Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
Thomas zu. Er hob die Hände, den Autoschlüssel zwischen den Fingern, und deutete auf den Hummer. Das Auto klackte und zirpte, als sich die Türen verriegelten. Er schritt um den Wagen, den Schwertgürtel über der Schulter, während ich mich abplagte, einen Pfad zur Veranda hinauf in den Schnee zu trampeln. Ich stampfte so viel des weißen Pulvers von meinem Unterkörper, wie ich nur konnte, was mir auch die Möglichkeit verschaffte, mein Schildarmband in eine günstige Position zu bewegen. Ich wollte nicht durch eine dunkle Türöffnung treten und dem Schützen dahinter einen Pappkameraden eines Schießplatzes präsentieren, ohne Vorkehrungen getroffen zu haben. Als ich eintrat, hielt ich meinen geräuschlosen, unsichtbaren Schild vor mir.
„Stehenbleiben“, knurrte die Männerstimme. „Runter mit dem Stab. Zeigen Sie mir die Hände.“
Ich lehnte meinen Stab an die Wand und tat es. Ich hätte diese Einsilbigkeit überall erkannt. „Hi, Hendricks.“
Ein stämmiger Mann erschien aus dem Zwielicht des Nachbarraums. In seinen Händen sah das Polizei-Antiterrorgewehr fast wie ein Kinderspielzeug aus. Er war wie ein Stier gebaut, und man konnte ohne schlechtes Gewissen die Adjektive „massiv“und „stahlhart“für jeden Teil seiner Anatomie anwenden, besonders aber seinen Schädel. Er kam nahe genug heran, dass ich sein kurz geschorenes, rotes Haar erkennen konnte. „Dresden. Gehen Sie zur Seite.“
Ich tat auch das, und nun nahm die Schrotflinte Thomas ins Visier. „Du, Vampir. Runter mit dem Säbel. Finger hinter dem Kopf verschränken.“
Thomas rollte mit den Augen und gehorchte. „Wie kommt es, dass er die Hände nicht hinter den Kopf halten muss?“
„Würde bei ihm keinen Unterschied machen“, erwiderte Hendricks. Engstehende Schweinsäuglein fuhren wie ein Geschützturm zu mir herum. „Was wollen Sie?“
Ich war mir nicht sicher, ob ich je einen vollständigen Satz aus Hendricks’ Mund gehört hatte, noch viel weniger aneinander gereihte Sätze. Das machte mir Sorgen, wie wenn Mister plötzlich gelernt hätte, seine Futterdosen selbst zu öffnen. Ich brauchte einige Zeit, um über diese mentale Hürde zu springen. „Äh“, sagte ich diplomatisch. „Ich will eigentlich …“
Es wurde mir klar, wie verdammt lahm sich das anhören würde. Ich biss die Zähne zusammen und murmelte: „Ich will Ihrem Boss helfen.“
An der Wand erschallte ein Knacken, und eine Sprechanlage erwachte zum Leben. Eine Frauenstimme sagte: „Schicken Sie den Magier hoch.“
Hendricks knurrte. „Sind Sie sicher?“
„Tun Sie es. Der Vampir bleibt unten.“
Hendricks grunzte und neigte den Kopf nach rechts. „Da durch und die Treppe rauf. Beeilung.“
„Harry“, warf Thomas flüsternd ein.
Hendricks hob die Schrotflinte erneut, um Thomas in Schach zu halten. „Du nicht, Adonis. Du bleibst hier. Oder ihr verschwindet beide.“
„Ist schon gut“, versicherte ich meinem Bruder ruhig. „Ich fühle mich sicherer, wenn jemand, dem ich traue, die Tür im Auge behält. Nur für den Fall, dass noch jemand auftaucht.“ Ich blickte bedeutungsvoll in die Richtung der Wälder, in denen Thomas jemanden lauern gesehen hatte.
Er schüttelte den Kopf. „Wie du meinst.“ Dann lehnte er sich entspannt und lässig mit dem Rücken an die Wand, die Hände hinter dem Kopf, als hätte er immer schon beabsichtigt, sie als bequemes Polster zu verwenden.
Ich schob mich an Hendricks vorbei. Ohne langsamer zu werden oder mich umzusehen sagte ich: „Vorsicht mit der Knarre. Wenn er zu Schaden kommt, wäre das verdammt schlecht für Sie.“
Hendricks ignorierte mich. Mich beschlich das Gefühl, das darin seine größte Stärke in punkto eitler Konversation lag.
Ich stieg die Treppe empor, wobei mir einige Einzelheiten ins Auge stachen. Erstens war der Teppich noch billiger als meiner, was mich aus einem unbestimmten Grund mit Zuversicht erfüllte.
Zweitens war er mit Blutflecken bedeckt. Mit vielen Blutflecken.
Oben an der Treppe angekommen stieß ich auf weitere Blutspritzer, darunter ein langer Schmierer an der Wand. Ich folgte ihnen bis zu einem von drei Schlafzimmern im Obergeschoß des Hauses, hielt inne und klopfte.
„Kommen Sie herein, Dresden“, befahl eine Frauenstimme.
Ich trat ein.
Miss Gard lag im Bett. Es stand am Fenster, damit sie hinausblicken konnte. Sie hatte ein schweres Sturmgewehr eines mir unbekannten Fabrikats neben sich. Der Stiel einer doppelköpfigen Streitaxt lehnte in Griffweite am
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