Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
bewerkstelligt habt.“
„Berufsgeheimnis“, sagte ich. „Du weißt, was das Geschenk dieser Brosche beinhaltet?“
„In der Tat“, sagte er. „Ihr wurdet zum Junker des Sommerhofes geschlagen, und Euch wurde eine Gunst gewährt, doch …“ Er schüttelte den Kopf. „Ihr mögt etwas Großes als Gunst erbitten, doch nichts derartig Weitreichendes. Ihr könnt mich nicht bitten, mich Euch in einem Wettstreit der Höfe zu ergeben.“
„Werde ich auch nicht“, sagte ich. „Aber um eins klarzustellen. Sobald wir beide diese Insel verlassen haben, ist der Fall erledigt?“
„Ja, sobald Ihr sicher und wohlbehalten nach Chicago zurückgekehrt seid, wird dem so sein.“
„Dann erbitte ich vom Sommer, seinen Eid einzuhalten und die Schuld zu begleichen, die entstand, als ich im Namen des Sommers das Herz des Winters angriff.“
Die Ohren des Geißleins stellten sich auf, und es blickte mir direkt ins Gesicht. „Ja?“
„Ich verlange von dir“, sagte ich, „dass du mir einen Donut besorgst. Einen waschechten Donut aus Chicago. Keinen magisch herbeigezauberten Feendonut. Einen realen. Frisch gebacken.“
Die Zähne Bruder Geißleins blinkten auf, als er mich anlächelte.
„Natürlich“, fuhr ich fort, „steht es dir frei, mir diese Gunst zu verwehren, die ich mit Blut und Feuer erstritten habe, um mich stattdessen zu töten. Doch damit könnte der Sommer die Schuld mir gegenüber nie begleichen. Aber ich glaube, das würde dem Ansehen und der Ehre des Sommers einen Bärendienst erweisen. Nicht?“
„In der Tat“, pflichtete das Geißlein mir bei. „In der Tat.“ Es neigte sein Haupt in meine Richtung. „Wünschet Ihr Marmelade im Inneren Eures Donuts?“
„Mitnichten, aber wenn’s beliebt, mit Streuseln drauf“, antwortete ich feierlich, „und einer Glasur in strahlendem Weiß!“
„Es wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, dieses Gebäck zu erlangen“, meinte der Geißleinbruder ernst.
Ich verneigte mich vor ihm. „Ich vertraue auf die Ehre der Kämpen des Sommers, dass es mich zur rechten Zeit erreicht.“
Er neigte sein Haupt. „Wisse Folgendes, junger Magier. Weitere Hilfe kann ich Euch nicht angedeihen lassen.“
„Du biegst die Regeln ohnehin schon genug“, erwiderte ich trocken. „Vertrau mir, ich habe Erfahrung darin.“
Die goldenen Augen des Geißleins blitzten. Dann hob es seinen Stab und pochte sanft auf die Dielen. Erneut waberte grünlich goldenes Licht auf, ein leises Donnergrollen erschallte – und dann war es verschwunden.
Ebenso wie die Eichenlaubbrosche. Sie war einfach verschwunden, ohne dass ich auch nur das Geringste gespürt hatte. Das muss man den Feen lassen, sie legten einen Verschwindibus hin wie sonst niemand im auf der Welt.
Vielleicht hätte ich Nachhilfe nehmen sollen. Das hätte mir geholfen, aus dieser Notlage lebendig zu verduften.
Vorsichtig bahnte ich mir meinen Rückweg über die knarrenden Balken zum Leichnam des jungen Mannes. Im Tod sah er gelöst, fast friedlich aus. Mich beschlich der Verdacht, dass, was Bruder Geißlein auch immer mit ihm angestellt hatte, schmerzlos vonstatten gegangen war. Das würde zu der alten Fee passen. Ich streckte die behandschuhte Hand aus und griff nach der Hundemarke, die Magogs schwarzen Denarius enthielt. Ich zog fest, riss sie vom Halsband und schob sie in meine Tasche, wobei ich peinlich darauf achtete, dass sie meine Haut nicht berührte. Langsam wurde ich recht abgebrüht, was die Handhabung dieser verfluchten Münzen anbelangte, doch es war einfach zu anstrengend, wieder und wieder in Todesangst auszubrechen, vor allem, wenn man die derzeitigen Umstände mit in Betracht zog. Die Gefahr, meine unsterbliche Seele noch einmal einer teuflischen Präsenz auszusetzen, verblasste angesichts der Schrecken, die immer noch in der Nacht außerhalb des baufälligen Gebäudes lauerten.
Wo wir gerade dabei waren … Ich atmete tief durch und schlich erneut auf die Straße hinaus. Weiter oben auf dem Hügel stieg immer noch Gebrüll zum Nachthimmel empor. Ich konnte das Geräusch eines Bootsmotors ausmachen, das von der anderen Seite der Insel herüber grollte. Sie mussten noch weitere Schiffe das Ufer entlang vertäut haben.
Nun ja, ich wusste, wo eines lag, und das war ganz in der Nähe. Ich schlüpfte aus der alten Konservenfabrik und eilte die Straße so schnell und leise wie möglich hinunter.
Unter den grob gemeißelten Steinstufen schaukelte das Boot an den Stumpf einer alten Holzsäule gebunden
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