Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
auf mich zu stürzen, aber nicht davon, seine Maschinenpistole hochzureißen und das Feuer zu eröffnen.
Die Knarre klang wie das Reißen schweren Stoffs, nur tausendmal lauter. Die Scheibe zersprang, und Glas stob durch die Luft. Einige Kugeln trafen funkenstiebend die Sicherheitstür. Die meisten prallten einfach ab, doch einige sirrten wütend als Querschläger durch die Eingangshalle. Der Rest jedoch surrte in meine Richtung.
Ich hatte im Laufen die linke Hand in Richtung des Geißleins ausgestreckt und konzentrierte meinen Willen auf das Armband an meinem Handgelenk. Die Kette des Armbandes bestand aus Gliedern aus geflochtenen Metallbändern, und mehrere Talk-Shows in Form mittelalterlicher Schilde baumelten davon herab. Die Macht meines Willens strömte in das Armband und erweckte die Zauber zum Leben, die ich in den Gegenstand eingewoben hatte. Mein Wille verfestigte sich zu einer gekrümmten Kuppel aus kaum sichtbarer blauer Energie zwischen mir und dem Geißlein, die Kugeln prallten dagegen und zerbarsten in kleinen Lichtexplosionen, die über die Oberfläche des Schildes spielten wie kleine Wellen auf einem ruhigen Teich.
Alle drei Aufzugtüren standen offen, und ich huschte in den nächstgelegenen, drückte eilig die Knöpfe jedes Stockwerks bis zum obersten Geschoss des Gebäudes. Dann sprang ich aus dem Lift und wiederholte die Prozedur im nächsten, hastete auch aus diesem, warf mich in den dritten und wollte direkt nach ganz oben fahren. Es war sinnlos, den Geißlein bei ihrer Jagd zu helfen, und selbst einige Augenblicke, die ich sie aufhielt, mochten mir die Zeit erkaufen, die ich benötigte.
Die Türen des Aufzuges schlossen sich – surrten und sprangen erneut auf.
„Jetzt mach doch!“, keifte ich und hämmerte so hart auf den Knopf ein, der die Türen schloss, dass mir der Daumen schmerzte.
Ich brummte und beäugte die Aufzugstür misstrauisch, als sie sich erneut schloss und schon wieder öffnete. Eine kaum noch funktionierende Glocke gab ein armseliges „Ding!“ von sich. Wie ein Irrer stocherte ich auf dem Knopf herum, als mir die Geißlein eindrucksvoll aufzeigten, was sie von sterblichen Sicherheitsmaßnahmen hielten.
Klar, allein die Berührung von Metall war Feen ein Graus. Klar konnten sie nicht einfach durch eine Metalltür brechen oder eine Stahltür einreißen.
Backsteinwände dagegen verursachten ihnen weniger Kopfzerbrechen.
Ein donnernder Laut dröhnte durch den Raum, und die Mauer neben der Tür zerbarst in einer Explosion. Ich meine jetzt nicht, dass sie nur einstürzte. Sie explodierte wortwörtlich, als sich ein unmenschlich starkes Wesen mit voller Wucht mit Anlauf gegen die Mauer warf und sie zu Kleinholz verwandelte. Ziegelsplitter rasten wie Schrapnell durch die Luft. Einige Trümmer sirrten auch in den Aufzug und prallten wie wild von den Wänden ab. Eine Wolke Ziegelstaub waberte durch die Eingangshalle.
Das Geißlein, das gerade den großen, bösen Wolf gegeben hatte, schob sich wie ein Eisbrecher durch die Wolke, krumme Bockshörner voran. Es wankte für einen Schritt oder zwei, dann schüttelte es den Kopf, fasste mich ins Auge und stieß ein weiteres meckerndes Heulen aus.
„Ach!“, brüllte ich den Aufzug an und schlug auf den Knopf. „Geh zu, geh zu, geh zu!“
Das tat er auch. Die Kabine setzte sich genau in dem Augenblick nach oben in Bewegung, als das betäubte Geißlein seine Waffen hochriss und losballerte. Kugeln fetzten durch das verhältnismäßig dünne Blech der Aufzugstür, doch mein Schild war bereit, und keine fand ihr Ziel – das in schallendes, adrenalintrunkenes Gelächter ausbrach, als der Lift nach oben fuhr.
Was so behauptet wird, stimmt wirklich: Es gibt kein erhebenderes Gefühl, als beschossen und verfehlt zu werden. Wenn der Schütze auch noch ein Feenprofikiller ist, ist die Erfahrung noch um einiges süßer.
Vierzehn Etagen später trat ich in einen finsteren Gang hinaus und entdeckte mit der Hilfe meines schimmernden Amuletts die Tür zum Dach. Es war eine massive Tür mit schwerem Riegel, und es bestand nicht die geringste Chance, dass ich sie mit dem Stemmeisen aufbekommen würde.
Ich trat einen Schritt zurück, riss meinen Stab hoch und konzentrierte meinen Willen auf die Tür. Vor einiger Zeit noch hätte ich voller Inbrunst losgelegt und die Tür mit meinem Willen einfach aus den Angeln gerissen, was mir aber in magischer Hinsicht ziemlich die Puste geraubt hätte. Stattdessen zielte ich mit meinem Stab auf das
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