und grollendem Motor durch die Kälte gepflügt, und ich stieg ein.
„Also gut“, hob er an und fuhr wieder auf die Straße hinaus. „Wie sieht der Plan aus?“
Ich brachte ihn auf Stand.
„Das ist ein mieser Plan“, sagte er.
„Hatte keine Zeit für einen besseren.“
Er grunzte. „Das ist keine besonders gute Zeit, um über den Lake Michigan zu schippern, Harry.“
„Nach einem nuklearen Holocaust bessert sich die Lage für Segelfreunde bestimmt auch nicht.“
Thomas runzelte die Stirn. „Du prahlst hier nicht nur rum, stimmt’s? Du meinst es ernst.“
„Es wäre der schlimmstmögliche Fall“, sagte ich. „Aber Nikodemus könnte es tun, und so muss ich nun einmal davon ausgehen, dass seine Absichten ungefähr in dieser Kategorie liegen. Die Denarier wollen die Zivilisation zum Erliegen bringen, und wenn sie das Archiv unter ihre Kontrolle bringen, wird ihnen das auch möglich sein. Vielleicht benutzen sie auch biologische oder chemische Kampfstoffe. Vielleicht bringen sie die Weltwirtschaft zum Zusammenbruch. Oder möglicherweise verwandeln sie auch jede einzelne Fernsehsendung in eine dieser Realityshows.“
„Das haben wir schon weitgehend, Harry.“
„Oh. Nun. Aus irgendeinem Grund bin ich trotzdem der Meinung, die Welt ist es wert, gerettet zu werden.“ Wir wechselten ein gezwungenes Grinsen. „Egal was sie vorhaben, allein das Potential für echt miese Dinge ist einfach viel zu groß, als dass ich es ignorieren könnte, und wir brauchen jede Hilfe, die wir nur irgendwie bekommen können.“
„Selbst von einem dieser teuflischen Unholde des Weißen Hofes?“, fragte Thomas.
„Genau.“
„Gut. Es hängt mir auch langsam zum Hals heraus, mich vor Luccio zu verstecken. Ich kann dir nur
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